Befremdliche Gesetze, wundersame Geschichten und bemerkenswerte Fakten aus der Welt des gar nicht so dummen Huhns.
Es ist per Staatsgesetz verboten, die Grenze von Minnesota mit einem lebenden Huhn auf dem Kopf zu überqueren. Versuchen Sie es lieber erst gar nicht, und nehmen Sie besser gleich ein Tiefkühlhuhn. Woher das Gesetz kommt, weiß keiner so genau, aber es ist allemal dümmer als das sprichwörtlich dumme Huhn. Das ist sogar ziemlich schlau und kann es, was die kognitiven Fähigkeiten angeht, mit vielen Säugetieren aufnehmen. Tierverhaltensforscher der Macquarie University in Australien fanden heraus, dass ein Huhn begreift, dass kürzlich versteckte Gegenstände noch existent sind – eine Fähigkeit, die über die von Kleinkindern hinausgeht.
Hühnergegacker ist komplexer als angenommen
Die Forscher fanden auch heraus, dass Hühner nicht einfach nur gackern, wenn sie gackern. Die Vögel verfügen über fast vierzig verschiedene Lautäußerungen und können Artgenossen nicht nur über Futter, sondern auch über dessen Beschaffenheit informieren. So verwenden sie etwa für Maiskörner andere Laute, als für Regenwürmer. Und wenn Hähne vor Gefahr warnen, unterscheidet sich ihr Warnruf deutlich, je nachdem, ob ein Feind in der Luft oder auf dem Boden gesichtet wurde. Viele Hähne verwenden sogar unterschiedliche Rufe für Habicht, Milan oder Bussard.
Zudem können Hühner bis zu fünfzig Artgenossen erkennen und unterscheiden. Die Frühstückseilieferanten haben ein ausgeprägtes Sozialverhalten und kennen einander persönlich. Gerade Hähne haben oft eine Lieblingshenne.
Hähne täuschen Sex vor
Hennen nehmen es mit der Partnerwahl hingegen nicht so genau und neigen zur Promiskuität. Um diese zu vermindern, greifen konkurrierende Hähne auf eine raffinierte Taktik zurück: sie tun nur so als ob und besteigen die Hennen, ohne dabei Spermien zu übertragen.
Ein internationales Forscherteam der Universität Oxford überprüfte den Sinn dieser Strategie. Dazu wurde das Geschlechtsorgan der Hühner mit einem einfachen Plastikgurt verschlossen und damit eine Besamung verhindert. So konnten tatsächliche und vorgetäuschte Paarungen klar voneinander unterschieden werden.
Das überraschende Ergebnis: Allein der Reiz der Besteigung reichte aus, um den Drang der Hennen zu anderen Partnern deutlich zu verringern. Zusätzlich reduzierte die Paarungsimitation zwei bis vier Tage lang die Menge an Spermien, die von fremden Hähnen auf das Huhn übertragen wurden. Indem der Hahn seiner Henne nach einer bereits erfolgten Paarung weitere Kopulationen vortäuscht, spart er einerseits Energie, die er für die Spermienproduktion braucht und erhöht andererseits seine Chancen, sein Genmaterial weiterzugeben.
Der Hühnerbauchnabel und das Henne-Ei-Problem
So komisch das klingt, auch Hühner haben einen Bauchnabel. Küken wachsen in einem befruchteten Ei heran. Sie sind nicht mit der Mutter verbunden, wohl aber mit dem Dotter, von dem das Küken über eine Nabelschnur alle wichtigen Nährstoffe für sein Wachstum erhält. Kurz nach dem Schlüpfen ist daher ein Bauchnabel deutlich sichtbar. Beim erwachsenen Huhn ist er nicht mehr zu erkennen, er wandert nach hinten und verwächst in der Kloake.
Doch wer war zuerst da – Henne oder Ei? Ganz eindeutig das Huhn, zumindest wenn man der Bibel glaubt. In Genesis 1;20-22 werden erst die Vögel erschaffen, erst dann werden sie angewiesen, sich zu vermehren, also Eier zu legen. Damit wäre auch das Henne-Ei-Problem endlich gelöst.
Wie der Wetterhahn auf den Kirchtum kam
Auch das neue Testament widmet sich dem Huhn, genauer dem Hahn. „Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen“, prophezeit Jesus seinem Jünger Petrus und behält Recht damit. Der Wetterhahn auf dem Kirchturm zeigt daher nicht nur die Windrichtung an, sondern dient Christen auch als Ermahnung.
In Anlehnung an Jesu Worte an Petrus soll er daran erinnern, standhaft zu sein und weder seine Freunde noch seinen Glauben zu verraten. Zugleich ist er das Symbol des reuigen Petrus. Übrigens diente der Hahnenschrei im Römischen Reich als Zeitangabe: „Gallicinum“ bezeichnete die Mitte zwischen Mitternacht und Sonnenaufgang. Petrus Verrat fand also nachts statt.
Das Leben eines Wetterhahns ist nicht immer einfach. Mehr dazu gibt es auf dorfpranger.de
Die Stadt des Hühnerwunders …
… liegt in Spanien und heißt Santo Domingo de la Calzada. Laut Legende wurde dort ein deutscher Pilger unschuldig zum Tode verurteilt und erhängt, der heilige Domingo hielt ihn aber an den Beinen, so dass er nicht starb. Die Eltern flehten daraufhin beim Bischof um Gnade. Dieser saß gerade beim Abendmahl und deutete auf die beiden gegarten Hühner auf seinem Teller. „Euer Sohn ist so tot, wie diese Hühner“, sagte er den Eltern. Daraufhin erhoben sich die Hühner vom Teller und flatterten davon. Der Verurteilte wurde begnadigt.
Noch heute erinnern ein Hahn und eine Henne, die in einem goldenen Käfig in der Kathedrale gehalten werden, an das Wunder, das sich im 13. Jahrhundert zugetragen haben soll. Sie werden alle paar Wochen ausgetauscht, wenn sie die Andacht des Gottesdienstes zu sehr stören, auch schon früher.
Tipp: Sie möchten noch viel mehr (mehr oder weniger Ernsthaftes) aus der bewegten Geschichte und dem Alltag des Huhns erfahren? Und Sie finden, dass das Huhn als literarischer Held viel zu kurz kommt? Dann sei Ihnen „El Pollo – Entscheidung in der Sierra Chica“ und die Hühnercartoons in der Loseblattsammlung (beides von Martin Gehring) ans Herz gelegt.