Gewohn­heits­tier Rei­ter – wa­rum man immer von links aufs hohe Ross steigt

Warum man immer von links aufs Pferd steigt, warum es beim Leichttraben ein „richtiges Bein“ gibt und weshalb Fahrpferde Scheuklappen tragen.

Reiter sind ein linkes Völkchen. Sie ziehen ih­rem Pferd Halfter und Zaumzeug von der lin­ken Seite über, satteln von links, führen links und stei­gen von links auf. Warum? Weil man es so ge­lernt hat, weil man es eben so macht, und weil man es schon immer so gemacht hat.

Versäbelt: Warum man von links aufs Pferd steigt

Auch ohne Säbel führen die meisten Reiter ihr Pferd von links. Für Rechtshänder ist das praktischer – für die Erziehung ist es gut, Tätigkeiten wie Führen und Ausitzen von beiden Seiten auszuführen.

Das stimmt nicht ganz. Die Links-Regel kommt wie so vieles im Reitsport aus dem Militär. Dort herrschten Zucht und Ordnung und vorallem: Ein­heitlichkeit. Obwohl etwa die Hälfte der Men­schen als Linkshänder zur Welt kommen, führ­ten Soldaten ihren Säbel jahrhundertelang mit der rechten Hand. Das galt auch für die Kaval­la­rie.

Wer nun aber mit der rechten Hand den Säbel führt, der wird selbigen an seiner linken Hüfte verwahren. Nur so lässt sich das unhandliche Ding schnell und elegant ziehen. Hat man nun einen langen Säbel an der linken Seite hängen und will von rechts aufs Pferd steigen, gibt es ein riesiges Geklapper, denn das ganze Zeugs muss über den Pferderücken. Besonders praktisch ist das nicht.

Auch für das Führen des Pferdes galt eine einfache Rechnung: Pferd rechts + Säbel links = praktisch. Pferd und Säbel links ergegen hingegen Soldaten und Pferde, die über den langen Säbel stolpern und die feierliche Militärparade ruinieren.

Weil heute keiner mehr mit Säbel reitet, ist die Immer-von-links-aufs-Pferd-Regel längst veraltet und überflüssig. Mittlerweile weiß man auch, dass diese einseitige Belastung sogar Rückenprobleme und Wirbelsäulenschäden beim Pferd fördern kann. Steigen Sie also ruhig abwechselnd von links und von rechts – das ist besser, als es es ein­seitig zu versäbeln.

Vergaloppiert: Warum es beim Leichttraben ein „falsches“ Bein gibt

Es gibt beim Leichttraben kein grundsätzliches „richtiges Bein“ – was richtig ist hängt davon ab, was der Reiter erreichen möchte.

Als wäre es nicht schon schwer genug, das geschmeidige Leichttraben zu erlernen, pie­sacken viele Reitlehrer auch blutige Anfänger damit, dass diese bitteschön auch gleich auf dem „richtigen Bein“ leichttraben sollen. Richtig ist, wenn der Reiter sich in den Sat­tel setzt, wenn das innere Hinterbein (und wegen des diagonalen Bewegungs­ab­laufs im Trab auch die äußere Schulter) des Pferdes nach hinten schwingt, und auf­steht, wenn das innere Hinterbein unter den Pferdebauch tritt.

Auf diese Weise wird beim Leichttraben das innere Hinterbein des Pferdes entlastet. Das ist bei Übungen, bei denen das Pferd vermehrt untertreten soll, eigentlich kon­tra­pro­duk­tiv (deswegen werden diese häufig ausgesessen statt leichtgetrabt). Eini­ge Übun­gen er­leichtert es aber auch – das Reiten von Trabverstärkungen zum Beispiel.

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Trabverstärkungen werden meistens aus der Ecke kommend an der langen Seite oder der Diagonale eines Reitplatzes geritten. Ist das Pferd noch gebogen und sitzt der Rei­ter in den Sattel, wenn das „falsche“ innere Hinterbein nach vorne schwingt, so steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das Pferd die Hilfe missversteht: Statt die Trabtritte zu ver­län­gern, galoppiert es an.

Kein Beinbruch im Training des einzelnen Reiters. Aber bei militärischen Paraden und Reiter-Quadrillen machte es sich gar nicht, wenn ein Teil der Reiter ordnungsgemäß trabte und der andere Teil fröhlich galoppierte. Wieder war es der militärische Ruf nach Einheitlichkeit und Präzision, der eine Reiterregel schuf, die nicht immer Sinn macht, denn bei vielen Übungen ist das „richtige“ Bein eigentlich das falsche.

Aufgepeitscht: Warum Kutschpferde Scheuklappen tragen

Scheuklappen engen das Blick­feld ein. Beim Mehr­spänner sollen sie gezielte Peit­schen­signale erleichtern. Bei Ein­spän­nern sind sie an sich über­flüssig.

Die Meinung, dass Pferde mit Scheuklappen sich nicht mehr erschrecken, ist ebenso verbreitet wie falsch. Im Gegenteil – weil es die Bewegung erst viel später wahrnimmt, wird sich ein Pferd mit Scheuklappen vor einem von hinten kommenden Fahrrad eher erschrecken, als ein Pferd ohne Scheuklappen. Singt der Fahrradfahrer laut, ist es meistens egal, denn dann wird dieser akustisch bemerkt.

Warum dann überhaupt Scheuklappen eingesetzt werden? Der natürliche Blickwinkel eines Pferdes ist mit 270 Grad sehr groß. Für das Fluchttier Pferd ist das ein un­schätz­ba­rer Vorteil, denn es sieht auch dann, was sich von der Seite und von schräg hin­ten nä­hert, wenn es den Kopf nicht dreht.

 Für den Kutscher eines Mehrspänners ist es ein Nachteil, wenn seine Pferde ständig voll darüber informiert sind, was hinter ihrem Rücken vorgeht. Denn nur sehr selten sind alle Pferde vor einem Wagen gleich motivert. Während der eine fleißig zieht, trippelt der zweite nur dekorativ nebenher. Wenn nun der Kutscher ein aufmunterndes Stimmsignal gibt, wird der Eifrige vermutlich noch mehr arbeiten, während der Faulpelz, der ei­gent­lich gemeint war, das Signal geflissentlich ignoriert.

Warum tragen Kutschpferde Scheuklappen?

Damit sie die Peitsche des Kutschers nicht sehen.

Damit sie nicht so leicht vor vorbeifahrendem Verkehr erschrecken.

Damit sie sich besser auf den Weg konzentrieren können.

Kleiner Tipp: Die korrekte Antwort finden Sie im Beitrag auf dieser Seite

In diesem Fall hilft nur eins: Ein gezieltes Peitschensignal, das den Trödler warnt (oder auch trifft), ohne vom Fleißigen wahrgenommen zu werden. Und das geht nur, wenn der Eifrige die aufmunternde Peitsche nicht sieht. Das wird mit den Scheuklappen erreicht. Beim Faulen könnte man sich diese theoretisch sparen, und auch ein einspännig ge­fah­renes Pferd braucht nicht unbedingt Scheuklappen.

Auch Reitern und Pferdebesitzern tut es manchmal gut, die Scheuklappen abzunehmen und etablierte Verhaltensweisen zu hinterfragen. Scheuen Sie sich nicht, auch Ihrem Reitlehrer scheinbar„dumme“ Fragen zu stellen – mitunter sind die Antworten über­ra­schend. Mitunter stellt Ihr Gegenüber auch überrascht fest, dass es die Antwort gar nicht kennt …

Am Rande: Kennen Sie schon den Libellius-Pferdekalender „Crazy horses“? Er zeigt nicht Anmut und Adel der edlen Geschöpfe, sondern die komische Seite der nicht immer eleganten Tiere.

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