Die größte Barockbasilika Deutschlands beherbergt nicht nur die berühmte Gabler-Orgel, sondern auch das Blut Christi und Fledermäuse.
Er soll mit dem Teufel im Bunde gewesen sein, der Orgelbauer Joseph Gabler (1700 bis 1771), der die riesige Orgel für die Basilika Weingarten baute. Denn die Orgel hat eine Vox humana, eine menschliche Stimme.
Gabler-Orgel Weingarten: 6.666 Pfeifen, ein Geheimhebel und ein Bund mit dem Teufel
Jahrelang arbeitete Gabler daran, für seine Orgeln Pfeifen zu entwickeln, welche es vermögen, den Klang der menschlichen Stimme nachzuahmen. Trotz aller Bemühungen hatte er keinen Erfolg. Da soll ihm eines Nachts der Teufel seine Hilfe angeboten haben. Gabler verschrieb seine Seele dem Höllenfürsten – und von diesem Tag an konnte seine Orgel frohlocken und schluchzen wie ein Mensch.
Doch die meschliche Stimme der Gabler-Orgel war so aufwühlend, dass die Mönche sich nicht mehr auf den Gottesdienst konzentrieren konnten und sich stattdessen in die Weltfreuden stürzten. Daraufhin wurde Gabler dem Abt vorgeführt. Der Orgelbauer gestand seine Schandtat und sollte samt des Teufelsregisters verbrannt werden. Weil er vorher aber noch einen hervorragenden Ersatz schuf, gewährte ihm der Abt großzügig das Leben. Was mit Gablers Seele passierte, ist nicht überliefert.
Um die Orgel, deren 6.666 Pfeifen Gabler geschickt um sechs Fenster herum baute, rankt sich noch eine andere, dieses Mal bestätigte Geschichte: Aus schlechter Erfahrung wusste Gabler, dass Domherren bei der Bestellung einer Orgel oft schneller und großzügiger waren, als bei deren Bezahlung. Er baute daher einen Geheimhebel ein – als er diesen umlegte, wurde die Luftzufuhr der Orgel gedrosselt, und das teure Instrument gab nur noch wimmernde Klänge von sich. Erst nach der vollständigen Bezahlung legte Gabler den Hebel, der 1912 bei der Renovierung der Orgel tief im Innern des Instruments gefunden und daraufhin entfernt wurde, wieder um.
Weingarter Blutritt – die größte Reiterprozession der Welt
Die Basilika Weingarten beheimatet noch eine Reihe weiterer Kunstschätze und Kostbarkeiten. In nur neun Jahren, von 1715 bis 1724, ließ Abt Sebastian Hyller die Basilika als Wallfahrtskirche „Zu Ehren des kostbaren Blutes“ und als adäquate Heimstatt für die Heilig-Blut-Reliquie bauen, die im Altar unter der Kuppel zu sehen ist.
Seit ihrer Schenkung 1094 wird die Reliquie in Weingarten aufbewahrt; seit 1529 wird am Blutfreitag (Freitag nach Christi Himmelfahrt) zu ihren Ehren der Blutritt abgehalten. Dieser gilt mit seinen bis zu dreitausend Reitern als die größte Reiterprozession der Welt.
Obwohl die Weingarter Basilika dem Heiligen Martin geweiht ist, wird sie auch „Schwäbisch St. Peter“ genannt. Das liegt an ihrer architektonischen Ähnlichkeit mit dem Petersdom in Rom – ganz bewusst wählte Abt Hyller fast genau die Hälfte der Ausmaße des Petersdoms für seinen Prachtbau. Mit einer Länge von 102 Metern und einer Kuppelhöhe von 67 Metern ist Schwäbisch St. Peter das größte barocke Kirchenbauwerk nördlich der Alpen.
Das Innere der Kirche wirkt hell und leicht; lichter Stuck ergänzt die Fresken von Cosmas Damian Asam, und der Hochaltar und das Chorgestühl von Josef Anton Feichtmeier (auch Feuchtmayer), der auch das Barockmünster „Zu unserer lieben Frau“ im sechzig Kilometer entfernten Zwiefalten ausstattete, ergänzen das Bild.
Immer wieder verirren sich Fledermäuse in die Basilika Weingarten
In den Jahren 2002 bis 2006 wurden umfangreiche Sanierungsarbeiten an der undicht gewordenen Kuppel der Weingarter Basilika ausgeführt. Keine leichte Aufgabe, denn nicht nur auf die Kunstschätze musste dabei Rücksicht genommen werden, sondern auch auf mehrere Fledermausarten. Zwergfledermäuse, Große Mausohren und Hufeisennasen, allesamt geschützte Arten, hatten im Kuppelzwischenraum ihre Wohnungsnische gefunden.
Die Tiere sind ausgezeichnete Flugkünstler und können sich auch im Stockdunkeln mittels Ultraschall orientieren. Manchmal aber verirren sie sich ins Innere der Basilika. Besonders im Spätsommer und Herbst finden Basilikabesucher regelmäßig verirrte und erschöpfte Fledermäuse in der Kirche – am Boden kriechend oder an Vorsprüngen hängend.
Wenn Sie eine solche Fledermaus finden, dann nehmen Sie das Tier bitte nicht mit nach Hause, sondern geben Sie einem der Reisefüher in der Basilika oder den Mitarbeitern im Pfarramt Bescheid – diese sind daran gewohnt, wissen, was zu tun ist, und geben die Tiere an Betreuer (evt. auch Tierarzt) weiter. Wenn Sie Fledermäuse hochheben, damit diese am Boden liegend nicht übersehen und zertreten werden, sollten Sie sicherheitshalber ein Tuch oder einen Handschuh verwenden. Denn Fledermäuse haben spitze Zähne, und wenn sie verängstigt sind, können sie beißen. Bei einem Fledermausbiss sollte ein Arzt aufgesucht werden, denn die Tiere können Krankheiten von einfachen Infektionen bis zur Tollwut übertragen.
Auch Weingarten selbst und die Umgebung des Stätchens sind einen Besuch wert: Freunde des Barock finden in Zwiefalten eine weitere architektonische Perle; das nahegelegene Ravensburg mit seinen Türmen und Toren lädt zu einem Stadtbummel ein. Etwa dreißig Kilometer westlich bietet der Affenberg bei Salem ein „tierisches“ Erlebnis. Und bis zum Bodensee sind es nur etwa fünfzig Kilometer.