Er liebt mich, er liebt mich nicht … oder vielleicht doch? Mühsames Gänseblümchenzupfen ist überflüssig. Wer den Klatschmohn klatscht, weiß es schneller.
Feuerrot leuchtet der Klatschmohn an Weg- und Feldrändern, und läutet als Zeigerpflanze des phänologischen Kalenders den Sommer ein. Als typisches Ackerwildkraut und Begleiter des Korns drang der Klatschmohn – vermutlich von Nordafrika oder Eurasien ausgehend – bereits in der Jungsteinzeit (~ 4500 bis 3000 v. Chr.) in den Mittelmeerraum vor.
Der typische Verbreitungsweg war die Verschleppung durch den Menschen – mit dem Saatgetreide gelangten die winzigen Mohnsamen in die ganze Welt. Heute ist der Klatschmohn von der Dauerfrostzone bis in die Subtropen heimisch.
Klatschmohn: Pionierpflanze, Glückssymbol und Totenblume
Als ein- bis zweijähriger Lichtkeimer benötigt der Klatschmohn jedes Jahr erneut freie, offene Flächen. Umgebrochene Getreideäcker sind für ihn ideal, und sein Wachstumsrhythmus ist ideal an den des Getreides angepasst. Der verstärkte Einsatz von Pestiziden und die immer gründlichere Reinigung des Saatgetreides macht dem Klatschmohn heute das Leben schwer. In der Intensivlandwirtschaft hat er keine Chance.
Der Klatschmohn ist ausgewichen: An Wegraine, auf Schuttplätze, Eisenbahnböschungen und Brachflächen. Als Pionierpflanze ist er oft der Erste, der auf einer neuen Brachfläche blüht. In England machte ihn das zum Symbol für das Gedenken an gefallene Soldaten – denn der Klatschmohn war die erste Pflanze, die auf den frisch aufgeschütteten Hügeln der Soldatengräber seine Wurzeln schlug.
Auch im alten Ägypten wurde der Klatschmohn eng mit dem Tod in Verbindung gebracht und galt als Todesblume. Im christlichen Glauben hingegen stand der Mohn für Leben und Glück; in der christlichen Malerei des Mittelalters stand die blutrote Blume außerdem für das Messopfer und war ein Symbol für das Blut und den Leib Christi.
Heilpflanze Klatschmohn: Hilfe bei Schlaflosigkeit und „hitzig Hauptweh“
Der Klatschmohn oder die „Klapperrose“, wie die Blume auch genannt wurde, galt früher als bedeutsame Heilpflanze. 1532 empfahl Otto Brunfels das „gedestillierte Wasser“ des Klatschmohns gegen „inwendige Hitze“, Leberprobleme und Nasenbluten. Auch Schlaflosigkeit und ein schwaches Herz sollten mit dem Destillat behoben werden: „An die Schläfe gestrichen machet die Unsinnigen und die groß hitzig Hauptweh haben schlafen. Stärket das ohnmächtig verschwacht Herz“, so der Kräuterkenner.
Auch Hieronymus Bock, einer der bekanntesten Botaniker des 16. Jahrhunderts, hielt viel vom Klatschmohn. Besonders dessen kühlende und schmerzlindernde Wirkung hob er hervor. „Grün Klapperrosenkraut samt der Wurzel gestossen und getrunken ist trefflich gut für allerley Leibwehe und innerlicher Schmerzen“, schreibt er und stellt dem Klatschmohn ein ausgezeichnetes Gesamtzeugnis aus: „In summa, dieser Klatschmohn krafft und vermögen, seind nicht genugsam zu preisen.“
Heute hat der Klatschmohn keinerlei medizinische Bedeutung mehr; seine heilende Wirkung ist nicht belegt. Allenfalls in der Volksheilkunde werden Klatschmohnblüten noch als Hustentee aufgebrüht. Zur optischen Verschönerung finden sie sich gelegentlich auch in fertigen Teemischungen.
Klatsch den Mohn – ein altes Liebesorakel
Aus den Blütenblättern wurde früher auch Sirup zubereitet; außerdem wurden sie zur Herstellung roter Tinte verwendet. Wegen seiner Samen, die als Würzmittel in Brot und Kuchen Verwendung fanden, wurde Klatschmohn mancherorts auch bewusst mit dem Getreide angebaut – die Backmischung kam quasi fertig vom Feld. Auch zur Ölgewinnung wurden und werden Mohnsamen verwendet. Die Samen der Klapperrose können bedenkenlos gegessen werden – anders als sein Verwandter, der Schlafmohn, enthält der Klatschmohn kein Morphin. Alle Pflanzenteile enthalten aber leicht giftige Alkaloide – besonders den milchigen Saft der Stengel sollte man nicht konsumieren.
Seinen Namen hat der Klatschmohn von einem alten Spiel: Die Blätter der Blüten wurden vorsichtig zu einem kleinen, luftgefüllten Ballon gefaltet und auf die Handfläche gelegt. Klatschte man nun mit der anderen Hand auf die Blüte, entwich die Luft mit einem lauten Knall. Dieser Knall diente als Liebesorakel – je lauter der Klatschmohn knallte, desto größer war die zu erwartende Gegenliebe des oder der Angebeteten.
Klatschmohn in der Vase – so wird der Kurzblüher haltbarer
Wer Klatschmohn pflückt, wird meist enttäuscht. Der Charme der roten Wiesenschönheit ist kurzlebig – oft fallen die Blütenblätter schon ab, bevor man zuhause angekommen ist. Soll der Mohn in die Vase, muss er frühzeitig geschnitten werden, am besten noch, bevor sich die Blüten ganz geöffnet haben. Die Schnittstellen unter heißem Wasser oder durch kurzes Abflammen „versiegeln“, dann hält der Mohn mit etwas Glück. Länger anhaltende Freude hat man mit künstlichen Mohnblumen – die sind teilweise so gut gemacht, dass man den Unterschied kaum sieht:
Der Klatschmohn hat im Laufe der Jahrhunderte viele Namen bekommen: Klapperrose, Kornrose, Grindmagen, Feuermohn, Gartenmohn, Klatschrose. Eins aber ist gleich geblieben: Wenn er blüht, dann beginnt der Sommer.
Tipp: Klatschmohn setzt Farbtupfer im Garten – mit ein paar Gramm Mohnsamen verwandeln sich Brachflächen in Blütenmeere. Mohn verträgt es trocken und sonnig und wächst noch in kleinsten Ritzen. Häufig ist die Blume mit dem außergewöhnlichen Rot auch Bestandteil von fertigen Wildblumen-Mischungen – mit etwas Glück sät er sich Jahr für Jahr neu aus.