Weihnachtskrippen im Wandel der Zeit

Das Aufstellen der Krippe ist vielerorts ein fester Bestandteil der weihnachtlichen Tradition. Der Brauch geht mindestens bis ins 13. Jahrhundert zurück, und die Krippe ist bis heute mehr als ein einfacher Dekorationsgegenstand.

Als ich noch ein Kind war, war Weihnachten der schönste Tag im Jahr. Feierlicher, würdevoller und auf schwer fassbare Weise auch ernsthafter als andere Feste. Und wenn ich heute mit leisem Zynismus sage, dass das nur an den Geschenken lag, die ich bekommen habe, dann weiß ich nicht, ob das wirklich stimmt.

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Schenken und Beschenktwerden am „Fest der Liebe“

Die Heiligen Drei Könige haben das Weihnachtsgeschenkt „erfunden“. Auch wenn heute viel über Kommerz und Sinnentleerung geschumpfen wird: So unsinnig ist der Brauch das Schenkens und Beschenktwerdens nicht.

Natürlich waren die Geschenke wichtig, sogar das Wichtigste des Abends. Aber Geschenke gab es auch am Geburtstag – das war schön, aufregend, und dennoch anders als an Weihnachten. Weihnachten machte emotional „satter“, und es hat lange gedauert, um intellektuell zu begreifen und in Worte zu fassen, was ich als Kind intuitiv verstanden habe: Es sind nicht die Geschenke, die Weihnachten so besonders machen. Es ist das gemeinsame, gegenseitige Schenken und Beschenktwerden.

An meinem Geburtstag wurde ich gefeiert und erhielt Geschenke. An Weihnachten feierten wir gemeinsam,  und jeder am Tisch erhielt Geschenke. Ich wurde nicht nur beschenkt – ich durfte auch schenken, was ich in den Wochen davor gebastelt oder vom ersparten Taschengeld gekauft hatte, durfte anderen eine Freude machen, durfte mich mitfreuen, was wohl ebenso wertvoll ist, wie etwas zu erhalten.

Weihnachten als „Fest der Liebe“? Wir liebten uns an Weihnachten nicht mehr als an anderen Tagen. Aber an Weihnachten spürten wir es besser, konnten es besser zulassen und zeigen. Die festen Abläufe und Rituale, die unsere Familie am Weihnachtsabend einhielt, mögen dieses Gefühl des Gemeinsamen verstärkt und betont haben.

Krippen machen das Mysterium der göttlichen Menschwerdung begreifbar

Das gemeinsame Betrachten der Weihnachtskrippe war Teil dieses Rituals und erinnerte daran, was der Anlass für diese Feier war: Die Geburt Jesu‘ und die Menschwerdung Gottes. Als hilfloser Säugling kommt Gott in Gestalt seines Sohnes auf die Welt, um die Menschheit zu erlösen. Selbst unschuldig, trägt das Kind doch schon die ganze Last menschlicher Sünden auf seinen Schultern. Ein Mysterium, das verstanden werden will.

Zweidimensionale „Krippe“ am Weihnachtsmarkt in Baden-Baden.

Weil das mit dem Verstehen göttlicher Mysterien nicht so einfach ist, vor allem, wenn man nicht lesen kann und kein Latein spricht, entschied sich Franz von Assisi im Jahr 1223, die Weihnachtsgeschichte mit lebenden Personen und Tieren nachzustellen, um der einfachen Bevölkerung das Weihnachtsevangelium nahe zu bringen. Als Schauplatz des ersten nachgewiesenen Krippenspiels wählte er eine Futterkrippe in einem Wald nahe des Klosters Greccio.

Vermutlich war ihm nicht bewusst, dass er damit den Grundstein für einen Brauch legte, der die Jahrhunderte überdauerte. Bis zu den heute typischen Krippen mit ihrem oft umfangreichen Figurenensemble war es allerdings noch ein beträchtlicher Weg – anfänglich beschränkten sich die Darstellungen oft auf den Säugling in der (Futter)krippe.

Das Weihnachtsevangelium und die ersten Krippen

Die wohl älteste Krippe der Welt befindet sich in der Sixtinischen Kapelle. Sie ist Teil eines Altars aus dem Jahr 1291. Mit beweglichen Alabasterfiguren wird die Anbetung durch die Heiligen Drei Könige (die übrigens nie offiziell heilig gesprochen wurden) dargestellt.

Die „Huldigung der Sterndeuter“ wird im Matthäus-Evangelium behandelt, und sie hat eine grausame Komponente: Die Sterndeuter prophezeihen gegenüber König Herodes die Ankunft des „neugeborenen Königs der Juden“ und schüren damit seine Angst vor einem Konkurrenten. Weil die weisen Männer ihm kein konkretes Kind nennen, lässt Herodes in Betlehem und Umgebung sicherheitshalber alle Knaben bis zwei Jahre hinrichten.

Jesus entkommt dem Kindermord – ein Engel hat Josef im Schlaf gewarnt, und die Heilige Familie befindet sich zur Zeit des Kindermordes bereits auf der Flucht nach Ägypten.

Im Lukas-Evangelium werden die Heiligen Drei Könige nicht erwähnt. Hier wird die Geburt Jesu den Hirten auf dem Felde prophezeit. Diese ziehen nach Betlehem, um das „Kind in der Krippe“ zu sehen, und sie sind es, die dem Mensch gewordenen Erlöser als erstes huldigen.

Die Verehrung durch die Hirten, und die Geburt in einer Futterkrippe wurden und werden als Beleg dafür genommen, dass Jesus dem einfachen Volk entstammte, dem er sich zeitlebens auch verbunden fühlte.

Unerwähnt: Wie kamen Ochs und Esel in die Krippe?

Obwohl keines der Evangelien die beiden erwähnt, tauchen Ochs und Esel schon früh in den Krippendarstellungen auf. Neben der Heiligen Familie zählen sie sogar zu den ältesten Figuren in der Krippe. Ihre Anwesenheit wird mit Bezug auf Jesaja 1,3  begründet.

Unrein? Echt jetzt? Ist nicht euer Ernst!

Dort heißt es: „Der Ochs kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn.“ Die vermeintlich dummen Tiere sind klüger als der Mensch und wissen, wo sie hin gehören.

Je nach Deutung symbolisieren der als „rein“ geltende Ochse und der „unreine“ Esel entweder das Judentum und den Islam, oder aber Christen und Andersgläubige. Beide sind an der Krippe des Herrn willkommen – und beide sind Lastentiere und sollen verdeutlichen, dass Jesus die Lasten seiner Mitmenschen übernahm.

Ochs und Esel gehören schon so lange zur Weihnachtskrippe, dass es auch dem Trienter Konzil von 1545 bis 1563 nicht gelang, die beiden um der „Wahrheit der Bibel willen“ von der Krippe zu verbannen.

Lange Winter: Krippenbau und Kunsthandwerk

Ausgehend von den Prager Jesuiten tauchten Mitte des 16. Jahrhunderts zunehmend häufiger Darstellungen der Weihnachtsgeschichte in katholischen Kirchen auf. Es wurde üblich, zur Weihnachtszeit eine Krippe in der Kirche aufzustellen und sie nach dem Dreikönigstag wieder abzubauen. Erste schriftliche Belege dafür finden sich im Salzburger Benediktinerinnenkloster Nonnberg und datieren aus dem Jahr 1615.

Und doch waren es nicht die Kirchen, die im 17. Jahrhundert maßgeblich zur Verbreitung von Krippen beitrugen, sondern die Südtiroler Bergbauern aus dem Grödental. Die Winter waren lang und dunkel, und die Bergbauern verbrachten sie damit, kunstvolle Ställe und Figuren zu schnitzen und die Krippen immer reicher zu bevölkern.

Während sich die ersten Krippen meist auf die Darstellung der Heiligen Familie mit Ochs und Esel beschränkt hatten, kamen im Lauf der Zeit zunehmend mehr Figuren und Tiere hinzu: Die Heiligen Drei Könige, begleitet von Pferd, Kamel und Elefant, die Hirten mit ihren Schafherden, Hunden und Ziegen, Engel mit Spruchbändern und Instrumenten, Kometen und Sterne.

Auch die Darstellung der Krippenlandschaft änderte sich und wurde heimatlichen und regionalen Gegebenheiten angepasst. Alpen- und Südtirol-Krippen entstanden. Orientalisch anmutende Betlehem-Krippen war eher Exoten, die ihre Liebhaber fanden.

Rund um den Stall von Jesu Geburt entstanden mitunter ganze Ortschaften, die von Händlerkarawanen durchzogen und von Marktszenen belebt wurden. Manch Krippenszenario war so umfangreich, dass das Jesukind in der Futterkrippe fast zur Nebensache wurde.

Zu gefühlsduselig: Verbot von Weihnachtskrippen

Weihnachtskrippe
Liebevolle Handarbeit: Private Krippenbauer betreiben ihr Hobby mit Leidenschaft – oft sind solche handgemachten Krippen auf Weihnachtsmärkten weit unter ihrem Wert zu bekommen.

„Zu gefühlsduselig“, fand Kaiserin Maria Theresia diese immer üppiger werdenden Darstellungen. Ihr war der Brauch zu wenig vernünftig, also ließ sie Krippen in öffentlichen Gebäuden verbieten und aus Kirchen verbannen. Ähnliche Verbote wurden immer wieder ausgesprochen, setzten sich am Ende aber nicht durch.

Letztlich wurde damit sogar eher das Gegenteil erreicht: Das Interesse an Krippen stieg, und weil sie nicht mehr in der Kirche zu sehen waren, hielten sie vermehrt Einzug in private Bürger- und Bauernhäuser. Dort sind sie bis heute geblieben und illustrieren die Weihnachtsgeschiche – wesentlich bunter und detailreicher, als sie in den Evangelien erzählt wird.

Das Aufstellen der Krippe als Teil des Weihnachtsrituals

Es gibt keine nachweisbaren Vorschriften, wann die Weihnachtskrippe aufzustellen ist. Hier hat jede Familie ihre eigenen Rituale. Bei uns waren es meine Eltern, die am Weihnachtstag gemeinsam den Weihnachtsbaum schmückten und darunter die Geschenke und die Krippe aufbauten.

Unser Jesukind wurde nicht in einem Stall geboren, sondern in einer hohlen Baumwurzel, und wenn wir nach einem gefühlt sehr langen Tag bei unserer Oma abends nachhause kamen, strahlte der Baum, und durch das Loch in der Baumhöhle fiel sanftes Kerzenlicht auf die Heilige Familie. Einen (eher kurzen …) Moment lang betrachteten wir andächtig das Kind und vergaßen die Geschenke.

Pünktlich zum Dreikönigstag wurden Krippe und Baum abgebaut (diesmal von meiner Mutter alleine), die Krippenfiguren in mürbe gewordenes Papier eingeschlagen und mit dem Christbaumschmuck bis zum nächsten Weihnachten verstaut.

Meine Oma hingegen baute den Stall schon am ersten Adventsonntag in der guten Stube auf. Nach und nach kamen die Figuren hinzu. Kurz vor Weihnachten zogen Maria und Josef ein. Am Weihnachtsabend wurde das Christkind in die bis dahin leere Krippe gelegt. Die Hirten kamen in den nächsten zwei Tagen dazu. Und die Heiligen Drei Könige mit ihrem Kamel rückten Tag für Tag ein Stückchen näher heran, bis sie am Dreikönigstag die Krippe erreichten.

Wie das Aufstellen der Krippe gestaltet wird, ist jedem selbst überlassen – gerade für Kinder kann es ein besonderes Erlebnis sein, wenn sie am Weihnachtsabend das Jesukind selbst in die Krippe legen dürfen. Solche Rituale machen Glaube im wahrsten Sinn des Wortes be-greif-bar.

Links, rechts, Mitte – wer steht wo in der Krippe?

Eine relativ klare Ordnung gibt es hingegen für die Positionierung der Figuren. Schon seit dem Mittelalter ist ihnen ein bestimmter Platz zugeordnet. Das Jesukind liegt immer in der Mitte – alle anderen gruppieren sich um ihn herum. Im Rücken das Kindes steht niemand, weder Mensch noch Tier – dieser Platz bleibt frei.

Maria steht, sitzt oder kniet an der rechten Seite ihres Kindes. Vom Betrachter aus gesehen nimmt sie die linke Seite der Krippe ein. Hinter oder neben ihr steht der Ochse, der als koscheres Tier das Volk Israel und das Christentum symbolisiert. Ebenfalls von der linken Seite nähern sich Hirten und Schafe – sie stehen für die Gläubigen und die Opfertiere.

Vom Betrachter aus rechts steht Josef. Er wird oft als alter Mann mit langem Bart dargestellt, der sich auf einen Stab stützt. Neben ihm steht der Esel als Repräsentant der heidnischen und andersgläubigen Völker. Mit ein wenig Abstand nähern sich von dieser Seit auch die „Weisen aus dem Morgenland“, die Gold, Weihrauch und Myrrhe bringen.

Caspar, Melchior und Balthasar stehen für die drei damals bekannten Kontinente Afrika, Asien und Europa. Da Melchior den Kontinent Europa und damit das Abendland vertritt, ist die Bezeichung „… aus dem Morgenland “ eigentlich nicht ganz korrekt.

Die drei symbolisieren darüber hinaus die unterschiedlichen Lebensstufen des Menschen: Jugend (meist der afrikanische Caspar), Lebensmitte und Alter. Im Gegensatz zu den ärmlich gekleideten Hirten werden die drei Weisen meist recht wohlhabend dargestellt – sie stehen damit auch für die obere Gesellschaftsschicht.

Um die Heiligen Drei Könige ranken sich viele Legenden – ihre tatsächliche Existenz konnte nie bewiesen werden. Dennoch (oder vielleicht auch deswegen …) gehören die drei Weisen, die einen Hauch Exotik und Luxus mitbringen, zu den beliebtesten Krippenfiguren.

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