Schwarzer Holunder: Wunderheiler, Schutzbaum, Hüter der Unterwelt

Warum der Schwarze Holunder Ohren bekommt, was es mit der Herrgotts­apo­theke auf sich hat und wie man dem Strauch seine Er­kältung aufschwatzt.

Der Schwarze Holunder galt jahrhundertelang als eine der vielseitigsten Heilpflanzen über­haupt. Egal ob Blatt oder Blüte, Borke oder Beere – jeder Teil des Baums wurde zur Hei­lung ir­gend­ei­ner Krank­heit herangezogen. Ma­genverstim­mungen und Husten heilte der Ho­lun­der ebenso zuverlässig wie Nieren­ent­zün­dung und Ischias.

Ein Holunderbusch konnte mit Krankheiten besprochen werden

Der Holunderbusch schützt die Scheune vor Blitzschlag und erspart den Gang zur Apotheke.

Die vielfältigen Heilmittel, die der Holunder kos­tenlos zur Verfügung stellte, brachten ihm den Beinamen „Herrgottsapotheke“ ein. Be­son­ders Bergbauern griffen gerne auf die Na­tur­apotheke zurück, denn ihre Höfe waren ab­ge­le­gen und der Arzt weit weg. Um Krankheiten fernzuhalten und Mensch und Vieh vor Leid zu be­wahren, wurde der Schwarze Holunder gerne neben Scheunen gepflanzt, wo er gleich­zeitig vor Blitzschlag und Feuer schützte.

Vermochten weder Holdunderwurzeltrunk noch Blütensirup einen Kranken zu heilen, so half vielleicht der Baum selbst. Im Verständnis der Sympathiemedizin konnten Krank­hei­ten an den Holunder übergeben werden. Dazu brachte man ihm zum Beispiel den Aus­wurf eines Hustenden und bat den Strauch ehrerbietig, die Krankheit zu über­neh­men. Man „besprach“ ihn mit Katarrh, Augenleiden oder Warzen.

 

Frau Holles weiße Wolken. Vor alten Holunderbäumen zog man früher den Hut.

Seine große Heilkraft brachte dem Holunder den Respekt der Bevölkerung. „Vor die­sem Strauch soll man den Hut ziehen“, hieß es früher im Volksmund, und manch ei­ner grüßte Holunderbüsche im Vorübergehen tatsächlich so. Die heilige Hildegard von Bin­gen allerdings hielt nicht viel vom Holunder und vermerkte, dass er als Heilmittel wenig tauge.

 

Frau Holle und der Verräter Judas stehen für den Holunder Pate

Schwarzer Holunder
Weiße Wolken – schwarzes Pech. Der Holunder wird mit Frau Holle in Verbindung gebracht. Die schwarzen Beeren ernähren 62 Vogelarten.

Zahlreiche Mythen ranken sich um den Schwarzen Holunder. In ihm soll die germa­ni­sche Göttin Holle (vermutlich ein Beiname von Odins Gemahlin Frigg) gewohnt ha­ben, worauf auch der umgangssprachliche Name „Hollerbusch“ hindeutet. Später wur­de aus ihr Frau Holle, die Wolkenfrau, die im grimmschen Märchen Gold und Pech ver­schüt­tet – die Blüten des Schwarzen Holunders lassen sich mit etwas Fantasie als Wolken interpretieren, die Beeren als Pech.

Auch sonst liegen Glück und Pech im Holunder dicht beieinander: Manchen galt er als Unglücksbaum, denn an einem Holunder soll sich Judas nach seinem Verrat erhängt haben. Die Speisepilze, die am liebsten auf alten Holunderbäumen wachsen und Ähn­lich­keit mit einem menschlichen Ohr aufweisen, heißen nicht ohne Grund „Judasohr“.

In der Bibel ist der Holunder zudem sowohl mit der Geburt als auch mit dem Tod Christi assoziiert: Die Krippe, in die Maria ihn legte, soll ebenso aus Holunderholz gewesen sein, wie das Kreuz, an das die Römer ihn nagelten.

... Hainbuche.

... Schwarzer Holunder.

... Haselbusch.

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Der Schwarze Holunder bewacht die Grenze zur Unterwelt und bindet böse Geister

Wie der Buchsbaum gilt auch der Schwarze Holunder als Schwellenbaum. Er bewacht die Grenze zur Unterwelt und schützt die Wesen der Mittelwelt (Erdoberfläche) vor Über­griffen der Wesen, die im Dunkel der Erde hausen. Der Holunder führte dunkle Erdwesen, die ihrem Reich entflohen waren oder den Weg dorthin nicht wiederfanden, wieder zurück. Besonders nachts sollte um einen Holunderstrauch ein ständiges Kom­men und Gehen herrschen. Man vermied es daher, unter einem Holunderbusch zu schla­fen, obwohl man dort vor Schlangenbissen und Mückenstichen sicher war.

Holunder bindet die bösen Geister. Das Holz darf daher nicht verbrannt werden, sonst werden die Geister befreit.

Man sagte dem Holunder auch nach, dass er dort, wo er wuchs, alle bösen Kräfte, Mächte und Wesen an sich ziehe, sie binde und dadurch die nahen Bewohner schütze. Aus dieser Überzeugung heraus galt lange die Regel, dass ein Holunderstrauch nie­mals böswillig umgehauen und sein Holz nicht verbrannt werden durfte. Geschah dies, wurden die gebundenen Erdwesen freigesetzt und gingen auf den Übeltäter über. Ge­schnit­te­nes Holunderholz sollte eingegraben und mitsamt der dunklen Kräfte der Dunkel­heit der Erde übergeben werden.

Verbrannt wurden Holz, Rinde und Blätter des Schwarzen Holunders im Rahmen ze­re­monieller Räucherungen. Das sollte die bewusste Kontaktaufnahme mit der Schat­ten­welt ermöglichen. In einigen Gemeinden war der Schwarze Holunder auch Be­stand­teil je­ner Pflanzenbündel, die bei der Kräuterweihe an Mariä Himmelfahrt geseg­net wur­den. Obwohl der Holunder viel von seiner Bedeutung verloren hat, so ist er doch immer noch eine wichtige Zeigerpflanze des phänologischen Kalenders.

Wer sich seine eigene „Herrgottsapotheke“ anpflanzen möchte, braucht ein wenig Glück, denn der Holunder gilt als eigensinnig: Der Busch ist pflegeleicht, winterhart und stellt wenig Ansprüche an Boden oder Standort – theoretisch. Praktisch sucht er sich seinen Standort gerne selbst, wächst dann „wie Unkraut“ und vermehrt sich gut über neue Schösslinge, während er am gewünschten Platz partout nicht wachsen will.

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