Die Festungsruine Hohenneuffen ist die größte Burgruine der Schwäbischen Alb und war eine von sieben Landesburgen. Ihre Geschichte geht bis ins 12. Jahrhundert zurück.
Strategisch günstig liegt die Festungsruine Hohenneuffen auf einem 743 Meter hohen Weißjurafelsen, der dem Albtrauf leicht vorgelagert ist. Der Standort bietet topografische Gegebenheiten, die eine natürliche Verteidigungsanlage darstellen, und eine exzelltente Aussicht über den Albtrauf von der Reutlinger Achalm im Südwesten, über das gesamte Albvorland bis zu den Stauferbergen im Nordosten.
Mittelalterliche Burg und Ausbau zur Landesfestung
So ist es nicht erstaunlich, dass Mangold von Sulmentingen Anfang des 12. Jahrhunderts den Felssporn über dem Steinachtal für die Erbauung seines Stammsitzes wählte. In unmittelbarer Nähe zum ehemals größten keltischen Oppodium ließ er eine Höhenburg errichten und schützte diese mit einer drei Meter starken Schildmauer und einer inneren Ringmauer, die beide noch teilweise erhalten sind.
1198 wurde die Burg erstmals urkundlich erwähnt – damals war sie bereits im Besitz der namensgebenden Edelfreien von Neuffen, die sich das Vertrauen der zukünftigen Stauferkönige erworben hatten und teilweise hohe Ämter innehatten. Eindrücke vom mittelalterlichen Leben auf Burg Hohenneuffen geben die Lieder des Minnesängers Gottfried von Neifen, der dort lebte. Seine Werke waren schon zu Lebzeiten für ihre sprachliche Brillanz und ihre feine Ironie bekannt.
Bereits im 14. Jahrhundert, während des Reichskriegs, bewies die Burg, dass sie tatsächlich so uneinnehmbar war, wie es von ihr hieß – diesbezügliche Versuche scheiterten schmählich, obwohl die Hohenneuffen noch längst nicht voll ausgebaut war. Der Ausbau zur Landesfestung begann im 15. Jahrhundert, kam aber erst Mitte des 16. Jahrhunderts in Schwung. Unter Herzog Ulrich wurde die Fortifikation ernsthaft vorangetrieben.
Er ließ Rundtürme und Bastionen, Vorwerke und Kasematten, Stallungen und Zeughaus, Gräben und Wälle, eine Kommandatur und zwei Zisternen bauen. Es war eine Zeit politischer Unruhen (auch in Folge der Reformation), und der Herzog wollte seinen Herrschaftsbereich durch ein effizientes System mehrerer Festungen schützen: Die Landesburgen.
„Friedliche Übergabe“: Von Belagerungen und Eseln
Mehrfach geriet Burg Hohenneuffen in kriegerische Auseinandersetzungen. Sie blieb mit Waffengewalt uneinnehmbar und konnte nur durch „friedliche Übergabe“ eingenommen werden, was nicht nur wie ein Euphemismus klingt, sondern auch einer ist, denn so einer „friedlichen Übergabe“ ging eine monatelange, kräftezehrende und demoralisierende Belagerung voraus.
Zweimal kam es in der Geschichte des Hohenneuffen zu einer solchen Übergabe: Trotz ihres bombastischen Verteidigungswerks musste sich die Burg 1519 dem Schwäbischen Bund ergeben. Im 30-jährigen Krieg kapitulierten die Burgherren nach 15-monatiger Belagerung, und übergaben die Burg an die kaiserlichen Truppen. Entgegen anderslautender Zusagen wurde die Burgmannschaft zum Dienst im kaiserlichen Heer gezwungen.
Einer Legende nach soll es ganz anders gelaufen sein: Müde von einer siebenjährigen Belagerung fütterten die Burgbewohner ihrem letzten verbliebenen Esel den letzten verbliebenen Dinkel. Der Esel verstarb an der ungewohnt üppigen Mahlzeit, und sein prall gefüllter Magen wurde über die Burgmauer hinabgeworfen. Als die Besatzer diese Verschwendung sahen, gingen sie davon aus, dass es in der Burg noch reichlich Lebensmittel gab, und zogen ab.
Als Andenken an den rettenden Esel wurde einer seiner Füße in der Burg aufgehängt, was auch zur Folge hatte, dass missgünstige Nachbarn die Neuffener fortan „Eselfresser“ oder einfach nur „Esel“ nannten. Die Geschichte ist historisch nicht begründet – wer häufiger Burgen besucht, wird der Legende vom gut gefüllten Tiermagen, der Belagerer in die Irre führt, häufiger begegnen. Dennoch ist der Esel bis heute ein Maskottchen der Hohenneuffen.
Noch mehr Esel: Das Erbe des Wasserträgers
Eine andere Geschichte erzählt, wie ein Neuffener Esel zu unerwartetem Vermögen kam: Esel wurden auf der Burg als Wasserträger gehalten, weil es an frischem Wasser fehlte. Ein „gutes Weiblein aus Linsenhofen“ soll mit einem dieser Wasserträger Mitleid gehabt haben.
Als sie krank wurde, vermachte sie dem Esel in ihrem Testament eine große Wiese in der Nähe des Hohenneuffen. Bis zur Schleifung der Burg Anfang des 19. Jahrhunderts ließ der Burgkommandant die „Eselswiese“ jedes Jahr mähen, „und Pferde und Kühe genossen das Erbe des Grautiers“.
Das gefiel nicht jedem, denn das Recht auf den zweiten Grasschnitt (Öhmdrecht) lag bei den Bewohnern von Linsenhofen. Gerne hätten sie alle Rechte an dem Grundstück gehabt, scheiterten damit aber. Im Landesarchiv Baden-Württemberg finden sich mehrere Akten über die Ablehnung wiederholter Gesuche der Anrainer zur „käuflichen Überlassung der vier Morgen hersschaftlicher Brühl- und Eselswiese oberhalb Linsenhofens“.
Schleifung, Dreiländerkonferenz und Täleswein: Burg Hohenneuffen heute
Im 18. Jahrhundert war Herzog Karl Alexander bestrebt, Burg Hohenneuffen zu einer Festung nach französischem Vorbild auszubauen. Er starb allerdings vor Abschluss der Bauarbeiten. Wegen der horrenden Kosten und dem mittlerweile zweifelhaften militärischen Nutzen wurde das Ausbauprojekt erst verkleinert, dann ganz eingestellt. Das Interesse an der Festung schwand, sie wurde zunehmend baufällig.
1801 begann die Schleifung der Burg – die Baumaterialien wurden verkauft, und die Burg zum Abbruch freigegeben. Die Anwohner waren froh über das günstige Baumaterial und nutzten die Möglichkeit eifrig. 1832 folgte dann ein Verbot zur weiteren Zerstörung der Festungsanlage.
Dreißig Jahre später wurde die Ruine erneut zugänglich gemacht – diesmal für Besucher. Bereits 1862 gab es im Burghof eine Gaststätte, die den Beginn der touristischen Nutzung markiert. Erst im 20. Jahrhundert setzten gezielte Sanierungsmaßnahmen ein.
1948 fand auf der Hohenneuffen die Dreiländerkonferenz statt. Minister, Parteivorsitzende und Abgeordnete der Länder Württemberg-Baden, Württemberg-Hohenzollern und Baden trafen sich hier, um über eine Annäherung der drei Länder zu sprechen. Gut bewirtet mit dem „Täleswein“, der an den Weinbergen unterhalb der Burg gedeiht, erzielten sie zwar keine Einigung, stellten aber die Weichen für die spätere Bildung des Südweststaates Baden-Württemberg, in dem die Gebiete vereint wurden.
Heute ist der Hohenneuffen ein beliebtes Ausflugsziel. Kaffee und Kuchen im Biergarten (mit fantastischem Ausblick) sind ein schöner Abschluss für Wanderungen entlang des Albtraufs. Im Sommer finden regelmäßig Flugshows der Falknerei statt. Zudem kann die Burg für Events und Feiern (teilweise) gebucht werden.
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