Klassisch Heiraten: Alte Bräuche, ihr Sinn und ihre Herkunft

Alte Hochzeitsbräuche: Warum Bräute über Besen springen, Brautjungfern so gut schüt­zen wie ku­gel­sichere Westen und Altländer Bauern bei Hochzeiten nie den Löffel abgeben.

Missgünstige Geister lieben Vermählungen. Sie sabotieren Heiratspläne, tanzen uneingeladen auf allen Hochzeiten, und wenn sie können, rui­nie­ren sie nicht nur die Feier, sondern das jun­ge Ehe­glück gleich mit. Das war die schlechte Nachricht. Die gute: dem Glauben an miese­pet­ri­ge Un­holde verdanken wir eine ganze Reihe schöner und noch heute beliebter Hochzeits­bräuche.

Polterabend und Brautaufwecken: Dä­mo­nen vertreibt man am besten mit dämoni­schem Krach

Früher wurden alle irdenen Tongefäße als „Scherben“ bezeichnet, nicht nur zerbrochene. Viele „Scherben“ standen für viele (volle) Vorratsbehälter. Der Krach beim Zerschlagen sollte böse Geister vertreiben.

Zum Beispiel den Polterabend, der traditionell am Abend vor der Trauung gefeiert wurde. Was heute oft als Junggesellenabschied verstanden wird, galt früher als Schutz- und Se­gens­ritual. Das Zerschlagen von Porzellan und Ton­gut sollte Glück und Wohlstand brin­gen, denn das Wort „Scherben“ bezeichnete alle ir­de­nen Gefäße, nicht nur zer­bro­che­ne. Viele Scherben standen somit für viele (hoffent­lich volle) Vorratsbehälter.

Mindestens ebenso wichtig wie diese Symbolik war aber das Geklapper und Geklirr, das beim Zerschmettern des Geschirrs entstand. Es schlug böse Geister in die Flucht, denn diese mögen keinen Krach. Das zumindest glaubten unsere Vorfahren und rück­ten Dämonen, welche dem Polterabend hartnäckig getrotzt hatten, morgens gegen vier erneut auf die akustische Pelle.

Mit Böllerschüssen, Geschrei und Blasmusik wur­den al­ler­dings nicht nur die fiesen Geister aufgescheucht, sondern auch ihr liebstes Opfer, die Braut, sowie deren Familie und die gesamte Nachbarschaft. Für sie begann der Hoch­zeits­tag sehr zeitig und ziemlich unsanft. In ländlichen Gegenden, besonders im Al­pen­raum, hat sich dieser Brauch bis heute gehalten, und manche Musikkapelle bietet das „Brautaufwecken“ sogar als Dienstleistung an.

Hochzeitsbräuche sind Schutz- und Schwellenrituale

Nicht auf Radau, sondern auf raffinierte Verwirrungstaktik setzt eine andere Tradition: die der Brautjungfern. Tragen sie Kleider, die jenem der Braut ähneln, haben Geister und Dämonen keine Chance, unter mehreren festlich gekleideten Frauen die echte Braut zu finden. Doch was, wenn die Braut selbst dem dunklen Volk angehört und wo­möglich eine Hexe ist? Ein Brauch, der fast völlig verschwunden ist, schafft Klarheit: der Sprung über den Besen. Gelingt er, ist alles im grünen Bereich, denn nicht ganz lo­gisch wur­de angenommen, dass eine Hexe zwar auf dem Besen reiten, diesen aber nicht über­sprin­gen kann.

Die Trauung markierte den Beginn einer neuen Lebensphase.

Noch ein Brauch geht auf die Angst vor Geistern zurück: „Wenn der Mann die Braut über die Schwelle des gemeinsamen Heims trug, inspirierten ihn nicht romantische Gefühle, sondern die Überzeugung, dass unter der Türschwelle boshafte Kobolde hausen“, erklärt Ethnologe Martin Schallenmüller. Er vermutet, dass die „Geister“, vor denen all diese Bräuche schützen sollten, stellvertretend für die Ängste, Zweifel und Unsicherheiten der Brautleute standen.

„Früher brachte eine Heirat einen anderen gesellschaftlichen Stand mit sich“, erklärt er. „Die Trauung war ein Übergangsritus, der den Beginn einer neuen Lebensphase mar­kier­te. In solchen Umbruchsituationen sind Menschen einerseits stolz, andererseits füh­len sie sich verletzlich und angreifbar. Das Bild der Geister und die genau vor­ge­schrie­be­nen Ritu­ale gaben schützenden Halt und erleichterten den Umgang mit der eige­nen Un­sicher­heit.“

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Hochzeitsluxus und Gleichberechtigung

Andere Bräuche gaben den Brautleuten eine erste Gelegenheit, als Paar, nicht als zwei Einzelpersonen, aufzutreten. Das gemeinsame Aufkehren der Polterabendscherben et­wa, oder das Baumstammsägen, bei dem das Brautpaar einen auf Böcken liegen­den Holzstamm zersägt. Gesägt wird mit einer Schrotsäge, bei der abwechselnd ge­zo­gen werden muss, damit sie sich nicht verklemmt. Der Brauch steht für gleichberech­tig­te, gemeinsame Arbeit und für die Balance zwischen Aktivwerden und Ruhen­lassen.

Wer beim gemeinsamen Anschneiden der Hochzeitstorte die Hand oben hat, hat auch in der Ehe das Sagen.

Nicht so gleichberechtigt geht es beim gemeinsamen Anschneiden der Hochzeits­torte zu. Denn derjenige, der dabei seine Hand über der des anderen hat, soll für den Rest der Ehe das Sagen haben. Wer diesem Orakel nicht nur Hand sondern auch Fuß geben möchte, der kann auf einen weit unbekannteren Brauch zurückgreifen: das Lat­schentreten, bei dem die jungen Eheleute versuchen, sich (in Hausschuhen) gegen­sei­tig auf den Fuß zu steigen. Wer das zuerst schafft, hat in der Ehe die Hosen an. Der andere hingegen steht nicht nur vorübergehend unter dem sprichwörtlichen Pantoffel.

Die wenig elegante Fußbekleidung war im Mittelalter übrigens eine übliche Hoch­zeits­gabe. Ursprünglich nur für die Braut gedacht, wurden bald alle weiblichen Gäste mit Pantoffeln und Schuhen beglückt. Im 16. Jahrhundert nahm das Pantof­fel­schen­ken im Brandenburgischen dann dermaßen überhand, dass sich Kurfürst Johann Georg ge­zwungen sah, den Hochzeitsluxus gesetzlich zu verbieten. Ab sofort gingen die Gäste leer aus, und zudem wurde auch noch ihre Zahl beschränkt. Maximal achtzig Gäs­te und höchstens vierzig Schüsseln waren per Gesetz auf Hochzeiten erlaubt.

Rauschende Feste und Hochzeitslöffel im Alten Land

Gemei­sam auf den Weg: Rituale und Bräuche halfen, mit Un­sicher­heiten umzu­gehen.

Undenkbar für die Bauern im Alten Land westlich von Hamburg. „Zu einer typischen Bauernhochzeit war das ganze Dorf eingeladen“, erzählt Sibylle Bruns-Decker von der Stadtinformation Buxtehude. Schon Wochen vor der Hochzeit war der Hochzeitsbitter oder Hochzeitslader unterwegs. In festlicher Tracht, zu der meist ein hoher Hut und ein bunt ge­schmück­ter Bitterstock gehörte, zog er von Hof zu Hof und lud, oft in alther­ge­brach­ter Spruchform, zur Feier ein.

So kamen leicht auch mal zwei- oder dreihundert Per­sonen zusammen, die dann gemeinsam die tra­di­tio­nelle Hochzeitssuppe auslöffelten: eine sä­mi­ge Suppe mit viel Gemüse und einem guten Pfund Rindfleisch pro Person. Aus reinem Prag­ma­tis­mus entstand so ein typischer Altländer Brauch. „Weil niemand so viele Löffel besaß, brachte jeder Gast seinen eigenen mit“, weiß Sibylle Bruns-Decker. „Diese Hoch­zeits­löffel waren meist besonders schön gearbeitet und wurden nur bei Hoch­zei­ten benutzt. Am Ende der Feier wurde der Löffel an der Tischdecke abgewischt und wieder mit nach Hause genommen.“

Warum wurden Bräute früher von Brautjungfern begleitet?

Brautjungfern waren immer Mädchen im heiratsfähigen Alter. Männliche Gäste konnten auf Hochzeiten auf Brautschau gehen und oft eine eigene Vermählung anbahnen.

Als Brautjungfern kamen nur bereits verlobte aber noch nicht verheiratete junge Frauen in Frage. Für sie war es eine Art Übung für die eigene Hochzeit.

Brautjungfern sollten böse Geister verwirren: Weil sie ähnlich gekleidet waren wie die Braut, war es Unholden unmöglich, die echte Braut zu schickanieren.

Kleiner Tipp: Die korrekte Antwort finden Sie im Beitrag auf dieser Seite

Heute bleibt nicht nur der Löffel, sondern auch der Hochzeitslader zu Hause. Doch auch wenn manche Hochzeitsbräuche allmählich aussterben, so gibt es immer noch viele häufig gepflegte und beliebte Bräuche rund ums Heiraten. Bei einigen sollten Sie aber vorsichtig bei der Umsetzung sein: Übertrieben betrieben wird manch beliebter Brauch zum unbeliebten Stimmungskiller einer Hochzeit.

 

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