Hummeln in Not: Hilfe für die dicken Brummer

Dick, plüschig, brummig: Hummeln sind rundum sympathisch. Doch die Lebens­räu­me der dicken Insekten schwinden. Was Sie zum Schutz tun können.

Zum Fliegen zu dick? Das hat Vorteile: Durch das Gewicht und das Fell sind Hummeln bei kühlem Wetter besser geschützt.

Anfang der Dreißigerjahre stellte ein Aero­dy­na­miker auf einem Bierdeckel eine kurze und ein­fache Berechnung an und kam zu dem Er­geb­nis, dass die Hummel nicht fliegen kann. Sie sei zu dick, ihre Flügel zu klein, nach den be­kann­ten Gesetzen der Aerodynamik müsste sie wie ein Stein vom Himmel fallen, so der Wis­sen­schaft­ler.

Die Hummel nahm die schockie­rende Neu­ig­keit gelassen, glänzte mit wissenschaft­licher Ignoranz und flog trotzdem. Ge­le­gent­lich sogar rückwärts und das ganz ohne Diät. Erst 1996 gelang es C. P. Ellington von der Universität Cambridge, hieb- und stich­fest zu beweisen, dass die Hummel fliegen kann.

Vernichtendes Urteil: Angeblich sind Hummeln zum Fliegen zu dick.

Ihr gedrungener Körperbau lässt Hummeln in der Luft etwas unbeholfen wirken, hat aber gleich zwei entscheidende Vorteile: Durch ihr Gewicht wird die Hummel nicht so leicht weggeblasen wie kleinere Insekten, die Fettreserven, der dichte Pelz und die ver­hältnismäßig kleine Körperoberfläche schützen sie vor Wärmeverlust. Im Gegensatz zu Honigbienen fliegen Hummeln daher auch bei Wind, Nieselregen und Temperaturen ab zwei Grad. Das macht sie, gerade in kühlen Jahren, zu wichtigen Bestäubern.

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Bereits sechzehn Hummelarten stehen auf der Roten Liste

Rote Liste: Sechzehn von 46 Hummelarten sind bedroht.

In den letzten Jahren ist der Hummelbestand kontinuierlich zurückgegangen. Von den 46 Hummelarten in Deutschland stehen bereits sechszehn auf der Roten Liste der be­drohten Arten, einige sind so gut wie ausgestorben.

Hummeln stehen bundesweit un­ter stren­gem Naturschutz und dürfen nicht einfach getötet oder ihre Nester entfernt werden. Wer sich nicht daran hält, muss mit empfindlichen Strafen rechnen: Bis zu 65.000 Euro kann das Fangen, Verletzen und Töten von Hummeln, oder die Zerstörung ihrer Fortpflanzungs- und Ruhestätten kosten. Die genaue Höhe der Bußgelder ist abhängig vom Bundesland und kann im Bußgeldkatalog Hummel eingesehen werden.

Meist ist ein Entfernen von Hummeln gar nicht nötig. „Unter normalen Umständen ist das Zusammen­le­ben mit Hum­meln unproblematisch“, betont Biologe und Hummelexperte Eber­hard Baur aus Hamburg. Die Worte „aggressiv“ oder „angriffslustig“ hört er im Zusam­men­hang mit den dicken Brummern ungern. So lange sie sich nicht bedroht fühlen, sind Hummeln harmlos, so der Experte.

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„Manche Arten wie die Baumhummel sind aber verteidigungsbereiter als andere“, räumt er ein. „Sie mögen es nicht, wenn man dem Nest allzu nahe kommt und können dann schon mal zur Verteidigung ansetzen.“ Dann können Hummeln auch stechen. Grund­los tun sie das aber nicht. Lästig ist es trotzdem, wenn sich eine Hummelkönigin in den Kopf setzt, ihr Nest ausgerechnet im Familienbriefkasten zu bauen. Für Men­schen, die auf Insektenstiche allergisch reagieren, kann das auch gefährlich wer­den. Wenn sich Mensch und Hummel allzu nahe kommen, muss einer gehen. Im Normal­fall ist das die Hummel.

Die Lebensräume der Hummel verschwinden – wie Gartenbesitzer helfen können

Königskerzen auf Brachflächen – Monokulturen und zu viel Ordnung im Garten setzen Hummeln zu.

Fachleute wie Eberhard Baur kümmern sich dann um eine Umsiedlung des Hummel­volks. Das wird zusehends schwieriger, denn die Lebensbedingungen für die Tiere werden härter. Die Lebensräume schwinden, das Futterangebot geht zurück. In zwei Worten zusammengefasst sind viele deutsche Landstriche für die Hummel zu ordent­lich. Landwirtschaftliche Flächen werden bis auf den letzten Zentimeter genutzt, Weg­rän­der ab­gemäht und natürliche Böschungen eingeebnet. Durch den Anbau von Mono­kul­turen ist die Trachtenfolge (= kontinuierliches Angebot geeigneter Futter­pflanzen) nicht mehr gewährleistet; in Regionen mit intensivem Getreideanbau finden sich fast keine Hummeln mehr.

Vielerorts ist der Privatgarten der letzte Rückzugsort der Hummel geworden. Getrimmte Rasenflächen und akribisches Jäten von „Unkräutern“ machen dem dicken Bestäuber aber auch hier das Leben schwerer. Hier können Gartenbesitzer der Hummel helfen. Der Verzicht auf Chemie, das Anpflanzen nicht zu hochgezüchteter Blütenpflanzen oder einfach das Wachsen lassen geeigneter Trachtpflanzen wie Heckenrose, Löwenzahn und Taubnessel sind der erste Schritt zum aktiven Hummelschutz.

Hummeln sind wichtige Bestäuber.

Mit einer naturnahen Gestaltung des Gartens werden Nist- und Überwinterungsplätze erhalten. Baumhöhlen, Ritzen in Bruchsteinmauern und besonders Mauselöcher sind bei Hummeln beliebte Nistplätze. Auch leerstehende Vogelhäuschen, Spalten in Holz­stapeln oder kaputte Polstermöbel werden gerne angenommen. Ist der Garten nicht zu penibel aufgeräumt, findet die Hummel ein Plätzchen. Fehlen natürliche Nist­mög­lich­keiten, kann die Natur nachgeahmt werden.

Dick, plüschig, brummig: Hummeln wirken unbeholfen. Ihr Körperbau hat aber folgenden Vorteil:

Durch das höhere Gewicht ist die Hummel nicht so leicht wegzublasen wie kleine Insekten. Dadurch kann sie auch bei Wind fliegen.

Ihre Form schützt Hummeln vor Fressfeinden: Viele Vögel können so dicke Insekten nicht fressen.

Der rundliche Körperbau ist aus aerodynamischer Sicht besser, weil die beim Fliegen entstehenden Luftwirbel besser abgeleitet werden.

Kleiner Tipp: Die korrekte Antwort finden Sie im Beitrag auf dieser Seite

Eingegrabene Blumentöpfe eignen sich nicht als Hummelnest

Ackerhummel auf Nistplatzsuche. Vielerorts wird die Hummel nicht mehr fündig.

Künstliche Nisthilfen gibt es im Handel, zahlreiche Bauanleitungen finden sich auch im Internet. Allerdings sind nicht alle gleichermaßen geeignet. Besonders das Eingraben eines umgedrehten Blumentopfs stößt bei Experten auf wenig Gegenliebe. „Die immer wieder empfohlene Blumentopfmethode ist schädlich für die Tiere, weil die Hummeln vor jedem Nestabflug eine energiezehrende Flugakrobatik im Blumentopf vollführen müssen, um ans Flugloch zu kommen“, erklärt Eberhard Baur.

Die Ansiedlung von Hummeln erfordert neben Tierliebe, Geduld und Fingerspitzen­ge­fühl auch Sachverstand. Gut gemeint ist hier oft schlecht gemacht, beson­ders, weil nur das Ansiedeln von Hum­mel­königinnen zur Gründung eines Volkes führt. Wird eine solche Frühjahrshummel verletzt oder getötet, ist das gleichbedeutend mit dem Un­ter­gang eines entstehenden Volkes.

Hummelkasten: Nistplatz für die dicken Brummer. Eingegrabene Blumentöpfe sind als Hummelnest ungeeignet.

Die Umsiedlung ganzer Hummelvölker ist Expertensache. Neben der entsprechenden Sachkenntnis braucht es dafür auch eine behördliche Genehmigung. Für Laien heißt es hier ganz klar „Finger weg“. Experten wie Eberhard Baur helfen übrigens nicht nur, wenn man Hummeln loswerden möchte, sondern informieren auch über Entwicklung und Vemehrung von Hummeln und geben zahlreiche Tipps für die Ansiedlung, den Schutz und das friedliche Zusammenleben mit den dicken Brummern.

Geschieht nichts zum Schutz der Hummel, verschwindet über kurz oder lang ein wich­ti­ger Bestäuber von Obst- und Gemüsepflanzen. Dann behält der eingangs er­wähn­te Aero­dynamiker am Ende womöglich trotz Rechenfehler recht, und die Hum­mel kann ir­gendwann tatsächlich nicht mehr fliegen. Was dann allerdings nichts mit den Ge­set­zen der Aerodynamik, sondern mit der Vernichtung ihrer Lebensgrundlage zu tun hat.

 

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