Schwarzwälder Handwerkskunst: Besuch bei der Schäppel­macherin

Aus wertvollen Materialien fertigten Schäppelmacherinnen kostbare Brautkronen. Bis zu vier Kilo konnte die Kopfbedeckung wiegen.

Der Schäppel ist eine Form der Brautkrone, die früher in ganz Deutschland getragen wurde. Heu­te sieht man ihn fast nur noch im Schwarz­wald, und auch da ist er selten ge­wor­den. Das weiße Hochzeitskleid hat die al­ten Trach­ten ab­gelöst und mit ihnen den ge­schichts­träch­ti­gen Schäppel. Die tra­di­tio­nelle Kopfbe­deckung symbolisierte früher die Rein­heit, die Unberühr­bar­keit aber auch den Reich­tum der Braut. Für Männer auf Braut­schau hieß das: Je wert­vol­ler die ver­wen­deten Ma­terialien eines Schäppels, desto besser die Partie.

Manche Schäppelmacherin erblindete durch ihre Arbeit

Die Herstellung eines Schäppels erforderte viel Erfahrung und Geschick und war eine mühselige Angelegenheit. In stundenlanger Handarbeit fertigten Schäppelmacherinnen die prestigeträchtige Kopfbedeckung an. Meist geschah das im Winter, wenn auf den Höfen weniger Arbeit anfiel.

Ein Schäppel entsteht.

Verglichen mit dem Unkrautjäten auf dem Feld war die Her­stellung eines Schäppels vielleicht keine anstrengende Arbeit – trotzdem ging es in die Knochen, stundenlang über einen Tisch gebeugt zu sitzen und mit den Fingern Draht zu biegen. Die Arbeit mit dem teilweise zerbrechlichen Material forderte zudem im­mense Konzentration.

„Die Arbeitsbedingungen waren oft sehr schlecht. Das Licht in den Stuben war un­zu­läng­lich, und die Arbeit mit dem glitzernden Material belastete die Augen. Mehr als eine Schäp­pelmacherin ruinierte sich ihre Sehkraft“, erzählt Alois Krafczyk vom Trach­ten­mu­seum Haslach im Kinzigtal. Dort sind rund zwei Dutzend verschiedene Schäppel mit den dazugehörigen Schwarzwälder Trachten ausgestellt. Denn Schäppel ist nicht gleich Schäp­pel.

Spiegel am Schäppel halfen gegen den bösen Blick

Allein im Schwarzwald gibt es mehr als ein Dutzend verschiedener Formen. Während der Hotzenwalder Schäppel nur etwa faustgroß ist, kann eine Brautkrone aus St. Ge­or­gen knappe vier Kilo wiegen und die Größe eines Lampenschirms haben. Auch die ver­wendeten Materialien sind unterschiedlich, aber so gut wie immer sind sie glän­zend und schillernd. Glaskugeln, Pailletten, Perlen, Gold- oder Silberdraht werden fast im­mer verwendet. Stoffblumen, Schleifchen und Bänder geben vielen Schäppeln Fülle.

Rosa Ringwald ist eine der letzten Schäppelmacherinnen.

An alten Schäppeln finden sich oft Fruchtbarkeitssymbole aus Messingblech, etwa Äh­ren oder Sonnen. Besonders auf den größeren Schäppeln sieht man häufig mit Perlen eingefasste Spiegel. Diese sollen die Braut vor Geistern und dem bösen Blick schüt­zen. „Nach dem Volksglauben erschrickt ein böser Geist vor sich selbst, wenn er sich im Spiegel sieht“, weiß Rosa Ringwald, eine der letzten Schäppelmacherinnen im Schwarz­wald. „Dann flieht er und lässt die Braut in Frieden.“

Hausacher Schäppel: 2000 Perlen und achtzig Meter Silberdraht

Rosa Ringwald hat sich auf die Herstellung von Schäppeln ihrer Heimatgemeinde Haus­ach/Einbach spezialisiert. Etwa achtzig Meter Silberdraht und rund zweitausend Per­len und Pailletten benötigt die Schäppelmacherin für eine der Kopfbedeckungen. Je­weils eine Paillette und drei Perlen werden auf einen Silberdraht aufgezogen und der Draht zu einer kleinen Öse gebogen.

Hausacher Schäppel in einzelnen Fertigungsschritten.

Durch jede Öse wird wiederum Draht gezogen und ein­gedreht, so dass ein „Bäumlein“ mit vier Ästen entsteht, an denen jeweils eine Per­len­reihe baumelt. Die Drahtösen dienen als Gelenk und stellen sicher, dass die Per­len später beim Gehen hin und her pendeln können.

Mehrere solcher Bäumlein werden anschließend zu einem „Sträußchen“ gebunden. Von Hand gelegte Baumwollschleifchen geben ihnen Fülle. Achtzehn dieser Sträußchen be­festigt Rosa Ringwald anschließend an einem Holzring. Mit einem abschließenden Per­len­kranz werden sie oben miteinander verbunden. Zum Schluss wird der Holzring ge­pols­tert, damit er angenehm auf dem Kopf aufliegt.

Schwarzwälder Tracht: Schäppel, Rollenkranz und Bollenhut

Wechseltracht: Rollenkranz, Schäppel und Haube.

Getragen wurde ein Schäppel nur von unverheirateten Jungfrauen. Er gehört zu den Wech­selformen der Schwarzwälder Tracht. Das heißt, dass er nur in einem bestimmten Le­bens­abschnitt getragen (zum letzten Mal bei der eigenen Hochzeit) und dann von ei­ner anderen Tracht, in diesem Fall von der Haube, abgelöst wird.

In manchen Regionen des Schwarzwalds wird statt des Schäppels ein etwas einfacher gestalteter „Rollenkranz“, eine Art Brautkranz, getragen. Er wird bei der Heirat von der Goldhaube abgelöst. In Rosa Ringwalds Heimatgemeinde Hausach/Einbach hat sich ein Sonderfall entwickelt, denn hier werden alle drei Formen der Tracht getragen.

Der Bollenhut ist die bekannteste Schwarzwälder Tracht. Ledige trugen Rot, Ehefrauen Schwarz.

„Früher bekamen die Mädchen den Schäppel bei der Kommunion“, erklärt die Schäppel­ma­cherin. „Da waren sie etwa vierzehn oder fünfzehn Jahre alt, weil das Fest nach der Grundschule gefeiert wurde. Als die Kommunion in den Dreißigern vorverlegt wur­de, waren viele Mädchen zu klein, um den Schäppel zu tragen.“

In der Nachbargemeinde wurde daraufhin der Rollenkranz ausgeborgt und in die ei­ge­ne Tracht integriert. „Der Rollenkranz wurde von der Kommunion bis zur Schul­ent­las­sung getragen, der Schäppel von der Schulentlassung bis zur Hochzeit“, so Ring­wald. Weit weniger verbreitet, aber wesentlich bekannter als der Schäppel ist der Schwarz­wäl­der Bollenhut. Auch er ist eine Wechselform: Ledige tragen den roten Bol­len­hut, Verheiratete den schwarzen.

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