Die Seele baumeln lassen – Hängematten für Haus und Garten

Hängematten schützen vor lästigen Insekten, helfen gegen Seekrankheit und retten vorm Ertrinken. Falls das nicht klappt, taugen sie zur Seebestattung. Am besten aber sind sie, um mal so richtig durchzuhängen – mit einem guten Buch, im Garten.

Früher, als ich noch nicht so verweichlicht (und deutlich jünger) war, habe ich oft mit Freunden im Freien übernachtet. Im Wald, auf dem Boden, einfach so, ohne Zelt, im Schlafsack. Manchmal hatten wir sogar eine Iso-Matte. Das war Luxus. Immer hatten wir Kriechtiere. Wir fanden sie morgens überall, so wie man Sand vom Sandstrand noch an den unmöglichsten Stellen findet, nur dass es eben kein Sand war, sondern Spinnen, Ohrkneifer und Käfer. Das war – zurückhaltend formuliert – lästig.

Tipp: Hängematten
Tipp: Hängematten Eine sehr gute Auswahl von Hängematten und Zubehör gibt es bei CampingWagner*. Der Anbieter ist Spezialist für Camping- und Caravanzubehör und bietet einen hervorragenden Service.

Hängematten, Pechvögel und Kriechtiere

Ein Freund von mir brachte eines Abends eine wunderschöne Hängematte mit, sonnengelb, mit Fransen, direkt aus dem Brasilienurlaub. Ich war sehr neidisch, nicht nur auf die Hängematte, sondern auch auf die kriechtierfreie Nacht, die das gute Stück versprach. Wir waren alle sehr neidisch. Er, der ewige Pechvogel, bei dem morgens immer die größten und ekligsten Kleintiere aus dem Schlafsack krochen, würde in dieser Nacht ungestört schlafen. Dachten wir.

Lauschiges Plätzchen unter Bäumen: Wer überm Boden schwebt, schwebt auch über den Ameisen, Käfern und Spinnen, die einem das Liegen auf der Wiese verdrießen können. Sofern keine Tiere vom Baum fallen …

Aber das Leben hat einen seltsamen Sinn von Humor, besonders wenn es um ewige Pechvögel geht. Die riesige Eiche, unter der wir unser Lagerfeuer entfacht hatten, war voller Raupen. Dicke, große Raupen, die frische, kühle Waldluft mögen. Um dem heißen Qualm unseres Feuers zu entkommen, ließen sie sich in dieser Nacht vom Baum fallen – auf den Boden, auf die Schlafsäcke, auf unsere … (das will ich gar nicht mal denken), wo sie dann einfach wegkrochen.

Reanimiert: Nach Jahren im Schrank darf die gelbe Hängematte raus ins Freie und sorgt sofort wieder für glückliche Füße (und einen glücklichen Rest).

Und sie fielen von oben in die Hängematte, in der sie sich sammelten, weil die brasilianische Hängematte mit den hohen Seitenteilen nicht aus einem Netz, sondern aus eng gewobenem Stoff gefertigt war. Als wir das am Morgen entdeckten, fanden wir das unterschiedlich witzig, und ich gebe zu: Womöglich haben wir ein bisschen gespottet.

Später, in einem unbeobachteten Moment, hat mein Freund mir die gelbe Hängematte geschenkt. Ohne großes Brimborium ging das raupenkontaminierte und niederlagen-assoziierte Stück in meinen Besitz über und hat mich viele verträumte Stunden lang sanft geschaukelt – übrigens völlig raupen- und insektenfrei, denn ich habe sie nur in Innenräumen und auf Balkonen benutzt. Sicherheitshalber. Ich bin nicht nur verweichlicht, sondern auch vorsichtig. Heute liegt die gelbe Hängematte zusammengefaltet in meinem Schrank und wartet auf Reanimation.

Kolumbus hat einen Durchhänger

Wann die Hängematte erfunden wurde, weiß keiner so genau. Hängematten aus Pflanzenfasern oder Tierhaaren verrotten vollständig, weswegen es keine archäologischen Funde gibt. Der erste Hinweis auf die Verwendung von Hängematten ist eine auf 700-1500 n. Chr. datierte Votivhängematte aus Golddraht, die in Kolumbien gefunden wurde. Ob es die Inkas, die Mayas oder vielleicht doch die Azteken oder Olmeken waren, die ihre Nächte als erste schwebend zwischen Himmel und Erde  verbrachten, ist ebenfalls unklar.

Hängematten aus Tuch sind weniger belastbar, als solche aus Netzen. In Hängematten ohne Trennstab liegt man tradionellerweise diagonal oder, wenn es die Größe der Matte zulässt, quer zur Matte.

Fest steht, dass die südamerikanischen Ureinwohner in ihren Hängematten nicht nur schliefen, Kinder zeugten oder Krankheiten auskurierten. Die „hamaca“ diente auch dem Transport von Waren und Personen.

Hochrangige Persönlichkeiten wurden mit einem an Stangen befestigten „Hängebett“ wie in einer Sänfte transportiert und hielten vermutlich sogar Hof in der Matte. In anderen Regionen war man pragmatischer: Weil ursprüngliche Hängematten als robustes Netz gefertigt waren, wurde die Schlafgelegenheit tagsüber zum Fischfang benutzt.

Obwohl auch am anderen Ende der Welt, in Indonesien, Afrika oder Ozeanien ein ähnliches Klima und ähnliche Lebensbedingungen herrschten, haben nur die Indianer Süd- und Mittelamerikas die Hängematte erfunden. Erst Kolumbus half dem „Durchhänger“ zu seiner Verbreitung. 1492 schrieb er verwundert in sein Logbuch, die Einheimischen schliefen in Netzen zwischen den Bäumen.

Den praktischen Wert der Hängematte erkannte nicht nur Kolumbus, sondern auch sein Zeitgenosse Barolomé, der in seinen Aufzeichnungen über die „hamaca“ schreibt: „… es ist ein gutes Bett und sauber, in einer Gegend wo es nicht kalt ist … und sie wiegt keine acht Pfund und man kann sie unter dem Arm forttragen. Für unterwegs schließlich ist sie sehr geeignet.“

Kokain, starker Wille und Hängematten gegen Seekrankheit

Bevor Hängematten zum Sinnbild für Urlaub und Entspannung wurden, waren sie wichtiges Inventar auf Segelschiffen. Das Schlafen in der Matte wollte geübt sein: Unruhige Schläfer fielen nachts schon mal aus der Matte. Foto: Angelika Hleftschar

Kein Wunder, dass Kolumbus sich der Hängematte annahm – vermutlich waren seine Seeleute die ersten Europäer, die jemals in einer Hängematte schliefen. Bald war der Gebrauch von Hängematten in der Seefahrt gang und gäbe, denn sie bot gleich mehrere Vorteile.

Die Seeleute mussten nun nicht mehr auf dem harten, schmutzigen Deck liegen, sondern schwebten über den Ratten, dem Dreck und dem Ungeziefer (von Raupen, die von Eichen fallen, ist in alten Logbüchern nicht die Rede) – das war weitaus hygienischer und komfortabler als zuvor.

Die Hängematte sparte zudem Platz. Dicht an dicht wurden die Matten nachts aufgehängt, oft mehrreihig übereinander und so dicht nebeneinander, dass man bei ausgestrecktem Arm „schon den übernächsten Mann berührte“. Wegen des begrenzten Platzangebots auf Schiffen schliefen die Seeleute nicht diagonal in den Matten (wie das in Südamerika üblich war), sondern der Länge nach.

Weil man so die Matte nicht mit dem Rücken straffen kann, wurden Spreizstäbe eingesetzt. Das hatte den Vorteil, dass die Hängematte nach oben hin offen blieb – und den Nachteil, dass sich der Schwerpunkt der Matte verlagerte. Manch ein Seemann fiel in den ersten Nächten aus seiner Hängematte, weil diese sich bei einer unvorsichtigen Bewegung einfach umdrehte.

Auf den Segelschiffen des 16. und 17. Jahrhunderts gehörten Hängematten zum festen Inventar. Welcher Entdecker brachte die Europäer mit dem

Christoph Kolumbus. Er sah die Hängematte in Mittelamerika und erkannte den praktischen Nutzen für die Seefahrt: Auf diese Weise ließen sich viel mehr Matrosen im Schiff unterbringen.

Ferdinand Magellan. Er lernte die Hängematte auf Borneo kennen und schätze besonders, dass seine Matrosen auf diese Weise nicht am Boden schlafen mussten. Das war hygienischer und verhinderte Krankheiten.

Vasco da Gama. Bei einem Stopp auf Madagaskar erkrankte er und wurde von Einheimischen gesund gepflegt. Die Hängematte, in der er lag, fand er nicht nur praktisch, sondern auch bequem.

Kleiner Tipp: Die korrekte Antwort finden Sie im Beitrag auf dieser Seite

Hatten sich die Seeleute einmal daran gewöhnt, schliefen sie in den Hängematten ruhiger und besser als auf dem Deck oder in fest montierten Schlafkojen, denn die Hängematte bleibt auch bei starkem Seegang einigermaßen waagrecht.

Weil Hängematten das Schlingern und Stampfen eines Schiffs besser ausgleichen, empfiehlt Meyers Konversationslexikon (1885-1892) das „Liegen in Hängematten“ als probates Mittel zur Linderung von Seekrankheit. Wenn das nicht ausreicht helfen auch „Zerstreuung, […] starker Wille, […] geringe Gaben Morphium, […] Alkohol, in Form von Rum oder Grog, […]  in neuester Zeit werden auch Kokain [oder] Atropin mit Strychnin empfohlen“. Dann vielleicht doch lieber Aspirin und eine Hängematte …

Seenot und Seebestattung – Hängematten als Lebensretter und Todesbegleiter

Tagsüber wurden die Hängematten samt Schlafzubehör wie Decken und Matrazen zu einem ordentlichen Bündel geschnürt und im „Finkennetzkasten“, einem von vorne nach hinten laufenden Stauraum entlang der Reling, verstaut. Dort dienten sie tagsüber als Brustwehr, und manche Kugel, die im Gefecht abgeschossen wurde, traf keinen Matrosen, sondern blieb in den aufgerollten Hängematten stecken.

Übt für den nächsten Schiffbruch: Wie faltet und entfaltet man eine Hängematte am besten, damit sie zur Lebensrettung taugt? Foto: Angelika Hleftschar

Die Hängemattenbündel wurden im morgendlichen Appell streng kontrolliert, denn sie hatten im Falle eines Schiffbruchs noch eine andere Funktion: „Eine gut gezurrte Hängematte kann etwa 8 Stunden im Wasser schwimmend einen Mann tragen und somit als Rettungsboje dienen“, heißt es in Brockhaus‘ Konversationslexikon von 1894.

Manche Hängematte begleitete ihren Besitzer bis in den Tod. Es gibt Berichte darüber, dass auf See Verstorbene in ihre Matten eingenäht wurden (der letzte Stich soll dabei durch die Nase gegangen sein) und danach über Bord gelassen wurden. Weit häufiger wurde für Seebestattungen allerdings Segeltuch verwendet – bei hochrangigen Crew-Mitgliedern auch die Landesflagge.

Von Armenhäusern zu Wohlfühloasen

Auszeit: Mehr als 100 Millionen Menschen verwenden Hängematten als Schlaf- und Sitzgelegenheit. Der Hängesessel ist eine platzsparende Variante, der an sich schon platzsparenden Hängematte.

Über die Meere wurde die Hängematte in der ganzen Welt verbreitet. Als platzssparendes und billiges Bett hielt sie Einzug in Armenhäusern, Kinderheimen und Gefängnissen. In den tropischen Regionen Südamerikas und der Karibik ist die Hängematte bis heute nicht wegzudenken, und auch in Indien und auf den pazifischen Inseln hat sie sich als Schlafstatt etabliert. Weit über hundert Millionen Menschen weltweit dient die Hängematte heute als Schlaf- und Sitzmöbel.

In Europa und Nordamerika hat sie sich eher als Wohlfühl-Accessoire durchgesetzt – in Wohnzimmern, auf Balkonen oder unterm (raupenfreien) Apfelbaum hängend lädt die Hängematte ein, einfach mal die Seele baumeln zu lassen. Spezielle Hängematten für Kinder helfen Säuglingen mit dem sanften Schaukeln in einen ruhigen und geborgenen Schlaf.

Nach wie vor wird die Hängematte auch als Reisebett eingesetzt – spezielle Trekkinghängematten lassen sich leicht und platzsparend im Rucksack verstauen. Vorausschauend montiert („Vor Raupen-Eichen sollst du weichen!“) garantieren sie eine ungezieferfreie Nacht im Freien.

 

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner