Hummeln sind wichtige Bestäuber für Tomaten, Erdbeeren und „schwierige“ Blüten. Der Einsatz von Zuchthummeln in Gewächshäusern ist nicht ganz unkritisch.
In den letzten Jahren hat sich der Einsatz von Hummeln in der Landwirtschaft, insbesondere in Gewächshauskulturen, ausgeweitet. Hummeln bestäuben nicht nur mehr Blüten als etwa Honigbienen (bis zur fünffachen Menge), sie tun das auch gleichmäßiger und effektiver. Das liegt an der speziellen Vibrationstechnik, die Hummeln beim Sammeln von Blütenstaub anwenden.
Hummeln bringen Pollenkapseln mit Resonanzschwingungen zum Platzen
Die Hummel kann ihre Flügel von der Flügelmuskulatur abkoppeln. Sie brummt dann „im Leerlauf“ und vibriert, ohne die Flügel zu bewegen. In der Blüte dient dieses Vibrieren dazu, den Blütenstaub aus den Staubgefäßen zu schütteln. Reicht das Schütteln alleine nicht aus, wenden Hummeln einen Trick an.
„Sie brummen in unterschiedlichen Tonlagen“, erklärt Hummelexperte Manfred Starck. „Das Summen versetzt noch geschlossene Staubgefäße in Resonanzschwingungen und bringt sie zum Platzen, wodurch zusätzlicher Blütenstaub frei wird.“ Welche Frequenz für welche Blüte geeignet ist, lernen die Tiere durch Ausprobieren.
Der freigesetzte Blütenstaus bleibt im dichten Hummelpelz hängen; die Hummel sammelt einen Teil davon als „Höschen“ an den Hinterbeinen und trägt den Rest bei der Futtersuche von Blüte zu Blüte. Einen weiteren Teil des Blütenstaubs verteilt die Hummel bereits in der Blüte und überträgt ihn auf die Narbe.
Diese Methode des Pollensammelns macht die Hummel zu einem wichtigen Bestäuber, nicht nur, aber besonders für „schwierige“ Blüten wie die der Tomate, bei denen sich der Blütenstaub nicht ohne weiteres löst. Blüten wie die der Erdbeere müssen gleichmäßig bestäubt werden, damit daraus symmetrische Beeren wachsen – das kann die dicke Hummel besser als ihre schlankeren Verwandten, die Honigbienen.
Hummeln verwenden die „Leerlauftaktik“ auch, um sich aufzuwärmen: Das Vibrieren der Flugmuskulatur verbraucht viel Energie, erzeugt aber zugleich genügend Abwärme, um die Muskulatur auch an kühlen Tagen auf eine Betriebstemperatur von über dreißig Grad aufzuheizen. Der gedrungene Körper mit der verhältnismäßig kleinen Körperoberfläche und dem dichten Pelz schützt die Hummel zusätzlich vor Wärmeverlust.
Im Gegensatz zu Honigbienen fliegen Hummeln daher auch bei Wind, Nieselregen und Temperaturen ab zwei Grad. Gerade in kühlen Jahren, tragen sie so auch in Freilandkulturen zu deutlich höheren Ernteerträgen bei. Hinzu kommt, dass Hummeln eine hohe Blütentreue aufweisen und gerne bei ein und derselben Blütenart bleiben.
Entfliegen Zuchthummeln, kommt es zu einer Faunenverfälschung
Der Einsatz von Hummeln als natürliche Bestäuber wird immer wieder kritisiert. „Als Zuchthummeln sind nur einheimische Erdhummeln erlaubt“, so Manfred Starck. „Solange das Zuchtziel nur darin besteht, die Völker zu vergrößern, sehe ich darin kein Problem.“
Wird das Genmaterial von Zuchthummeln allerdings auf den Bestäubereinsatz hin „optimiert“, sieht es anders aus. Entfliegen solche Hummelköniginnen (was sich praktisch nicht vermeiden lässt), gerät das Erbgut in die Natur. Die Zuchthummeln kreuzen sich dann mit den heimischen Hummeln, die genetische Struktur der jeweiligen Hummelart verändert sich.
Inwieweit das eine Gefahr darstellt, wird von Umweltschützern, Landwirten und Experten sehr unterschiedlich bewertet. „Das ist natürlich eine Faunenverfälschung“, meint der Hamburger Biologe Eberhard Baur. „Wie sich das auf die Überlebensfähigkeit der Bestände auswirkt, ist noch nicht sicher geklärt.“ Verglichen mit dem Schwinden der Lebensräume hält er die Gefahr durch entflogene Gewächshaushummeln für untergeordnet. Damit die Entwicklung und Vermehrung von Hummeln auch in Zukunft sichergestellt ist, können Gartenbesitzer einiges zum Schutz der Hummel tun.