Amaranth: kleines Korn mit großem Nährwert

Heidnische Blutrituale und christliche Verbote: die Geschichte des Amaranths liest sich wie ein Krimi. Das nahrhafte Korn wird auch in Deutschland angebaut.

Roter Amaranth in der Blüte.

„Warum nur bringen diese schmutzigen Indi­ane­rin­nen noch immer gesunde und robuste Kin­der zur Welt, wenn wir sie doch auf den Bauch und den Kopf schlagen?“, soll Andrés Hurtado de Mendoza im Jahr 1560 seine Be­ra­ter gefragt haben. Den spanischen Vize­könig erboste, dass die Inkas und Azteken trotz aller Repres­sa­lien immer wieder Kraft zum Wider­stand fanden.

Die Antwort lieferten ihm seine Priester: „Sie essen eine gewisse Frucht, die nicht größer als ein Stecknadelkopf ist und sie wider­spens­tig macht.“ Sie berichteten außer­dem, das sagen­um­wobene Korn, heute als „Amaranth“ bekannt, sei Teil religiöser Zeremonien, diene als Opfergabe und werde als göttlich verehrt.

 

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Das Verbot des Amaranthanbaus forderte Millionen Tote

Aus einer Mischung gemahlener Amaranth-Samen und Blut kneteten die Azteken eine Paste, aus der die ranghöchsten Priester ein Bildnis des Huitzlilpochtli, des Sohnes der Erdgöttin, formten. In traditionellen Prozessionen wurde dieses Gebilde zu den Py­ra­miden gebracht, in Stücke gebrochen und dem Volk als Fleisch und Blut der Gott­heit dargeboten.

Roter Amaranth.

Die spanischen Eroberer sahen darin eine Verspottung des Abendmahls und des christlichen Glaubens. Um die Bevölkerung zu demoralisieren und sie besser zum Christentum zwangsbekehren zu können, ließ Mendoza bestehende Amaranth-Felder verwüsten und verbot den Anbau unter Androhung der Todesstrafe. Stattdessen sollten die Indios europäische Getreidesorten anpflanzen.

Die Folgen waren fatal. Rund zwei Drittel der Ureinwohner, geschätzte elf Millionen Men­schen, starben an Fehl- und Mangelernährung. Das Korn selbst überlebte. Im Ver­bor­ge­nen und in bescheidenem Maßstab wurde es von einigen Indio­gemeinschaften weiterhin angebaut. Außerhalb dieser kleinen Gemeinschaften ging das Wissen um den Nutzwert der Pflanze verloren.

Amaranthkörner stecken voll hochwertiger Mineralstoffe und Aminosäuren

Die kleinen Körner des Amaranth stecken voller Vitamine und Nährstoffe.

Vierhundert Jahre lang blieb der Amaranth weitgehend unbeachtet. Erst in den sieb­zi­ger Jahren entdeckte der peruanische Universitätsprofessor und Biologe Luis Sumar Kalnikowski das Urkorn wieder und förderte seinen Anbau im Andenstaat. Er­näh­rungs­biologen und Forscher begannen, sich für den Amaranth zu interessieren. Sie un­ter­such­ten die winzigen Körner und kamen zu erstaunlichen Ergebnissen.

Im Ver­gleich zu europäischen Getreidesorten zeichnet sich Amaranth nicht nur durch einen höheren Proteingehalt aus, sondern auch durch die hervorragende Proteinqualität. Durch den hohen Gehalt an essentiellen Aminosäuren ist er ein wichtiger Eiweißlieferant.

Die auffälligen Blütenstände des roten Amaranth sind auch für die Blumenvase beliebt.

Auch beim Mineralstoffgehalt nimmt Amaranth eine Spitzenstellung ein. Calcium und Zink sind in großer Menge enthalten, Eisen-, Magnesium- und Lysingehalt rund dreimal so hoch wie etwa beim Weizen. Besonders Sportlern ist Lysin ein Begriff. Es ist ein Baustein des Canitins, welches den Energiehaushalt, die körperliche Ausdauer und die sportliche Leistungsfähigkeit verbessert. Lysin ist unentbehrlich für die Fettverbrennung, hält den Stoffwechsel auf Trab und soll sogar das Altern verzögern.

Amaranth ist glutenfrei und daher als Zusatz zu Säuglingsnahrung ebenso geeignet wie für die Ernährung von Allergikern. Die geballten Nährstoffe haben das kleine Korn zu­dem zu einem festen Bestandteil von Astronautennahrung werden lassen.

Amaranth kann in der Küche vielseitig verwendet werden. Suppen, Risottos, Aufläufe, Aufstriche und Süßspeisen lassen sich einfach zubereiten. Gepoppte Körner sind ein schmachkafter und nährstoffreicher Zusatz zu Müsli.

Die Körner lassen sich schroten und mahlen – zum Backen ist Amaranthmehl aber nur bedingt geeignet. Da das Klebereiweiß fehlt, geht der Teig nicht auf, reines Ama­ranth­ge­bäck ist bröselig und hält nicht recht zusammen. Durch das Mischen mit Dinkel oder Weizen lässt sich dieses Problem beheben.

Amaranth kann sowohl für süße als auch für pikante Speisen verwendet werden. In Bioläden hat das Korn einen festen Nischenplatz gefunden.

Mittlerweile sind auch einige Amaranth-Fertigprodukte wie Aufstriche, Müslis, Kekse, Schokoladenriegel und Amaranth-Popcorn auf dem Markt. In Bio- und Naturkostläden hat das Korn einen stabilen Nischenplatz gefunden. Auch im Wellness- und Kos­me­tik­bereich ist Amaranth gefragt: Amaranthkissen sollen gegen Augen­ent­zündun­gen hel­fen, als Zusatz zu Massageölen dient das Korn als natürliches Peeling. Amaranthöl soll gegen Neurodermitis helfen.

Amaranthanbau auch in Deutschland

Die Nachfrage nach dem Inkakorn ist in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen; Kultivierung und Anbau wurden besonders in Südamerika und Osteuropa entsprechend intensiviert. In Deutschland steckt der Amaranthanbau noch in den Kinderschuhen; einige Landwirte, wie zum Beispiel die Familie Traub vom St. Josefsgut in Zwie­falt­en/Mörsingen, leisten hier Pionierarbeit.

Die winzigen Amaranthkörner reifen zu unterschiedlichen Zeitpunkt – das erschwert es, den richtigen Erntezeitpunkt zu finden.

Ihnen wird einiges abverlangt, denn für den Anbau und die Ernte der winzigen Körner gibt es noch keine Maschinen „von der Stange“. Ob Saatmaschine, Mähdrescher oder Trockenwagen – bestehende Maschinen müssen an die Körnchen angepasst werden. Das erfordert von den Traubs Ideenreichtum und Innovationsbereitschaft. Neben Gehirn­schmalz ist auch Muskelkraft gefordert – es bleibt viel Handarbeit. Der bio­lo­gi­sche Anbau garantiert zwar eine hohe Qualität, macht den Amaranth aus deut­schem Anbau aber auch teurer als das importierte Konkurrenzprodukt. Eine goldene Nase lässt sich mit dem Anbau des Inkagoldes kaum verdienen – im Moment ist der Amaranthanbau für Landwirte allenfalls ein interessanter Nebenerwerb.

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