Er fährt Schi, sie reitet lieber. Beim Skijöring kommen beide auf ihre Kosten. Zum Ausprobieren brauchen Sie keine Profiausrüstung. So geht’s.
Kennen Sie das? Alle Ihre Freunde sind begeisterte Wintersportler, nur Sie halten Schifahren für eine völlig überschätzte, kostspielige und knochenbrecherische Sportart, die niemals mit dem Reiten konkurrieren kann. Die Konsequenz ist, dass Ihre Winterwochenenden einsam und öde sind. Die Turniersaison hat nicht viel zu bieten, Ihr Pferd sprüht in der kalten Jahreszeit vor Bewegungsdrang, draußen locken die Pulverschneeweiten, und Sie müssen sie ganz alleine genießen und sich dabei zu Tode langweilen. Wahrlich, die Welt ist ungerecht.
Wer hat’s erfunden? Die Schweizer, natürlich!
Doch es gibt Hoffnung. Die kommt aus der Schweiz und heißt Skijöring. Am 1. März 1906, nach einem wahrscheinlich ebenso langweiligen wie langen Winter, lieferten sich in St. Moritz dreizehn wagemutige Schifahrer ein Rennen hinterm Pferd und stellten dabei vermutlich die ersten Geschwindigkeitsrekorde im Flach- und Bergaufschifahren auf: bis zu 50 km/h. Bis heute ist St. Moritz die Hochburg des Skijörings und der einzige Ort, an dem internationale Rennen ausgetragen werden – auf dem zugefrorenen See, mit im Rennregister eingetragenen Vollblütern.
Wer’s nachmachen will, braucht keinen See und keinen Vollblüter, sondern nur ausreichend Schnee, ein Pferd, ein paar Leinen, eine Portion Improvisationstalent und eine Prise Wagemut.
Anforderungen an Reiter, Schifahrer und Pferd
Profis fahren alleine und lenken das Pferd von hinten. Anfänger sollten das lassen, auch wenn sie sicher auf den Schiern stehen. Sind diese erst mal in Schwung, bieten sie keinen Bremswiderstand. Das Pferd muss also auf Zuruf oder feine Paraden reagieren. Auch die Koordination der langen Leinen will gelernt sein. Stürzt der Schifahrer, ist das Pferd reiterlos unterwegs, was ein weiteres Risiko darstellt.
Der Reiter sollte im Kopf behalten, dass er einen „Treibanker“ hinter sich herzieht. Der Wenderadius vergrößert sich um ein Vielfaches, Kurven müssen entsprechend groß angelegt werden, will man den Schifahrer nicht im nächsten Busch verlieren. Abrupte Starts und Stopps sind für den Schifahrer schwer auszugleichen – Tempowechsel sollten fließend geritten und immer angekündigt werden.
Das Pferd muss eine gute Grundkondition mitbringen; längeres Traben oder Galoppieren im Tiefschnee ist enorm anstrengend, zumal auch noch das Gewicht des Schifahrers dazukommt. Das Pferd sollte mit dem Ziehen von Gegenständen oder zumindest mit Doppellonge bzw. Arbeit am langen Führzügel vertraut sein. Schlackernde Leinen und das schleifende Geräusch der Schier im Schnee dürfen es nicht aus der Ruhe bringen; es muss sich aus jeder Gangart problemlos stoppen lassen.
Die Ausrüstung: Was Sie zum Skijöring brauchen
Natürlich Schier, und zwar alpine. Langlaufschier taugen hier nichts. Der Schifahrer sollte unbedingt eine Schibrille zum Schutz vor weggeschleuderten Schneebrocken tragen, am besten auch einen Helm.
Der wichtigste Teil der Ausrüstung ist ein gut sitzendes Brustgeschirr für das Pferd. Wer ein Fahrgeschirr im Stall hat, kann die Leinen direkt am Brustgurt befestigen. Wer improvisieren muss, kann einen Decken-, Longier- oder Westernsattelgurt oder ähnliches verwenden. Dieser muss ordentlich gepolstert sein, damit er nicht reibt. Damit er nicht nach unten rutscht, benötigt man noch eine Leine, die über den Mähnenkamm führt. Diese sollte ein bis zwei Handbreit vor dem Widerrist liegen und möglichst senkrecht nach unten führen, der Brustgurt liegt richtig, wenn er sich eine Handbreit unterhalb des Halsansatzes befindet.
Die Zugleine wird mit Karabinern am Brustgurt eingeschnallt oder verknotet – mit Knoten, die sich leicht wieder öffnen lassen. Sie läuft zwischen Pferdebauch und Reiterbein nach hinten. Damit sie nicht schlackert und sich der Reiter nicht verhaken kann, ist es sinnvoll, sie mit einer kurzen Schnur seitlich am Sattel oder am Sattelgurt zu befestigen.
Auf das Brustgeschirr zu verzichten und die Zugleinen direkt am Sattel zu befestigen, wie man es gelegentlich sieht, empfiehlt sich nicht, da sich das Zuggewicht schlecht auf das Pferd verteilt und der Sattel verrutschen kann. Diese Variante ist allerhöchstens für eine kurze Probefahrt geeignet. Als Zugseil eignet sich eine Doppellonge ebenso gut wie ein Kletterseil oder ähnliches. Etwa 10 bis 15 Meter Länge muss man allerdings einrechnen. Am hinteren Ende wird ein Querholz zum Festhalten befestigt. Ist keines zur Hand, reichen auch zwei eingeknotete Handschlaufen.
Wer es luxuriöser mag und eine Kletterausrüstung besitzt, kann seinen Klettergurt verwenden. Wichtig dabei ist, die Leine keinesfalls direkt durch den Gurt zu schlaufen oder sich auf andere Weise fix ans Pferd zu binden. Immer einen Sicherheitskarabiner oder einen Panikhaken verwenden, der sich auch unter Zugspannung problemlos öffnen lässt und so angebracht ist, dass er sich während der Fahrt schnell und bequem erreichen lässt.
Dann kanns losgehen. Doch Vorsicht: Schijöring macht so viel Spaß, dass es leicht Suchtcharakter annimmt. Wenn Sie Pech haben, verdingen Sie sich den Rest des Winters als Schilift für Ihre Freunde.