Der richtige Schulranzen für mein Kind

Geräumig, leicht, rückenschonend, nachhaltig hergestellt und obendrein schön anzuschauen: Schulranzen sollen eine eierlegende Wollmilchsau sein. Worauf Sie beim Kauf achten sollten.

Früher war es einfach. Ein Schulranzen musste nur eine einzige Bedingung erfüllen: Er musste den Inhalt zuverlässig vor Nässe und Beschädigung schützen. Alles andere war, salopp gesagt, vollkommen wurscht. Ob er dem Kind gefiel? Egal. Wo, wie und woraus er hergestellt war? Hauptsache robust und günstig. Ob er rückenschonend zu tragen war? Zweitrangig. Das hat sich in der Geschichte des Schulranzens drastisch geändert.

Wie schwer darf ein Schulranzen sein?

Schulranzen
Gepolsterte, verstellbare Schultergurte, ein Bauchgurt und ein gepolsteres, atmungsaktives Rückenteil sind wesentlich, damit das Gewicht gut auf die Wirbelsäule verteilt wird.

Ergonomische Überlegungen spielen eine zunehmend stärkere Rolle in der Schulranzenherstellung und beim Schulranzenkauf. Unter Ergonomie versteht man Maßnahmen, die dazu dienen, Arbeitsumfeld, -geräte und -abläufe von Menschen so zu optimieren, dass der Mensch bei kleinstmöglicher körperlicher Belastung das bestmögliche Arbeitsergebnis erzielen kann. Für den Schulranzen bedeutet das: Er soll das Gewicht so verteilen, dass die Wirbelsäule so wenig wie möglich belastet wird.

Das ist vor allem für kleinere Kinder extrem wichtig, da die Wirbelsäule noch im Wachstum und damit anfällig für Schädigungen ist. In Deutschland bekommen fast fünf Prozent der Kinder unter dreizehn wegen Rückenschmerzen Physiotherapie verschrieben. Bereits bei der Schuleingangsuntersuchung fallen bei zunehmend mehr Kindern Haltungsschwächen und Haltungsschäden auf – Rückenschmerzen sind bei Kindern die vierthäufigste Schmerzursache. Inwieweit unpassende und zu schwere Schulranzen dafür mitverantwortlich sind, ist nicht abschließend geklärt, aber die Wahl eines leichten, optimal passenden Modells minimiert die zusätzliche Belastung der Wirbelsäule.

Früher galt die Faustregel, dass Kinder nicht mehr als zehn Prozent ihres eigenen Gewichts auf dem Rücken tragen sollten. Für einen kleinen, zierlichen Grundschüler mit 25 Kilo wären das gerade mal zweieinhalb Kilo. Geht man von einem Leergewicht des Schulranzens zwischen 800 und 1400 Gramm aus, ist die 10-Prozent-Regel in der Realität oft gar nicht praktikabel.

Scout Schulranzen 90er
Klassisch-eckige Tornisterform, viele Neuerungen: Der „Scout“ revolutionierte die Schulranzenwelt. Dieses Modell aus den 90ern aus Nylon mit Pappkern hat reflektierende Schnallen und verstellbare Schultergurte. Eine ergonomische Rückenpolsterung und einen Bauchgurt gab es damals noch nicht.

Nach neueren Studien der Bundesarbeitsgemeinschaft für Haltungs- und Bewegungsförderung liegt die kritische Grenze für das Gewicht auf dem Kinderrücken bei fünfzehn Prozent des Körpergewichts. Mit Schädigungen der Wirbelsäule ist vor allem dann zu rechnen, wenn es zu einer dauerhaften Über- oder Fehlbelastung kommt – je länger der Schulweg, desto problematischer wird es.

Ob Schultrolleys sich als rückenschonende Alternative zum Ranzen eignen, ist auch unter Experten umstritten. Zwar wird das Gewicht nicht getragen, aber die einseitige Haltung beim Ziehen des Trolleys ist für die Wirbelsäule ungünstig. Zudem müssen Trolleys auf Treppen, an Bordsteinen oder beim Ein- und Aussteigen in den Bus angehoben werden. Das geschieht dann einhändig. In Summe wird die körperliche Belastung durch einen Trolley nicht besser bewertet, als die eines normalen Schulranzens.

Unterm Strich muss jedes Kind individuell betrachtet werden: Ein unsportliches, stark übergewichtiges Kind kannzwar rein rechnerisch mehr tragen, als ein körperlich fittes normalgewichtiges Kind – tatsächlich wird die Gefahr von Fehlhaltungen oder Rückenschäden für das erste Kind aber höher sein, immerhin trägt es durch das Übergewicht bereits zu viel überschüssiges Gewicht auf den Knochen und Gelenken.

Deutlich wichtiger für die Rückengesundheit sind übrigens gut passende Sitzmöbel und aureichend Bewegung, die die Rückenmuskulatur stärkt. Sportarten wie Schwimmen, Reiten, Klettern, Radfahren, Turnen und Kampfsport eignen sich perfekt dafür.

Die richtige Tragetechnik und Passform des Schulranzens

Kind mit Schulranzen
Auf die Passform kommt es an: Der Ranzen soll eng am Rücken liegen, damit keine Hebelkräfte entstehen. Die obere Kante sollte mit den Schultern abschließen, die untere mit der Hüfte – dieser Ranzen sitzt also deutlich zu hoch am Rücken.

Mindestens ebenso wichtig wie das Gewicht als solches, ist die Verteilung dieses Gewichts. Dafür muss der Ranzen richtig sitzen und die richtige Größe haben. Ein passender Ranzen ist nicht breiter als Schulterbreite. Die obere Kante schließt mit den Schultern ab; die untere etwa in Hüfthöhe. Das Rückenteil sollte gut gepolstert und belüftet sein; die Polsterung soll rechts und links der Wirbelsäule möglichst auf der gesamten Länge gleichmäßig aufliegen und dick genug sein, dass sich Ecken und Kanten von Schulbüchern nicht in den Rücken drücken.

Der Ranzen soll stets mit beiden Schultergurten getragen werden – achten Sie darauf, dass diese gleich lang eingestellt sind. Rucksäcke und Ranzen, die lässig über einer Schulter hängen, mögen unter Jugendlichen als cool gelten – für den Rücken sind sie auf Dauer Gift. Die Belastung ist einseitig und muss entsprechend ausgeglichen werden – Fehlhaltungen, Verspannungen und eine schiefe Bemuskulung bis hin zu Verkrümmungen der Wirbelsäule können die Folge sein.

Damit der Ranzen gut passt, sollten Sie ihn nicht „blind“ kaufen. Nehmen Sie Ihr Kind zum Kauf mit, lassen Sie es den Ranzen im Geschäft probetragen, am besten auch mit Gewicht. Und geben Sie lieber ein paar Euro mehr für einen gut sitzenden Schulranzen aus – das kann beim Turnbeutel, der Federtasche oder anderem Zubehör wieder eingespart werden.

Schulranzen
Hauptsache cool! Kinder haben bei Schultaschen klare Präferenzen – Eltern stellt es angesichts dieser Auswahl eher die Nackenhaare auf …

 

Der Ranzen soll so fest und eng am Rücken anliegen, wie möglich. Das wird durch verstellbare, gepolsterte, mindestens vier Zentimeter breite Schulterriemen und einen gut sitzenden Beckengurt gewährleistet. Ein zusätzlicher Brustgurt ist dann sinnvoll, wenn das Kind schmale Schultern hat, und die Riemen herunterrutschen.

Schulranzen
Schulranzen mit nur einem großen Innenfach sind eher die Ausnahme, meistens ist der Innenbereich unterteilt. Egal ob mit oder ohne Teilung: Schwere Bücher gehören an den Rücken, leichte Gegenstände können oben, vorne oder in den Außentaschen verstaut werden.

Je dichter das Gewicht und damit der Schwerpunkt des Ranzens an der Wirbelsäule liegen, desto aufrechter kann die Wirbelsäule beim Tragen bleiben. Zu locker sitzende, zu große, zu schwere oder einfach nur falsch gepackte Rucksäcke führen dazu, dass das Kind beim Tragen dauerhaft den Kopf nach vorne neigt oder sich sogar komplett nach vorne lehnt, um den falsch sitzenden Schwerpunkt auszugleichen. Das bringt auf Dauer Kreuzschmerzen mit sich.

Schwere Utensilien gehören daher im Ranzen nach hinten an den Rücken; leichte in die Seiten- und Vordertaschen. So kommt der Schwerpunkt möglichst dicht an die Wirbelsäule. Das verhindert ungünstige Hebelkräfte. Packen Sie den Ranzen möglichst symmetrisch – optimal ist, wenn auf beiden Schulterriemen gleich viel Gewicht lastet. Schwere Trinkflaschen also lieber mittig als seitlich verstauen.

Den Ranzen rückenschonend zu packen, müssen Kinder erst lernen – helfen Sie ihnen in der ersten Zeit dabei und kontrollieren Sie regelmäßig, was sich so alles an zusätzlichen Dingen im Ranzen angesammelt hat: Sammelalben, Bastelmaterial, Spielzeug und Krimskram „verirren“ sich gerne mal in den Schulranzen. Die Schultasche jeden Tag neu zu packen spart Gewicht, denn so werden nur die Dinge mitgeschleppt, die wirklich gebraucht werden.

Von Sicherheit bis Nachhaltigkeit: Was es sonst noch zu bedenken gibt …

Schulranzen Set
Schulranzen, Turnbeutel und Federmäppchen im Set zu kaufen, ist oft günstiger. Vor allem bei Kindern, die zum Vergessen von Schulsachen neigen, hilft zudem der Wiedererkennungswert.

Damit Schulkinder im Straßenverkehr auch bei Schmuddelwetter gut gesehen werden, muss ein Schulranzen zusätzlich zu allen anderen Anforderungen auch ein Mindestmaß an Verkehrssicherheit mitbringen. Die DIN-Norm 58124 für Schulranzen regelt, dass mindestens zwanzig Prozent der Schultasche aus fluoriszierendem Material in den Farben Orange-Rot und Gelb hergestellt sind. Zehn Prozent der Vorder- und Seitenflächen müssen reflektieren. Achten Sie beim Kauf darauf, ob der Ranzen die Norm erfüllt – oder ob es sich um ein billiges Nachahmerprodukt handelt, das sich schwammig formuliert an die Norm anlehnt, ohne sie zu erfüllen.

Ein guter Schulranzen ist zudem wasserdicht – auch das stellt die DIN-Norm 58124 sicher. Er verfügt über mindestens zwei Innenfächer, idealerweise verstellbar, und ausreichend Seitentaschen. Zubehör und Details machen aus einem guten Ranzen manchmal erst den perfekten Ranzen. Das kann ein Schlüsselring an der richtigen Stelle, ein separates Steckfach für die Trinkflasche, ein zusätzlicher Hüft- oder Schultergurt, ein Regenschutz oder ein kleines Außenfach für Kleingeld und Busfahrkarte sein.

Scout Schulranzen 90er
Plastik, Nylon, Pappe: Besonders nachhaltige Materialien werden in Schulranzen nicht verarbeitet, dennoch engagieren sich namhafte Markenhersteller darum. Wer selbst dazu beitragen möchte, kann das mit der Nutzung eines gebrauchten Ranzens tun: Dieser Scout aus den 90ern begleitete zwei Kinder durch die Grundschulzeit und hat heute ein zweites Dasein als praktischer Aufbewahrungsort für Schuhputzzubehör.

Oft ist es günstiger, Schulranzen, Turnbeutel und Federmappe im Set zu kaufen – hier lässt sich vor allem dann sparen, wenn es auch ein Vorjahresmodell sein darf. Ein weiterer Vorteil des Set-Kaufs: Der einheitliche Look der Schulsachen hat einen hohen Wiedererkennungswert und verringert die Wahrscheinlichkeit, dass der Turnbeutel in der Umkleide auf Nimmerwiedersehen verschwindet, oder der falsche zuhause ankommt.

Ein eher neuer Aspekt ist Nachhaltigkeit. Die meisten Schulranzen bestehen zum Großteil aus Plastik und Kunstfasern, enthalten Weichmacher und andere Materialien, die aus Nachhaltigkeitssicht keinen Preis gewinnen. Dennoch engagieren sich manche Hersteller für den schonenden Umgang mit Ressourcen. Die Marken Scout, ergobag und McNeill zählen nicht nur zu den bekanntesten Herstellern, sondern setzen in der Produktion auch auf Nachhaltigkeit. So fertigt zum Beispiel McNeill seine Schulranzen ausschließlich in Deutschland.

Zu guter Letzt das Wichtigste: Das Kind muss seinen Ranzen mögen

Kind mit Schultüte und Schulranzen
Mehr als nur ein Gepäckstück: Der Eintritt ins Schulalter stellt für ein Kind einen wichtigen neuen Lebensabschnitt dar. Der Schulranzen ist dafür ein Symbol.

Mit Erreichen der Schulreife beginnt für Kinder ein wichtiger neuer Lebensabschnitt. Der erste Schulranzens symbolisiert den Übergang vom Kindergarten- zum Schulkind. Das macht den Schulranzenkauf für die meisten Kinder emotional zu einer weit größeren Sache, als einfach nur zur Anschaffung eines notwenigen Utensils. Nehmen Sie darauf Rücksicht – gefühlt ist es für ein Kind ein Drama epochaler Güte, den ersten Schultag (und die darauf folgenden Jahre) mit einem Ranzen zu bestreiten, der ihm peinlich ist, oder für den es sich sogar schämt. Ein „Wohlfühl-Ranzen“ erleichtert den Start ins Schulleben und schafft eine positive Atmosphäre der Vorfreude.

Die meisten Kinder verwenden ihren Ranzen länger als ein Jahr – bedenken Sie das auch beim Kauf und wählen Sie in Absprache mit Ihrem Kind ein Design, von dem anzunehmen ist, dass es dieses auch noch in zwei oder drei Jahren mag.

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner