Langzeit­studie: Wirkung von Ozon auf den Wald

Wie reagieren Bäume auf erhöhte Ozonwerte? Und wer kommt besser damit zurecht: Laub- oder Nadelbaum? Ein Lang­zeit­ver­such im Waldlabor liefert wichtige Daten.

Was geschieht, wenn Bäume über einen län­ge­ren Zeitraum einer erhöhten Ozonbelastung aus­gesetzt sind? Um Antworten auf diese Fra­ge zu finden, starteten Prof. Dr. Rainer Mat­tys­sek und sein interdisziplinäres For­scher­team von der TU München einen welt­weit ein­zig­ar­ti­gen Feldversuch im Wald­labor im Kranz­ber­ger Forst bei Freising. Dazu wurden rund vier­ein­halb Kilometer perfo­rierte Schläuche im Misch­wald aufgehängt, und gut zwei­tau­send Kubik­meter Kronen­raum über acht Jahre lang mit Ozon begast.

Weltweit einzigartiger Feldversuch im Waldlabor Kranzberger Forst

Waldlabor im Kranzberger Forst.

Mehr als zwei Jahre haben die Wissenschaftler und Techniker des Teams an der Anla­ge getüftelt, mit der große Waldbäume erstmals in ihrer Ganzheit untersucht werden konnten. „Bäume sind durch ihre Größe und Langlebigkeit schwieriger zu unter­suchen als etwa krautige Pflanzen, die empfindlicher reagieren können, und bei kurzen Le­bens­spannen nicht die Frage nach schwierig ermittelbaren Langzeit­wir­kun­gen auf­wer­fen“, erklärt Matyssek.

Doch wie misst man die Ozonwirkung auf das Wachstum von Bäumen überhaupt? „Bei der klassischen Erfassung wird das Dickenwachstum von Bäumen in Brusthöhe ge­mes­sen“, so Matyssek. Diese nur stichprobenartige Messung liefert mitunter falsche Ein­drücke. So zeigt die Fichte in diesem Bereich deutliche Einbußen, die Buche hin­ge­gen nicht. Deswegen wurde bisher angenommen, dass die Fichte unter Ozon­be­las­tung stärker leidet als die Buche, und es bei ihr größere Einbußen im Vo­lumen­zu­wachs gibt. Der Kranzberger Langzeitversuch zeigt hingegen ein anderes Bild.

Buchen litten stärker unter Ozonbelastung als Fichten

Unter Ozoneinwirkung haben Buchen bis zu vierundvierzig Prozent weniger Volumenzuwachs.

„Die Kollegen der Waldertragskunde fanden heraus, dass das Ozon die gesamte Stamm­form verändert“, sagt Matyssek. Mit „Oberweite“ gleicht die Fichte aus, was ihr un­ten fehlt. Die Buche hingegen wird unter der Ozoneinwirkung nach oben hin immer dün­ner. Bis zu vierundvierzig Prozent weniger Volumenzuwachs stellten die Münchner For­scher bei den Buchen fest.

Ein Ergebnis, das nur für die Buche gilt. Die Fichte zeigte im Versuchszeitraum keine auffallende Schädigung, wenn man die gesamte Stammform berücksichtigt. „In den Bäumen wird aber auch der Hormonhaushalt auf Blattebene gestört“, so Matyssek. „Dies wirkt sich bis auf die Feinwurzelbildung und Wurzelatmung aus, die beide infolge der oberirdischen Ozoneinwirkung indirekt erhöht werden. Als Ergebnis wird mehr CO2 aus dem Boden abgegeben.“

Weniger Volumen – weniger Photsynthese – weniger gebundenes Kohlendioxid: Buchen leiden stärker unter Ozonbelastung als bisher angenommen.

Vorallem die Buche kann also weniger Kohlendioxid binden und gibt aus dem umge­ben­den Bodenraum zugleich mehr ab. „Die komplexen Zusammenhänge sind erst an­satz­weise verstanden“, sagt Matyssek. „Angesichts dieser Ergebnisse stellt sich aber die Frage, in welchem Ausmaß der Wald seine Funktion als Kohlenstoffspeicher in Zukunft erfüllen wird. Dies ist natürlich relevant für den weiteren Anstieg der CO2-Kon­zen­tration in der Atmosphäre mit den potentiell klimabedeutsamen Folgen.“

Ozon ist kein Killer, der Bäume über Nacht umbringt

Panik will Matyssek mit dieser Aussage aber nicht verbreiten und auch keine Pau­schal­prog­nose stellen. „Das ist bislang ein Einzelbefund aus einer einzigen Fall­studie“, betont er. „Die Ergebnisse des Versuchs beziehen sich auf einen Test­zeit­raum der letzten acht von bisher sechzig Lebensjahren der Buchen und Fichten im Kranz­ber­ger Forst.“

In der Mikroklimakammer können Photosynthese-Daten gemessen werden.

Da Bäume je nach Alter, Standort und Art anders auf Belastun­gen reagieren, warnt er davor, Pauschalaussagen zu treffen, bevor Ergebnisse aus ver­gleich­baren Studien vorliegen und eine Regionalisierung der Befunde möglich ist.

Fest steht, dass sich der Stoffwechsel der Bäume mit der Ozonbelastung aus­einander­setzt. Der Baum braucht mehr Energie, um mit dem Stress fertig zu werden. Diese Energie fehlt ihm dann in anderen Bereichen. „Ozon ist kein Killer, der Bäume über Nacht umbringt“, fasst Matyssek zusammen. „Auf lange Sicht kann es aber die Fit­ness und Kohlenstoffspeicherung der Bäume einschränken.“

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