Vom Minnesänger zum Journalisten: Eine kurze Be­rufs­ge­schichte

Nicht nur die Form, sondern auch die Art der Nachrichten­über­mitt­lung hat sich in den letzten Jahr­hunder­ten gewandelt.

Wenn im Mittelalter die Minnesänger von Stadt zu Stadt zogen und an den Höfen ihre Epen und Lie­beslieder vortrugen, brachten sie auch die neu­es­ten Nachrichten mit. Obwohl es im Mit­tel­al­ter und in der beginnenden Neuzeit noch kei­ne Be­rufs­jour­nalisten gab, könnten die Minne­sän­ger als deren „Väter“ bezeichnet wer­den.

Briefe waren die ersten „Zeitungen“

Zeitungen: Meinungsmachend und im Idealfall informativ. Oma jedenfalls freut sich über Neuigkeiten, Klatsch und Tratsch aus dem Dorfpranger-Universum.

Im 14. und 15. Jahrhundert kamen „Brief­zei­tun­gen“ auf, die als Vorläufer der heu­ti­gen Zei­tun­gen gelten. Besonders für Kauf­leute war der Aus­tausch von Neuigkeiten wich­tig – vie­le Han­dels­häuser und/oder Fürsten unter­hiel­ten in den wichtigen politischen und wirtschaftlichen Me­tro­polen der damaligen Zeit (Augs­burg, Wien, Venedig, etc.) bezahl­te Korres­pon­den­ten. Neben geschäft­lichen und wirt­schaft­lichen Belangen wurden in diesen Brief­zei­tun­gen oftmals auch Klatsch­ge­schich­ten wei­ter­gegeben.

Die ersten „echten“ Journalisten tauchten mit der Verbreitung von geschriebenen und gedruckten Zeitungen auf. Der Übergang von der Briefzeitung zu dieser Form der Nach­richtenübermittlung lässt sich nicht genau datieren; doch im 16. Jahrhundert er­lebten Zeitungen eine Hochblüte.

Die offizielle Berichterstattung der damaligen Zeit war neutral vermittelnd: In den Amts­blättern der Stadtbehörden wurden Nachrichten unkommentiert und in der Rei­hen­fol­ge, in der sie einliefen, untereinander geschrieben. Zeitungsboten, Drucker und Ab­schrei­ber beeinflussten vielerorts nicht nur die Form, sondern auch den Inhalt ihrer Nach­rich­ten und Zeitungen: Anders als die amtlichen Zeitungen waren diese Blät­ter von Sen­sa­tions­mel­dungen geprägt. Die Meinungsäußerung dieser frühen Jour­na­listen war durch Zensur beschnitten.

Karl Marx und Heinrich Heine: Vertreter des politisch-literarischen Jour­na­lis­mus

Mitte des 18. Jahrhunderts ging der neutral vermittelnde Journalismus in den schrift­stel­le­risch-kom­men­tierenden Journalismus über. Die Zeit der Aufklärung ver­än­derte die politische und gesellschaftliche Struktur Europas, was sich auch auf die Be­richt­er­stat­tung auswirkte: Die Presseerzeugnisse dieser Zeit waren geprägt von phi­lo­so­phi­schen Disputen, politischen Fragen und dem Kampf um die Freiheit des Den­kens und der Mei­nungsäußerung.

Die Journalisten jener Zeit waren Autoren, Herausgeber und Verleger in einer Person. He­raus­ragende Vertreter dieses anspruchsvoll-literarischen und politischen Jour­na­lis­mus waren zum Beispiel der Verleger Friedrich Cotta, der 1798 die „All­ge­mei­ne Zei­tung“ gründete und Karl Marx, der seine politischen Ideen in der „Rhei­ni­schen Zei­tung“ publi­zierte. Ein Höhepunkt des politisch-literarischen Journali­smus wurde mit den Schrift­stel­lern des „Jun­gen Deutsch­land“ erreicht, deren be­kann­tes­ter Ver­tre­ter Heinrich Heine ist.

Chance und Herausforderung: Der redaktionelle Internetjournalismus

Der redaktionelle Journalismus entstand nach der Aufhebung der Zensur. Er vereint den frühen korrespondierend-vermittelnden und den schriftstellerischen Journalismus. Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelten sich neue Formen von Tageszeitungen und Magazinen, und Journalist wurde zu einem ganztägig ausgeübten Hauptberuf. Die Funk­tionen von Verleger, Herausgeber und Redakteur, die früher oft in einer Person ver­eint waren, entwickelten sich zu eigenständigen Berufen. Im journalistischen Bereich bil­de­ten sich einzelne Ressorts (Politik, Kultur, Wirtschaft, etc.) heraus.

Im redaktionellen Journalismus, der heute vorherrscht, haben sich zahlreiche schriftliche Formen der Nachrichtenübermittlung entwickelt: Unkommentierte Nachrichten (zum Beispiel der Wetterbericht) und Fachartikel sind ebenso Teil heutiger Zeitungen und Zeitschriften wie Kommentare und Hintergrundreportagen.

Das Internet bringt Journalisten und Redakteuren eine Fülle neuer Möglichkeiten, wie zum Beispiel die zeitnahe Berichterstattung und die schnelle Aktualisierbarkeit von In­halten, aber auch neue Herausforderungen: Der Konkurrenzdruck ist um ein Viel­fa­ches höher, die Fülle der Informationen enorm und das Leserverhalten zunehmend „eili­ger“. Der Jour­nalismus hat eine lange Geschichte – der Internetjournalismus steckt heu­te erst in den Kinderschuhen.

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