Ausflüge in Baden-Württemberg: Kloster Bebenhausen bei Tübingen
Mönche und Könige, Schüler und Politiker: Sie alle wohnten im Kloster Bebenhausen bei Tübingen. Die ehemalige Zisterzienserabtei ist nicht nur geschichtlich interessant, sondern auch ein architektonisches Kleinod, das viele (verborgene) Schätze birgt.
Nördlich von Tübingen, am Südhang des Brombergs und eingebettet in den Schönbuch, liegt das Örtchen Bebenhausen mit der ehemaligen Zisterziensterabtei. Spuren deuten darauf hin, dass das Plateau zwischen den dort zusammenfließenden Bächen bereits im frühen Mittelalter künstlich erweitert wurde und der Flecken bewohnt war. Dafür spricht auch seine Lage an einer Fern-Handelsroute, die von den Alpen ins Rheintal führte.
Die Sache mit den Ordensregeln …
Für ein Zisterzienserkloster ist diese Lage ungewöhnlich. Mehr noch, sie war verboten – eigentlich … Denn die Ordensregeln sahen vor, dass Klöster in der Abgeschiedenheit gegründet wurden, fernab von Städten, Straßen und irdischen Vergnügungen. Das Ideal der Abgeschiedenheit war in Bebenhausen nicht gegeben, nicht nur wegen der alten Fernstraße „Via Rheni“, sondern auch wegen der Nähe zur aufblühenden Stadt Tübingen und der pfalzgräflichen Burg.
Dass sich Ende des 12. Jahrhunderts (um 1190) dennoch Zisterzienser in Bebenhausen niederließen, lag wohl eher an den wirtschaftlichen Interessen des Klostergründers Rudolf I., und weniger an den spirituellen Idealen der Mönche: 1182 schenkte Pfalzgraf Rudolf I. von Tübingen dem Bistum Speyer eine Kirche. Im Gegenzug erhielt er Länderereien im Schönbuch und stiftete „zum Zwecke seines Seelenheils“ das Kloster Bebenhausen. Ursprünglich war es von Prämonstratensermönchen besiedelt, welche Bebenhausen aber bereits kurz nach der Gründung und dem eher schleppenden Bau des Klosters wieder verließen.
Nun hatte der Pfalzgraf das gestiftete Kloster Bebenhausen aber zur Grablege für die pfalzgräfliche Familie bestimmt – das wollte er trotz des Weggangs der Mönche nicht aufgeben. Zudem hatte er großes Interesse daran, den strategisch wichtigen Ort weiterhin unter seiner Kontrolle zu halten. Der Pfalzgraf suchte also einen Orden, dem er sein Kloster stiften konnte, und fragte bei den Zisterziensern an. Nachdem eine Untersuchungskommission des Mutterklosters Cîteaux ihr Okay gegeben (und dabei wohl mehrere Augen zugedrückt) hatte, siedelten sich mit Abt Diepold die ersten zwölf Zisterziensermönche in Bebenhausen an.
Bebenhausen war das reichste Kloster Baden-Württembergs
Erst unter den Zisterziensern begann der eigentliche Bau und Ausbau der Kosteranlagen, der sich über mehrere hundert Jahre und unterschiedlichste wirtschaftliche Situationen erstreckte. Während die wirtschaftliche Lage des Klosters zu Beginn des 13. Jahrhunderts recht klamm war, lebten am Ende des selben Jahrhunderts bereits achtzig Mönche und 130 Laienbrüder in Bebenhausen. Im Verlauf des späten Mittelalters mauserte sich die Abtei zum reichsten württembergischen Kloster, mit immensem Sach- und Landbesitz.
Bis ins 14. Jahrhundert bestellten die Mönche ihren Landbesitz in Eigenregie, mit zunehmender Größe der Ländereien wurden die außerhalb gelegenen Wirtschaftshöfe unter klösterlicher Leitung von Laienbrüdern und Lohnarbeiter bewirtschaftet. Solche „Grangien“ genannten Wirtschaftshöfe betrieben neben dem Ackerbau auch Vieh- und Fischzucht, Waldwirtschaft, Wein- und Gartenbau.
Im 14. Jahrhundert besaß das Kloster Bebenhausen 5.700 Hektar Agrarland – die kleinste der zehn Grangien (Vesperweiler) bewirtschafte 50 Hektar; zur größten (Geisnang) gehörten 561 Hektar Agrarland, was etwa das Zehnfache eines typischen mittelalterlichen Fronhofes ausmacht. Zusätzlich beherbergte das Kloster verschiedene Werkstätten, in denen Handels- und Alltagsgüter hergestellt wurden: Mühle, Ziegelei, Bauhütte, Schmiede und Einrichtungen zur Woll-, Stoff- und Lederverarbeitung sind hier zu nennen.
Reformiert und säkularisiert: Vom Königsschloss zum Touristenmagnet
1534 wurde in Bebenhausen die Reformation eingeführt. Rund die Hälfte der sechsundreißig Klosterbrüder hielt am katholischen Glauben fest und verließ den Schönbuch. Zweimal im Laufe der nächsten hundert Jahre kehrten katholische Mönche nach Bebenhausen zurück.
Mit dem Westfälischen Frieden (1648) war es mit dem katholischen Kloster vorbei. In Bebenhausen wurde eine evangelische Klosterschule untergebracht. 1806 wurde das Kloster säkularisiert; ein Jahr später die Klosterschule mit Maulbronn vereinigt.
Die Anlage wurde nun von den württembergischen Landesherren als Jagdschloss genutzt – die Lage mitten in den wildreichen Wäldern des Schönbuchs machte Bebenhausen dafür besonders geeignet. Die Monarchen bewohnten erst das Abthaus und nutzten später die Gebäude der östlichen Klausur als Schloss.
Nach seiner Abdankung 1918 zog König Wilhelm II von Württemberg mit seiner Frau Charlotte nach Bebenhausen. Nach seinem Tod zog seine Witwe dauerhaft in Bebenhausen ein, und wohnte dort bis zu ihrem Tod im Juli 1946.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurden im ehemaligen Kloster der Landtag und die Landesverfassung des Landes Württemberg-Hohenzollern begründet. Ein Teil der Anlage wurde als Archiv, Depot und Tagungsraum des Landtags genutzt.
Heute sind Kloster und Schloss für Besichtigungen geöffnet; in einem Teil der Anlage ist die Forstverwaltung untergebracht. Das Kloster ist Besuchsmagnet für Wanderer, Touristen, Kultur- und Architekturinteressierte. Religiöse Pilger sind die Ausnahme – als Wallfahrtsort hat Bebenhausen keine Bedeutung.
Rundgang durch die Klausur
Die Klausur war jener abgeschlossene Bereich eines Klosters, der nur den Ordensangehörigen zugänglich war. Ordensmitglieder durften ihn nur mit Erlaubnis eines Oberen verlassen; Außenstehende nur unter bestimmten Voraussetzungen betreten.
Der Klausurbereich gruppierte sich auch in Bebenhausen ganz klassisch um einen viereckigen Innenhof südlich der Klosterkirche, mit einem überdachten Kreuzgang, von dem die wichtigsten Gebäude erreichbar waren: Die Refektorien (Speisesaal), das Dormitorium (Schlafräume; diese liegen in Bebenhausen oberhalb der Bruderhalle), Bruderhalle, Kapitelsaal und Parlatorium.
Die Klausur diente der Ordensgemeinschaft als Ort der Zurückgezogenheit vor äußeren Einflüssen. Symbolisch steht der Klausurbereich eines Klosters für den Rückzug früher Eremiten in die Wüste.
Wirtschaftsgebäude, Küche und Werkstätten lagen meist außerhalb der Klausur, ebenso das Krankenhaus.