Burgen der Schwäbischen Alb: Festungsruine Hohenneuffen

Die Festungsruine Hohenneuffen ist die größte Burgruine der Schwäbischen Alb und war eine von sieben Landesburgen. Ihre Geschichte geht bis ins 12. Jahrhundert zurück.

Strategisch günstig liegt die Festungsruine Hohenneuffen auf einem 743 Meter hohen Weißjurafelsen, der dem Albtrauf leicht vorgelagert ist. Der Standort bietet topografische Gegebenheiten, die eine natürliche Verteidigungsanlage darstellen, und eine exzelltente Aussicht über den Albtrauf von der Reutlinger Achalm im Südwesten, über das gesamte Albvorland bis zu den Stauferbergen im Nordosten.

Burgruine Hohenneuffen
Die Festungsruine Hohenneuffen liegt auf dem gleichnamigen natürlichen Felssporn oberhalb des Steinachtals. Es ist nicht abschließend geklärt, ob der Hohenneuffen bereits im Altertum besiedelt war. Es gibt Hinweise darauf, dass er in der La-Tène-Zeit (450-1 v. Chr.) einen Außenposten des Heidengraben-Oppodiums bildete, welches die ganze „Erkenbrechtsweiler Halbinsel“ auf der Albhochfläche umfasste.

Mittelalterliche Burg und Ausbau zur Landesfestung

Burgruine Hohenneuffen
Herzog Ulrich trieb die Fortifikation der Burg voran. Teile der Kasematten sind heute noch erhalten und frei zugänglich.

So ist es nicht erstaunlich, dass Mangold von Sulmentingen Anfang des 12. Jahrhunderts den Felssporn über dem Steinachtal für die Erbauung seines Stammsitzes wählte. In unmittelbarer Nähe zum ehemals größten keltischen Oppodium ließ er eine Höhenburg errichten und schützte diese mit einer drei Meter starken Schildmauer und einer inneren Ringmauer, die beide noch teilweise erhalten sind.

1198 wurde die Burg erstmals urkundlich erwähnt – damals war sie bereits im Besitz der namensgebenden Edelfreien von Neuffen, die sich das Vertrauen der zukünftigen Stauferkönige erworben hatten und teilweise hohe Ämter innehatten. Eindrücke vom mittelalterlichen Leben auf Burg Hohenneuffen geben die Lieder des Minnesängers Gottfried von Neifen, der dort lebte. Seine Werke waren schon zu Lebzeiten für ihre sprachliche Brillanz und ihre feine Ironie bekannt.

Burgruine Hohenneuffen
Uneinnehmbar: Die Festung Hohenneuffen war bereits im Mittelalter ein Bollwerk, das nicht mit bloßer Waffengewalt zu erobern war. Vom gegenüberliegenden Jusiberg ist gut erkennbar, wie der natürliche Fels in die Festungsanlage integriert wurde.

Bereits im 14. Jahrhundert, während des Reichskriegs, bewies die Burg, dass sie tatsächlich so uneinnehmbar war, wie es von ihr hieß – diesbezügliche Versuche scheiterten schmählich, obwohl die Hohenneuffen noch längst nicht voll ausgebaut war. Der Ausbau zur Landesfestung begann im 15. Jahrhundert, kam aber erst Mitte des 16. Jahrhunderts in Schwung. Unter Herzog Ulrich wurde die Fortifikation ernsthaft vorangetrieben.

Er ließ Rundtürme und Bastionen, Vorwerke und Kasematten, Stallungen und Zeughaus, Gräben und Wälle, eine Kommandatur und zwei Zisternen bauen. Es war eine Zeit politischer Unruhen (auch in Folge der Reformation), und der Herzog wollte seinen Herrschaftsbereich durch ein effizientes System mehrerer Festungen schützen: Die Landesburgen.

„Friedliche Übergabe“: Von Belagerungen und Eseln

Mehrfach geriet Burg Hohenneuffen in kriegerische Auseinandersetzungen. Sie blieb mit Waffengewalt uneinnehmbar und konnte nur durch „friedliche Übergabe“ eingenommen werden, was nicht nur wie ein Euphemismus klingt, sondern auch einer ist, denn so einer „friedlichen Übergabe“ ging eine monatelange, kräftezehrende und demoralisierende Belagerung voraus.

Zweimal kam es in der Geschichte des Hohenneuffen zu einer solchen Übergabe: Trotz ihres bombastischen Verteidigungswerks musste sich die Burg 1519 dem Schwäbischen Bund ergeben. Im 30-jährigen Krieg kapitulierten die Burgherren nach 15-monatiger Belagerung, und übergaben die Burg an die kaiserlichen Truppen. Entgegen anderslautender Zusagen wurde die Burgmannschaft zum Dienst im kaiserlichen Heer gezwungen.

Burgruine Hohenneuffen
Einst dienten die zerklüfteten Felsen des Hohenneuffen den Erdwichtelein als Wohnstatt. Die Männlein trugen gelbe Hosen, rote Strümpfe, einen langen Bart und waren nur eine Elle groß. Vom Volk wurden sie geliebt und verehrt, denn sie taten den Menschen viel Gutes, heilten Kranke und erledigten nachts die Arbeit in Haus und Hof. Aus unbekannten Gründen kehrten die Erdwichtelein zurück ins Morgenland, aus dem sie gekommen waren. Vielleicht hatte der Lärm des Burgenbaus sie vertrieben, vielleicht ist die Geschichte aber auch aus der märchenhaften Stimmung entstanden, die oft am Hohenneuffen herrscht …

Einer Legende nach soll es ganz anders gelaufen sein: Müde von einer siebenjährigen Belagerung fütterten die Burgbewohner ihrem letzten verbliebenen Esel den letzten verbliebenen Dinkel. Der Esel verstarb an der ungewohnt üppigen Mahlzeit, und sein prall gefüllter Magen wurde über die Burgmauer hinabgeworfen. Als die Besatzer diese Verschwendung sahen, gingen sie davon aus, dass es in der Burg noch reichlich Lebensmittel gab, und zogen ab.

Als Andenken an den rettenden Esel wurde einer seiner Füße in der Burg aufgehängt, was auch zur Folge hatte, dass missgünstige Nachbarn die Neuffener fortan „Eselfresser“ oder einfach nur „Esel“ nannten. Die Geschichte ist historisch nicht begründet – wer häufiger Burgen besucht, wird der Legende vom gut gefüllten Tiermagen, der Belagerer in die Irre führt, häufiger begegnen. Dennoch ist der Esel bis heute ein Maskottchen der Hohenneuffen.

Esel auf Ruine Hohenneuffen
Ein Kuhmagen voller Gerste, ein Eselmagen voller Dinkel: Dass Belagerte ihre letzten Getreidevorräte an ihr letztes Tier verfütterten und den Belagerern vor die Füße warfen, hört man häufiger. Sehr viel seltener ist es historisch hieb- und stichfest bewiesen. Der Esel, der die Burg aus der Misere der langjährigen Belagerung gerettet haben soll, ist dennoch bis heute das Maskottchen der Festung Hohenneuffen. Das Tier, das verschmitzt aussieht und so, als könnte man ihm nicht zu hundert Prozent trauen, ziert unter anderem eine Wand im Innenhof.

Noch mehr Esel: Das Erbe des Wasserträgers

Ruine Hohenneuffen
Stilvoll feiern konnten nicht nur die Ritter im Mittelalter: Wer für seine Hochzeit oder Familienfeier ein ganz besonders Ambiente sucht, ist auf der Hohenneuffen richtig.

Eine andere Geschichte erzählt, wie ein Neuffener Esel zu unerwartetem Vermögen kam: Esel wurden auf der Burg als Wasserträger gehalten, weil es an frischem Wasser fehlte. Ein „gutes Weiblein aus Linsenhofen“ soll mit einem dieser Wasserträger Mitleid gehabt haben.

Als sie krank wurde, vermachte sie dem Esel in ihrem Testament eine große Wiese in der Nähe des Hohenneuffen. Bis zur Schleifung der Burg Anfang des 19. Jahrhunderts  ließ der Burgkommandant die „Eselswiese“ jedes Jahr mähen, „und Pferde und Kühe genossen das Erbe des Grautiers“.

Das gefiel nicht jedem, denn das Recht auf den zweiten Grasschnitt (Öhmdrecht) lag bei den Bewohnern von Linsenhofen. Gerne hätten sie alle Rechte an dem Grundstück gehabt, scheiterten damit aber. Im Landesarchiv Baden-Württemberg finden sich mehrere Akten über die Ablehnung wiederholter Gesuche der Anrainer zur „käuflichen Überlassung der vier Morgen hersschaftlicher Brühl- und Eselswiese oberhalb Linsenhofens“.

Festungsruine Hohenneuffen
Wie viele andere Burgen diente auch der Hohenneuffen als Gefängnis. Ein bekannter Gefangener war Joseph Ben Issachar Süßkind Oppenheimer (1698–1738), der Hofbankier und Berater des Herzogs Carl Alexander von Württemberg. Am Todestag des Herzogs wurde der jüdische Kaufmann verhaftet und sein Vermögen konfisziert. Oppenheimer wurde des Hochverrats, des Raubs aus staatlichen Kassen und der Kränkung des protestantischen Glaubens angeklagt und in der Burg Hohenneuffen in verschärfter Einzelhaft untergebracht. Nach zwei Monaten wurde er nach Hohenasperg  verlegt und später ohne fairen Prozess oder auch nur Beweise für seine Schuld verurteilt. Nach seine Hinrichtung am 4. Februar 1738 wurde sein Leichnam sechs Jahre lang in einem eisernen Käfig zur Schau gestellt. Als „Jud Süß“ beschäftigte sein Leben nicht nur Historiker, sondern auch Künstler, deren Bücher, Filme und Theaterstücke teilweise deutlich antisemitisch geprägt waren.

Schleifung, Dreiländerkonferenz und Täleswein: Burg Hohenneuffen heute

Ruine Hohenneuffen
Kaffee mit Blick: Bestimmt haben die Burgherren die dicken Mauern nur zum Sitzen und als praktische Ablage gebaut … Direkt unterhalb der Burg, am Süd(west)hang, gedeiht der beliebte Täleswein. Der kann auf der Burg natürlich auch verkostet werden.

Im 18. Jahrhundert war Herzog Karl Alexander bestrebt, Burg Hohenneuffen zu einer Festung nach französischem Vorbild auszubauen. Er starb allerdings vor Abschluss der Bauarbeiten. Wegen der horrenden Kosten und dem mittlerweile zweifelhaften militärischen Nutzen wurde das Ausbauprojekt erst verkleinert, dann ganz eingestellt. Das Interesse an der Festung schwand, sie wurde zunehmend baufällig.

1801 begann die Schleifung der Burg – die Baumaterialien wurden verkauft, und die Burg zum Abbruch freigegeben. Die Anwohner waren froh über das günstige Baumaterial und nutzten die Möglichkeit eifrig. 1832 folgte dann ein Verbot zur weiteren Zerstörung der Festungsanlage.

Dreißig Jahre später wurde die Ruine erneut zugänglich gemacht – diesmal für Besucher. Bereits 1862 gab es im Burghof eine Gaststätte, die den Beginn der touristischen Nutzung markiert. Erst im 20. Jahrhundert setzten gezielte Sanierungsmaßnahmen ein.

1948 fand auf der Hohenneuffen die Dreiländerkonferenz statt. Minister, Parteivorsitzende und Abgeordnete der Länder Württemberg-Baden, Württemberg-Hohenzollern und Baden trafen sich hier, um über eine Annäherung der drei Länder zu sprechen. Gut bewirtet mit dem „Täleswein“, der an den Weinbergen unterhalb der Burg gedeiht, erzielten sie zwar keine Einigung, stellten aber die Weichen für die spätere Bildung des Südweststaates Baden-Württemberg, in dem die Gebiete vereint wurden.

Ruine Hohenneuffen
Entlang der Albkante führen mehrere aussichtsreiche Wanderwege um und zur Burgruine Hohenneuffen, die zu jeder Jahreszeit ihren Charme haben: Hellgrüne Buchenwälder im Frühjahr, schattige Wege im Sommer, buntes Laub im Herbst und Raureif-Landschaften im Winter. Vor allem im Herbst und Winter liegt die Burg oft knapp oberhalb der Nebelkante.

Heute ist der Hohenneuffen ein beliebtes Ausflugsziel. Kaffee und Kuchen im Biergarten (mit fantastischem Ausblick) sind ein schöner Abschluss für Wanderungen entlang des Albtraufs. Im Sommer finden regelmäßig Flugshows der Falknerei statt. Zudem kann die Burg für Events und Feiern (teilweise) gebucht werden.

Lust auf noch mehr Burgen? Dann stöbern Sie in unserer Übersicht der vorgestellten Burgen und Schlösser auf der Schwäbischen Alb.

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