Durch den Wind: Wetterhähne und Windfahnen

Windfahnen zählen zu den ältesten Geräten der Wetterbeobachtung. Die Winde wurden als Götter verehrt, und der Wetterhahn mahnt bis heute zur Glaubenstreue.

Für unsere Vorfahren war es nicht nur im übertragenen Sinne wichtig zu wissen, woher der Wind weht: Die ländliche Produktion von Lebensmitteln war (und ist) vom Wetter abhängig – ein falsch eingeschätzter Erntezeitpunkt konnte großen Schaden anrichten.

Palast der Winde: Von Göttern und Pferden

Im antiken Griechenland gab es gleich acht Windgötter – einen für jede Hauptwindrichtung, und einen für die Zwischenschritte. Die Windgötter nahmen vielerlei Gestalt an, und zeigten sich gerne als Pferde. Angeblich sollen die Stuten vom Nordwind trächtig geworden sein.

Aus der Naturbeobachtung entstanden der phänologische Kalender, Bauernregeln und Lostage – aber auch Wetterbeobachtungsgeräte wie Thermometer, Luftdruckmesser oder Wetterfahnen. Windfahnen gehörten vermutlich zu den frühesten Geräten zur Wetterbeobachtung: die ersten urkundlichen Erwähnungen finden sich in einem chinesischen Text aus der Zeit um 140 v. Chr.

Auch im antiken Griechenland wurde der Wind beobachtet und gedeutet: Der „Turm der Winde“ in Athen gilt als erste Wetterstation der Welt und war neben einer Kombination aus Sonnenuhren auch mit einer Windfahne in Gestalt eines brozenen Tritons (ein Meeresgott) ausgestattet.

Wie wichtig die Winde waren zeigt auch, dass es nicht nur einen, sondern acht Windgötter gab – einen für jede Windrichtung. Ihre Reliefs zieren die Wände des achteckigen Bauwerks. Der laue Westwind brachte den Frühling, der kalte Nordwind den Winter, und der stürmische Südwind den Sommer. Eine vierte Jahreszeit gab es in der Antike vorerst nicht.

Auch das Arabische Pferd ist der Legende nach ein Kind des Windes – anders als bei den Griechen wurde es nicht vom Nordwind gezeugt, sondern von Allah aus dem Südwind geschaffen.

Die Götter des Windes nahmen die Gestalt geflügelter Menschen an, zogen als Pferde den Wagen des Zeus, und befruchteten die Stuten: Die Pferdezüchter glaubten, die Stuten würden vom Boreas (Nordwind) trächtig, dem sie sich entgegenstellten. Die Herden wurden daher im Frühling auf die Weiden an der Steilküste getrieben, um sie vom meerwärts wehenden Wind begatten zu lassen.

Auch das Arabische Pferd gilt als ein Geschöpf des Windes: Allah nahm eine Hand voll Südwind, hauchte ihm seinen Atem ein und erschuf ein Pferd, das schnell wie der Wind laufen konnte. Bis heute wird das Arabische Pferd auch „Trinker der Lüfte“ genannt.

Hart am Wind: Wetterfahnen als Instrument der Seefahrt

Die Beobachtung des Windes war nicht nur für Bauern und Pferdezüchter interessant, sondern auch für Seefahrer. Immerhin waren es die Winde, die ihre Schiffe an ferne Gestade trugen, die eine Flotte zerstören oder „in alle Winde“ zerstreuen konnten.

Für Seeleute auf Segelschiffen waren genaue Kenntnisse über die Winde sowie Messungen der Windrichtung und Windstärke überlebensnotwendig.

Im europäischen Raum waren ab dem achten Jahrhundert Windfahnen an den Schiffsmasten üblich. Erwähnung verdienen besonders die metallenen Schiffsfahnen der Wikinger, die mit Ornamenten und Tierfiguren verziert waren und teilweise statt der bekannteren Drachenköpfe am Vordersteven der Langschiffe befestigt waren.

Manche der abnehmbaren Fahnen war vergoldet – einige kamen in die Obhut der Kirche, wo sie auf dem Kirchendach oft länger überlebten als die Schiffe, für die sie ursprünglich gemacht wurden. Nur diesere goldenen Schiffsfahnen sind bis heute erhalten geblieben. Ob sie wirklich zur Anzeige der Winde dienten, ist unklar: Nachbauten der bis zu 2,15 kg schweren Goldfahnen erwiesen sich für diesen Zweck als ungeeignet.

Der Hahn auf dem Dach: Von Verrat und Weitsicht

Wetterhahn
Als Scherenschnitt oder als Plastik ausgeführt krönt der Wetterhahn auch heute noch manchen Kirchturm. Von dort oben erinnert er daran, sich in Glaubensfragen nicht nach dem Wind zu drehen.

Von allen „Windtieren“ ist der Wetterhahn der häufigste. Er steht in enger Verbindung mit dem christlichen Glauben und wird oft mit der Bibelstelle aus dem Neuen Testament in Verbindung gebracht, in der Jesus seinem Jünger Petrus prophezeit, dieser werde ihn dreimal verraten, ehe der Hahn kräht.

Prompt kommt es so, und es liegt nahe, den Hahn auf der Kirchturmspitze mit dem reuigen Petrus in Verbindung zu bringen. Der Hahn ermahnt dazu, in Glaubens- und Freundschaftsdingen kein „Fähnlein im Wind“ zu sein und weder Freund noch Glaube zu verraten, nur weil es mal schwierig wird.

Ob die bittere Reue Petri tatsächlich das vorherrschende Motiv für das Anbringen von Wetterhähnen ist, ist umstritten: Immerhin gilt der Hahn nicht als Symbol für den Apostelfürsten, dessen Attribut die Schlüssel des Himmelreichs sind.

Krähender Hahn
Der Hahn weiß, wann der Tag anbricht: Schon in der Antike galt er daher als Tier der Weitsicht und des Lichts. Das Christentum übernahm diese Symbolik.

Eine andere Deutung des Wetterhahns bezieht sich auf die Symbolik des anbrechenden Tags, denn schon in vorchristlicher Zeit galt der Hahn als  Vogel des Lichts. Ausgestattet mit prophetischem Wissen verkündete der Hahn noch vor Tagesanbruch zuverlässig den neuen Tag.

Auch Jesus wird als Lichtbringer bezeichnet – so wie der Hahn das Ende der Nacht herbeiruft und die Menschen aufweckt, so besiegt Christus die Dunkelheit von Sünde und Tod, und erweckt zum Glauben und zum ewigen Leben. Der Hahn auf dem Kirchturm wird damit nicht nur zur Mahnung vor Verrat, sondern auch zur Metapher für Licht, Wachsamkeit und Weitsicht.

Katholisch oder evangelisch? Wetterhähne mit Konfession …

„Ein Hahn ist katholisch, ein Kreuz evangelisch“, heißt es oft, doch diese einfache Regel stimmt nicht. Auch wenn Wetterhähne in den meisten Regionen deutlich häufiger auf katholischen Kirchen sitzen, ist ihr Fehlen kein verlässliches Indiz dafür, dass man es mit einer evangelischen Kirche zu tun hat – diese Kreuze stehen auf dem katholischen Münster Zwiefalten. In Norddeutschland ist der Hahn überwiegend auf protestantischen Kirchen zu finden.

Der älsteste bekannte Wetterhahn wurde 820 von Bischof Rampertus in Brescia/Italien in Auftrag gegeben. Der Vogel aus Bronze zierte die Kirche des Klosters mehr als tausend Jahre lang: Erst 1891 wurde der Wetterhahn abgenommen und ist heute im Museo di Santa Giulia in Brescia ausgestellt.

Keine schriftlichen Belege gibt es für die gelegentlich zitierte Behauptung, die Päpste Gregor der Große (540 bi 606) und (820 bis 867) hätten die Anbringung von Wetterhähnen auf Kirchtürmen angeordnet. Auch die Aussage, Wetterhähne ständen grundsätzlich nur auf katholischen Kirchen, stimmt nur, wenn man Norddeutschland ignoriert, denn anders als sonst üblich, sind die Hähne hier ein Zeichen für protestantische Kirchen.

Eine Ausnahme stellt die Alte St.-Alexander-Kirche in Osnabrück dar: Sie ist der einige bekannte Fall, in dem eine Henne den Kirchturm schmückt. Der Legende nach soll Kaiser Karl der Große dafür verantwortlich sein. Nach seinem Sieg über den Sachsenkönig Wittekind ließ er auf den Überresten eines heidnischen Tempels eine Kirche bauen. Die Henne auf dem Turm sollte noch viele weiter Kirchen ausbrüten.

Wetterhähne schützen vor Blitz und Feuer

Bei starkem Wind kann es einen Wetterhahn schon mal vom Dach wehen, vor allem, wenn er sich nicht mit dem Wind drehen kann. Mehr vom leidgeplagten Wetterhahn auf www.dorfpranger.de.

Die frühen Wetterhähne saßen auf ihren Kirchendächern wortwörtlich fest: Sie waren ein unbewegliches Bauteil von eher dekorativem Nutzen. Zum Wetterhahn wurden sie wohl eher nebenbei. Ein fest montierter Hahn bot dem Wind mehr Angriffsfläche – bei starkem Sturm war dadurch das Risiko höher, dass der Vogel aus der Verankerung gerissen wurde und davonflog.

Schäden an Hahn, Menschen und Kirche wurden minimiert, wenn der senkrecht stehende Hahn sich mit dem Wind drehte und dadurch immmer nur die geringstmögliche Angriffsfläche hatte. Das ist auch der Grund, warum Wetterhähne den Schnabel in den Wind strecken: Der Schwanz bietet dem Wind mehr Angriffsfläche und wird „weggedreht“.

Ebenfalls eher zufällig erkannten Menschen, dass ein metallener Wetterhahn auf der höchsten Spitze der Umgebung bei Gewitter die Blitze anzieht. Verband man den Metallgockel mit einem starken Draht, konnte der Vogel die Energie des Blitzes direkt in den Boden ableiten, statt in den Kirchturm. Der Wetterhahn schütze so vor dem Feuer im Dachstuhl, das auch „der rote Hahn auf dem Dach“ genannt wurde.

Ein Wetterhahn, der seinen Job ernst nimmt, zeigt mehr als nur die Windrichtung! Mehr vom leidgewohnten Wetterhahn auf www.dorfpranger.de

Zum leichteren Ablesen der Windrichtung, wurden Wetterhähne und andere Wetterfahnen oft mit einer Windrose kombiniert. So war schon von ferne gut zu sehen, woher der Wind weht. Bei neueren Wetterfahnen fehlt das Richtungskreuz oft – sie sind stattdessen mit einer weiter entfernten Wetterstation verbunden, wo die Windrichtung abgelesen werden kann.

Zunehmend besser werdende Wetterbeobachtungsmöglichkeiten haben Windfahnen und Wetterhähne heute ihrer meteorologischen Bedeutung beraubt  – sie dienen meist nur noch als Dekoelemente mit manchmal nostalgischem Touch.

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