Hummeln brüten, zetteln Revolutionen an und gründen jedes Jahr einen neuen Staat. Das Hummeljahr im Überblick.
Wenn Anfang März die Temperaturen über den Gefrierpunkt steigen, wachen die Hummelköniginnen auf und suchen Futter. Der Blütennektar versorgt sie mit Energie, der Blütenstaub sorgt für die Entwicklung der Eierstöcke. Sind diese fertig ausgebildet, sucht die Hummel einen Nistplatz. Eine suchende Königin ist einfach zu erkennen: Im Zickzackkurs fliegt sie dicht über dem Boden, untersucht jedes Erdloch und interessiert sich nicht für Blüten.
Ein Nest aus Moos und Mäusehaar …
Hat die Königin ein passendes Domizil gefunden, beginnt sie mit dem Nestbau. Sofern ihr gewählter Nistplatz frei ist. Wenn nicht, werden Konkurrentinnen oder bisherige Bewohner vertrieben. Mit ihrem lauten, sonoren Brummen schlagen Hummeln oft sogar Mäuse in die Flucht. Im Nest muss sich bereits geeignetes Material befinden, aus dem die Hummel ihre Nestkugel fertigen kann. Das können Moos, Pflanzenfasern, Mäusehaare oder bei künstlichen Nisthöhlen auch Polsterwolle sein (auf keinen Fall Watte; die Hummeln erdrosseln sich in den dünnen Fäden!). Die Kugel wird mit Hummelwachs abgedichtet und so verwoben, dass sie gegen kalte Nächte schützt.
Die Königin sammelt ausgiebig Vorräte und lagert diese dann in eigens angefertigten Wachstöpfchen. Anschließend legt sie maximal ein Dutzend Eier und hüllt diese mit Wachs ein. Anders als Bienen formt die Hummel keine Waben. Ihr Gelege ist ein unförmiger Klumpen, der nach und nach erweitert und vergrößert wird.
Hummeln brüten ihre Eier aus
Nun macht die Hummel etwas, das man sonst nur von Vögeln kennt: sie brütet ihre Eier aus. Hummeln können ihre Flügel von der Flugmuskulatur abkoppeln und „im Leerlauf“ vibrieren. Dieses Zittern der Flugmuskulatur verbraucht viel Energie, erzeugt aber zugleich genügend Abwärme, um die Muskulatur auf eine Betriebstemperatur von über dreißig Grad aufzuheizen. Gerade an kühlen Tagen lässt sich die Hummel so warmlaufen, bevor sie abhebt. Obwohl wechselwarm wie alle Insekten, hat sie gelernt, mit dieser Vibrationstechnik selbst Wärme zu erzeugen. Diese Wärme nutzt die Hummel auch, um im Frühjahr ihre Eier auszubrüten. Über den Hinterleib gibt sie Körperwärme ab und wärmt die Brut auf über dreißig Grad, auch wenn die Außentemperatur auf den Gefrierpunkt absinkt. Diese Leistung ist unter Insekten einzigartig.
Im Idealfall schlüpfen nach wenigen Tagen kleine Larven, die von der Königin gefüttert werden. Da sie diese Arbeit alleine bewältigen muss, sind erstgeschlüpfte Hummeln aufgrund des geringeren Nahrungsangebots deutlich kleiner als nachfolgende Generationen oder gar die Königin selbst.
Pubertieren die Arbeiterinnen, kommt es zur Revolution im Hummelstaat
Nach etwa einer Woche beginnen die Larven, sich zu verpuppen. Bis nach drei Wochen die fertigen Hummeln schlüpfen, machen sie eine vollständige Metamorphose durch. Die geschlüpften Hummeln sind Arbeiterinnen. Durch Pheromonabgaben der Königin bleiben ihre Eierstöcke unterentwickelt, und sie sind nicht fortpflanzungsfähig.
Sind genügend Arbeiterinnen geschlüpft, bleibt die Königin im Nest und beschränkt sich auf das Eier legen. Die Fütterung und Brutpflege wird nun von den Arbeiterinnen übernommen, der Hummelstaat wächst kontinuierlich. Wenn die Population im Sommer ihren Höhepunkt erreicht, legt die Königin unbefruchtete Eier, aus denen sich Drohnen entwickeln. Kurz nach ihnen schlüpfen die Jungköniginnen, die im Gegensatz zu den Arbeiterinnen über entwickelte Eierstöcke verfügen.
Etwa zu dieser Zeit kippt die Stimmung in vielen Hummelnestern. Die Pheromonproduktion der Königin lässt nach, die Arbeiterinnen entdecken ihren Geschlechtstrieb und werden rebellisch. Mitunter wird die Königin rabiat aus dem Nest vertrieben. Die Arbeiterinnen legen dann eigene Eier und fressen fremde. Das kann, muss aber nicht zwangsläufig geschehen.
Die kleineren und oft auffällig gefärbten Drohnen begatten nun die Jungköniginnen. Danach neigt sich das Hummeljahr dem Ende zu. Das Hummelvolk stirbt, übrig bleiben nur die befruchteten Jungköniginnen. Diese suchen sich einen Überwinterungsplatz und graben sich bis zu zwanzig Zentimeter tief im Boden ein. Im Zustand der Winterstarre verschlafen die Jungköniginnen die kalte Jahreszeit. Nur ein Bruchteil von ihnen gründet im Frühjahr einen neuen Staat, sofern sie trotz schwindender Lebensräume einen geeigneten Platz für ihr Nest findet. Um der Hummel zu helfen und einen wichtigen Bestäuber für Obst- und Gemüsepflanzen nachhaltig zu unterstützen, können Gartenbesitzer einiges zum Schutz der Hummel tun.