Susan­ne Lukács-Ringel: Holz­brand­kera­mik vom En­de des Him­mels

Feuer und Asche geben der Holzbrand­kera­mik ihr charakteristi­sches Aus­sehen. Ein Besuch bei der „Ton­künstle­rin“ Susanne Lukács-Ringel.

Susanne Lukács-Ringel töpfert im Himmel. Wer sie besuchen will, muss erst durch Hölle und Fe­gefeuer. Denn so heißen die drei Ortsteile von Mörsingen, einem winzigen Dorf am Rande der Schwäbischen Alb. Die Töpferwerkstatt ist das letzte Haus, ganz oben, noch über der Kir­che, ganz am Ende des Himmels. Hier hat sich die 45-jährige Töpferin aus Bietigheim-Bis­sin­gen einen Traum erfüllt: einen kleinen Bauern­hof mit Gar­ten, eine Scheune, die als Werk­statt dient, und vor allen Dingen einen ei­genen Holz­brand­ofen.

Der Holzbrandofen wirkt wie aus „Hänsel und Gretel“

Susanne Lukács-Ringel in ihrem Holzbrandofen.

Der lehmverkleidete Zweikammerofen in ihrem Garten ist fast mannshoch, die Brenn­kammer groß genug, um bequem ein Picknick darin zu veranstalten. Er weckt Asso­zia­tionen zu „Hänsel und Gretel“ und wirkt fast ein wenig unheimlich. Nur die Hexe fehlt. Stattdessen taucht aus der kleineren Brennkammer eine sympathische, zierliche Frau auf, die mit ihren lehmigen Fingern und dem Rußstreifen auf der Nase weit jünger wirkt, als sie ist. Susanne Lukács-Ringel ist dabei, den Ofen zu „setzen“.

Holzbrandkeramik: Jedes Stück ein Unikat.

Behutsam schichtet sie ungebranntes Tongut auf die Brennplatten. Jedes Stück wird zu­sätz­lich auf kleine Tonklumpen gesetzt, die mit einer Trennmasse bestrichen werden. „Wad­ding“ heißen diese Tonkügelchen, die notwendig sind, damit die Stücke beim Bren­nen nicht aneinanderkleben. Susanne Lukács-Ringel ist Schwäbin und nennt sie der Ein­fach­heit halber „Böbbel“.

Fast den ganzen Tag braucht sie, bis die kleinere Brennkammer, die „Salzkammer“, ge­füllt ist. Zwischen der Keramik verteilt sie kleine Gefäße mit Salz. Dann mauert sie den Ofen zu – weitere drei bis vier Stunden Knochenarbeit. Offen bleiben zwei Luken, durch die angefeuert wird. Bis auf 1300 Grad wird der Ofen erhitzt, fünfzehn bis zwanzig Stunden lang bleibt das Brenngut im Feuer.

Salzbrand: Natrium und Ton verbacken auf dem Scherben zu einer Glasur

Salzbrandkeramik glasiert sich selbst.

Ganz am Ende des Brandes gibt Susanne Lukács-Ringel Salz in die Brennkammer. Dieses gelangt so in den Ofen, die hohe Temperatur löst eine chemische Reaktion aus, das Natrium wird aus dem Salz gelöst, setzt sich auf dem Tongut ab und „verbackt“ zu einer Glasur, die der Keramik ihr charakteristisches Aussehen verleiht. Dann heißt es warten, bis das Brenngut abgekühlt ist – und hoffen, dass alles so gestapelt war, dass nichts umgefallen und zerbrochen ist. Erst nach zwei bis drei Tagen kann die Mauer vor dem Ofen wieder entfernt und der Ofen geleert werden.

Etwa alle sechs Wochen wiederholt Susanne Lukács-Ringel diese Prozedur, die viel Achtsamkeit und Geduld erfordert. Die große Ofenkammer benutzt sie nur einmal im Jahr. Zwei bis drei Tage dauert hier das Setzen und Zumauern, der Brand selbst be­nö­tigt etwa vier Tage und Nächte, in denen die Temperatur möglichst konstant ge­hal­ten und ständig neues Holz nachgelegt werden muss. Körperliche und mentale Schwer­ar­beit. Ohne Unterstützung geht das nicht. „Holzbrand braucht Freunde“, bringt die Töpfe­rin es auf den Punkt.

Gebrauchskeramik aus dem Holzofen.

Rund fünfzehn Raummeter Holz sind für einen einzigen Brand in der großen Brenn­kam­mer notwendig. Um das ein wenig auszugleichen, hat sich Susanne Lukács-Rin­gel an­ge­wöhnt, nach jedem großen Brand einen Baum zu pflanzen. Mit eso­te­ri­schem Schnick­schnack hat das nichts zu tun – es ist einfach ihre Art, „den Kreis­lauf zu er­halten“. Aus tief emfpundenem Respekt heraus, nicht aus Effekt­ha­scherei.

Beim Holzbrand steht die Keramik direkt im Feuer

Das Besondere beim Holzbrand ist, dass es keine Trennung zwischen Brenn- und Feu­erraum gibt. Die Keramik, der „Scherben“, steht direkt im Feuer und beginnt ab et­wa sechshundert Grad zu glühen. Mit den Flammen kann die Flugasche durch den ge­sam­ten Ofen strömen. Wegen der konstant hohen Temperaturen reagiert die Flug­asche, die sich auf den Gefäßen ansammelt, mit dem Quarz im Scherben. Da­durch bil­det sich eine verschieden stark ausgeprägte Ascheglasur, die auszuschmelzen be­ginnt. Kera­mik, die im Holzbrandofen hergestellt wird, muss daher vor dem Brennen nicht gla­siert werden. Sie glasiert sich gewissermaßen selbst.

Feuer und Asche geben der Holzbrandkeramik ihr charakteristisches Aussehen.

Mit Hilfe des Feuers entstehen die charakteristischen Farbeffekte, Kristalle und Flamm­spuren, die auf andere Weise nicht zu erreichen sind. Die Farbpalette reicht da­bei von Braun-Tönen über Rot bis hin zum selteneren Grün- und Blau-Grau. Keine zwei Stücke sehen gleich aus – was genau bei so einem Brand herauskommt, weiß nicht einmal Susanne Lukács-Ringel im voraus. Zu viele Faktoren beeinflussen das Er­geb­nis: die Brenndauer, die Temperatur, die Position der Stücke im Ofen, die Art des Brennholzes und sogar die Wetterlage und die Mondphasen. „Man wird immer über­rascht, aber nie enttäuscht“, fasst die Töpferin ihre Erfahrungen mit dem Holzbrand zusammen.

Schnupperkurse: Holzbrand und Töpfern für Künstler und Interessierte

2005 hat Susanne Lukács-Ringel ihren Ofen – einen von dreien in Baden-Württemberg – gebaut und ist auf den traditionellen Holzbrand umgestiegen. Ein Sprung ins kalte Wasser, der ihre keramische Richtung neu definiert hat. Ihre unverschnörkelte Ge­brauchs­ke­ramik besticht durch klare Linien; wichtigstes Gestaltungsmittel bleiben Feu­er und Asche. Das Brennen, bei dem sich Material, handwerkliches Können und Zufall vereinen, gehört mit zum kreativen Prozess.

Handarbeit: Susanne Lukács-Ringel bietet Kurse an der Töpferscheibe an.

Nur wenige Töpfer in Deutschland brennen ihre Keramik im Holzofen, nur eine Handvoll hat den Platz und die Möglichkeit, sich einen eigenen Ofen zu bauen. Für Künstler, Ke­ra­mi­ker oder einfach nur Neugierige bietet Susanne Lukács-Ringel daher in regel­mäßi­gen Workshops die Möglichkeit, Einblick in die Technik des Holzbrandes zu bekom­men.

Auch wer seine eigene Keramik brennen lassen will, sei es im Holzbrand­ofen oder im kon­ven­tio­nel­len Elektroofen, ist bei ihr an der richtigen Adres­se. Zudem stellt sie ihr blumenüberwuchertes Gelände im Mörsinger Himmel für Mal-, Foto­gra­fier- oder Schreibkurse zur Verfügung. Auch Interessierte, die das Töpfern auf der Dreh­scheibe er­lernen wollen, sind bei ihr willkommen – sofern sie den Weg in ihre Töpferwerkstatt im doch recht abgelegenen Himmel finden.

Meisterhaftes Raku: Praktische Wege und Rezepte

„Meisterhaftes Raku“ bietet eine umfassende Darstellung der Rakutechnik: Formen und Gestalten, Brennen, Nachbehandlung. Sowohl Neulingen wie auch Rakuprofis eröffnen sich mit kompakten und präzisen Anleitungen neue künstlerische Ausdrucksmöglichkeiten. Das Buch deckt von der Auswahl geeigneter Massen, Form- und Brenntechniken bis zu raffinierten Verfeinerungen alle relevanten Bereiche ab. Brennöfen und Ofeneigenbau werden ebenfalls ausführlich behandelt.

Niedrigbrand: Reizvolle Farben und Effekte mit Raku, Rauch- und Kapselbrand

Fünf erfahrene Keramiker, die sich intensiv mit Niedrigbrand- und Schnellfeuerungsprozessen beschäftigt haben, verraten ihre Methoden und Geheimnisse und geben genaue Anweisungen zum Bau einfacher Öfen, die für die meisten in diesem Buch vorgestellten Verfahren ausreichen. Verschiedene Brennmethoden wie Raku, Kapsel-, Tonnen- und Grubenbrand ergeben ungeahnte Farbenspiele und Oberflächenmuster. Dieses Buch illustriert auf einzigartige Weise die ganze Bandbreite der Vorgänge und Ihre möglichen Resultate.

Raku: Ein praktischer Weg

Raku-Brand aus Amerika: Neben wunderbaren Bildern von Raku-Keramiken liefert dieses Buch nicht nur etwas über die Philosophie hinter der Brenntechnik, sondern auch jede Menge technisches Wissen über Massen, Glasuren, Brennvorgänge, Ofenbau und Sicherheit. Besonders löblich: Anders als bei anderen Büchern aus den USA sind sowohl die Zutatenlisten als auch die Maßeinheiten den europäischen Möglichkeiten und Bedürfnissen angepasst.

Die Kunst des Raku: Geschichte. Künstler. Oberflächen. Tone und Massen. Schneller Brand. Räuchern.

Hier wird ein einmaliger sensibler und technischer Zugang zu dieser keramischen Kunst geboten: Die abgebildeten Kunstwerke erlauben allen, den Geist des Raku zu verstehen - die Schönheit des Unvollkomenen, Unvollendeten und Unregelmäßigen und - darüber hinaus - die Begegnung von Orient und Okzident. Alle Arbeitsschritte des Raku werden im Einzelnen erklärt - die Auswahl der Tone und Massen, das Formen und Glasieren, die Wahl des Ofens und das schnelle Brennen, Lüster und unterschiedliche Räucher-Techniken.

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Irene Poulton beleuchtet die Ursprünge der Raku-Brenntechnik und stellt mehr als dreihundert Glasur-Rezepte vor. Englische Ausgabe!

Rauchbrand: Zeitgenössische Keramikkünstler und ihre Gestaltungskonzepte

Rauchbrand ist eine seit der Frühzeit gebräuchliche Methode, um rohen Ton zu harter, dauerhafter Keramik zu brennen. Gleichzeitig eignet sich der Rauchbrand ausgezeichnet für dekorative Effekte. Die manchmal nicht vorhersehbaren Vorgänge beim Brand erlauben zahllose Variationen, sie fördern das Improvisieren und Experimentieren und somit die künstlerische Kreativität. Ergänzend zum offenen Feldbrand werden ausführlich Tonnen-, Gruben-, Kapsel- und Ofenbrand dargestellt. Abschließend folgen Tipps für Rauchbrände mit Gruppen im Schulunterricht und bei Workshops.

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