Sie suchen einen Verlag für Ihr Manuskript? Einige Sätze sollten Sie zu einem potentiellen Verlagslektor oder Literaturagenten besser nicht sagen.
Puh. Endlich ist es so weit. Nach Wochen, Monaten, vielleicht sogar Jahren harter Arbeit ist Ihr Manuskript fertig, und Sie sind bereit, damit die Bestsellerlisten zu stürmen. Fehlt nur noch eins: ein Verlag. Wie Sie den finden?
Da gibt es leider kein garantiertes Erfolgsrezept. Aber wenn Sie einige oder gar alle der hier aufgeführten Sätze verwenden, dann ist das immerhin ein nahezu garantiertes Misserfolgsrezept, denn auch Verlagslektoren oder Literaturagenten sind nur Menschen. So manches Urteil wird „aus dem Bauch“ gefällt, und manche Bemerkung kommt anders an, als sie eigentlich gemeint war.
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„Sehr geehrte Damen und Herren!“
Höflichkeit ist eine feine Sache, und auch wenn das „Sehr geehrte …“ etwas aus der Mode gekommmen ist, ist nichts dagegen einzuwenden. „… Damen und Herren“ – besser nicht. Das klingt nach einem Standardanschreiben, das Sie nach dem Gießkannenprinzip versenden ohne sich vorher über den Verlag informiert zu haben.
Reichen Sie Manuskripte nie unaufgefordert ein. Informieren Sie sich im Vorfeld über das Verlagsprogramm, und wenn Sie überzeugt sind, dass Ihr Text hineinpasst, dann rufen Sie im Verlag an. Fragen Sie, ob Sie Ihr Manuskript einreichen dürfen. Oder, ruhig auch etwas selbstbewusster, wem Sie es schicken dürfen. Sie sind zu schüchtern zum Telefonieren? Tun Sie es trotzdem. Verlagsmitarbeiter sind solche Anrufe gewohnt, und die Wenigsten beißen. Ein persönlicher Ansprechpartner ist wichtig – schon in der Adresse und Anrede zeigen Sie damit, dass Sie sich mit dem Verlag auseinandergesetzt haben.
Wer bin ich und wo kann man mich erreichen?
Auch Ihrem Gegenüber fällt die Kommunikation leichter, wenn er weiß, wie und wo Sie zu erreichen sind. Denken Sie daran, im Anschreiben Ihre vollständigen Kontaktdaten anzugeben. Naheliegend? Ja. Es wird dennnoch mitunter vergessen. Viele Verlage bevorzugen Leseproben auf Papier – ungebunden und nicht zusammengetackert. Da kann schon mal was durcheinander geraten. Wenn Sie sicher gehen möchten, dass auch einzelne Blätter eindeutig zugeordnet werden können, versehen Sie Ihre Seite mit einer (unaufdringlichen) Kopf- oder Fußzeile mit den wichtigsten Kontaktdaten (Name, Email, Telefonnummer, evt. Adresse). Grundsätzlich gilt: Erleichtern Sie Ihrem Gegenüber die Arbeit und lassen Sie ihn nicht nach wichtigen Informationen suchen.
„Soeben habe ich mein Werk vollendet …“
Eine eher ungünstige Formulierung. Verlage suchen Menschen, die Bücher schreiben, keine, die Werke vollenden. In Verlagen wird auch erwartet, dass ein Autor bereit ist, Kritik anzunehmen und sein Manuskript zu überarbeiten. Ein-, zwei-, drei- oder auch zehnmal. Das ist harte Arbeit und erfordert Selbstdisziplin und Frustrationstoleranz.
Von vollendeten Werken zu sprechen wirkt ein wenig suspekt – da könnte man glatt meinen, Sie seien der Ansicht, Ihr Text sei fertig und bräuchte keine Korrekturen oder Änderungen mehr. Man könnte auch annehmen, dass Sie dazu neigen, um jede einzelne Zeile zu kämpfen, da ihr Werk ja schon vollendet ist. Das macht eine Zusammenarbeit mühsam und nervenzerrüttend, auch wenn das „Werk“ Potential hat. Bleiben Sie hier lieber nüchtern und lassen Sie Ihr Werk ein „Manuskript“ oder sogar eine „erste Fassung“ sein. Damit signalisieren Sie Ihre Bereitschaft, weiter an dem Text zu arbeiten.
„Zu Kapitel fünf muss ich Ihnen noch etwas erklären.“
Das ist nicht nur ungünstig, das ist fast immer tödlich. Wenn Sie noch etwas erklären müssen, tun Sie es – im Text und bevor Sie ihn einreichen. Auch wenn es in der Weltliteratur durchaus Werke gibt, die einen ratlos und mit dem Wunsch nach einer Erklärung zurücklassen – beim Einreichen von Manuskripten gilt, dass sich der Text selbst erklären muss.
Das heißt nicht, dass er vorhersehbar und durchsichtig sein soll, oder dass er keinen Interpretationsspielraum lassen darf. Im Gegenteil. Aber wenn Sie das Gefühl haben, noch einen inhaltlichen Zusammenhang erklären zu müssen, dann steckt für gewöhnlich noch ein Fehler im Text. Den sollten Sie beheben, denn schließlich kann Ihr zukünftiger Verleger Sie nicht klonen und jedem verkauften Exemplar als Erklärer beilegen. Was für Kapitel fünf gilt, gilt selbstverständlich auch für Kapitel sieben, Teil zwei und Seite 256.
„Meine Eltern und Freunde finden meine Geschichte ganz toll …“
Das ist schön für Sie, aber es sagt mehr über die Qualität Ihrer zwischenmenschlichen Beziehungen aus als über die Qualität Ihres Manuskriptes. Außerdem sind Lektoren Profis. Sie können und wollen sich selbst eine Meinung zu einem Text bilden – und sie tun das auch. Etwas Anderes sind Empfehlungen von Menschen, die im Literaturbetrieb einen Namen haben, oder schon bei diesem Verlag/dieser Agentur unter Vertrag sind.
Wenn Iny Lorentz oder Elke Heidenreich Ihren Historienroman brilliant finden, dürfen Sie das ruhig beiläufg erwähnen („Auf Empfehlung von …“). Damit haben Sie zwar noch nicht gewonnen, sichern sich aber eine gewisse Grundaufmerksamkeit. Ihre Oma, Ihren Onkel in Schottland oder den Redakteur Ihrer Lokalzeitung lassen Sie besser unerwähnt. Und: Erfinden Sie niemals Referenzen – nichts ist peinlicher, als dabei erwischt zu werden.
„Mein Werk ist inspiriert von Jane Austen, ganz im Stil von Thomas Bernhard, in der Tradition von William Faulkner.“
Auch hier gilt: Lektoren bilden sich ihre eigene Meinung. Wenn Ihr Text die deutsche Antwort auf Fred Vargas ist, wird ein Berufslektor das merken – und im Klappentext verwenden. Sie selbst sollten auf solche Aussagen und Bewertungen verzichten; sie klingen doch einigermaßen arrogant. Und: Wer allzu deutlich betont, dass er sich am Stil eines anderen orientiert, gerät schnell in den Verdacht, keinen eigenen zu haben und stattdessen eine billige Kopie abzuliefern.
„Ich schreibe seit meiner Schulzeit …“
Natürlich schreiben Sie seit Ihrer Schulzeit – so wie jeder andere, der die Grundschule erfolgreich besucht hat. Eine solche Aussage hat für Verleger, Lektoren oder Agenten keinen Nutzwert und weist Sie nicht als besonders talentierten Experten aus. Veröffentlichungen in Anthologien, gute Platzierungen in Literaturwettbewerben, oder Beiträge in Literaturzeitschriften sind bessere Referenzen.
„Ich hatte immer große Schwierigkeiten mit der Sprache, bis ich …“
Ihre Offenheit ehrt Sie, dennoch – lieber nicht. Nach so einem Satz reicht ein einziger Grammatikfehler, und Sie geraten in den Verdacht, Ihre alten Schwierigkeiten noch immer nicht überwunden zu haben.
„Ich FREUE MICH wenn sie mein Manuskriept prüfen!!!“
Solche und ähnliche Sätze dürfen Sie schreiben. Aber bitte korrekt. Wegen eines Tippfehlers oder eines vergessenen Kommas wird Sie kein Verlagslektor steinigen. Steckt allerdings schon das Anschreiben voller Fehler, wird er sich doch fragen, ob das wirklich jemand geschrieben hat, der seine Sprache beherrscht, und was da noch auf ihn zukommt. Hinzu kommt, dass ein Mangel an Form immer auch einen Mangel an Sorgfalt nahelegt. Da hat jemand nicht versucht, vermeidbare Fehler zu vermeiden und schlampig gearbeitet. Und ob man mit so jemanden zusammenarbeiten möchte, überlegt man sich zweimal.
Es mag unfair sein, dass Manuskripte aufgrund ihrer Form aussortiert werden, und dass demjenigen, der ein solches Manuskript einreicht, rasch Schlamperei unterstellt wird, aber es ist ein Fakt. Dagegen können Sie wettern – oder die Chance nutzen, mit einer ansprechenden Form und einem weitgehend fehlerfreien Text positiv aufzufallen. Das ist einfacher, als mit einer brillanten Idee aufzufallen. Sollten Sie Legastheniker sein, lassen Sie Ihr Exposé, Ihre Textprobe und Ihr Anschreiben vor dem Einreichen Korrektur lesen. Wenn Ihnen diese Möglichkeit nicht offensteht, überlegen Sie sich, ob es vielleicht sinnvoll ist, Ihre Legasthenie offen zu kommunizieren, damit Ihnen nicht mangelnde Sorgfalt unterstellt wird, wo etwas ganz Anderes dahintersteht.
Was den Rest angeht: Wenn Sie nicht wollen, dass Ihr Schreiben wie das Werbeblättchen einer verbissen-missionarischen Sekte oder einer fanatisch angehauchten politischen Partei wirkt, dann verzichten Sie auf Stilmittel wie Fettdruck, Unterstreichungen, Großbuchstaben, Farbe oder Rufezeichen-Rudel. Wenn Sie witzig sein möchten, seien Sie es! Wenn sie dabei dennoch ernst genommen werden möchten, verzichten Sie auf Smileys. 😉
„Es geht doch um den Inhalt, nicht um die Form!“
Natürlich geht es um den Inhalt. Aber die Form Ihres Manuskripts und Ihres Anschreibens entscheidet oft genug darüber, ob der Inhalt überhaupt eine Chance bekommt. Achten Sie auch auf vermeintliche Kleinigkeiten und Nebensächlichkeiten: Eine gut lesbare Schrift (mit Arial und Times New Roman machen Sie nichts falsch) in entsprechender Größe. Ein guter Kontrast zwischen Schriftfarbe und Papierfarbe. Ein Manuskript oder ein Anschreiben, das rosarot in 8-Punkt Comic-Sans verfasst ist, hat gute Karten, schon allein deswegen nicht gelesen zu werden. Verwenden Sie den eineinhalbfachen Zeilenabstand und machen Sie ausreichend Absätze – das erhöht die Lesbarkeit.
Wenn Sie den Blocksatz bevorzugen, denken Sie daran, dass ellenlange Worte oft für hässliche Lücken im Text sorgen. Solche „Löcher“ sind nicht nur grottenelendsfürchterlichhässlich und überhauptgarnichtausgehfein, sondern erschweren es dem Auge, beim Lesen die Zeile zu halten. Ersparen Sie dem Leser derlei Leseungemach mit einer korrekten Silbentrennung. Das gilt nur für das Anschreiben – im Manuskript bzw. der Leseprobe haben Blocksatz und Silbentrennung ohnehin nichts verloren.
Und, ganz wichtig: Halten Sie sich kurz! Ihr Anschreiben sollte nicht länger als eine DIN A4 Seite sein. Wenn Ihr Text zu lang ist – kürzen Sie ihn. Minischrift, Verzicht auf Absätze und enge Seitenränder sind keine Lösung.
Wohl ebenso wichtig: Bevor Sie einen Verlag oder eine Literaturagentur anschreiben, recherchieren Sie ein wenig im Netz. Denn nicht alles, was glänzt ist Gold. Damit Ihnen nicht das Geld aus der Tasche gezogen wird ist es wichtig, unseriöse Verlage und Agenten zu erkennen. Sobald Sie Ihr Buch veröffentlicht haben, sollten Sie sich auch Gedanken zur Autoren-Selbstvermarktung machen: Rezensionen und Lesungen organisieren, Lesungen halten und Honorare festlegen, sind dann wichtige Punkte.