Burgen der Schwäbischen Alb: Hohengundelfingen im Lautertal

Gleich zwei Burgen hat der kleine Ort Gundelfingen im Lautertal vorzuweisen. Die Gipfelburg im Tal bildet dabei eine Ausnahme. Die Spornburg auf dem Felsen beeindruckt mit ihrem wuchtigen Bergfried.

Das Gelände bestimmt die Form: Die mittelalterlichen Burgenbauer auf der Schwäbischen Alb nutzten die natürlichen Gegebenheiten der felsigen Region optimal aus und platzierten ihre Burgen auf Felsnadeln und an Talrändern. Diese sogenannten „Spornburgen“ sind der häufigste Burgentyp auf der Schwäbischen Alb – bekannte Beispiele sind Burg Reußenstein bei Neidlingen und Burg Wildenstein im Oberen Donautal.

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Von Gipfel- und Spornburgen

Weniger verbreitet sind Gipfelburgen – wie der Name es nahelegt, finden sie sich auf dem Gipfel eines Berges oder freistehenden Hügels. Solche Geländegegebenheiten sind auf der Schwäbischen Alb die Ausnahme, entsprechend wenige Gipfelburgen finden sich hier, etwa die Ruine auf der Reutlinger Achalm und die Hohenurach. Eine weitere steht auf dem Umlaufberg in Gundelfingen im Lautertal.

Burg Niedergundelfingen
Ruine Niedergundelfingen entstand vermutlich um 1080 und wurde im 13. Jh. ausgebaut. Sie ist eine der wenigen Gipfelburgen am Albrand. Sie besteht aus einer rechteckigen Ringmauer, die von einer Zwingermauer umgeben ist. Auf den für die damalige Zeit typische Bergfried wurde verzichtet. Niedergundelfingen ist in Privatbesitz und kann nicht besichtigt werden.

Es waren vor allem die großen und mächtigen Geschlechter, die solche strategisch günstigen Lagen für sich beanspruchten, und Gipfelburgen erbauen ließen. Der kleine Adel wich auf die Felsen, Bergnasen und Sporne am Talrand aus.

Sporn- und Gipfelburgen unterscheiden sich nicht nur durch ihre Lage, sondern auch durch ihre Architektur: Bei Gipfelburgen steht der Bergfried meist an der höchsten Stelle. Das sichert den Überblick über die gesamte Burganlage und vereinfacht eine Verteidigung in alle Richtungen.

Burg Hohengundelfingen
Die Burgruine Hohengundelfingen liegt auf 725 m Höhe auf einem Felsen oberhalb der Lauter, die gemächlich nach Süden mäandert.

Bei vielen Spornburgen dient der Bergfried hingegen als Frontturm. Die steil abfallenden Felsen schützen Spornburgen auf natürliche Weise auf zwei oder drei Seiten – die exponierte Lage bietet einen exzellenten Schutz vor Angriffen aus dem Tal, aber oft eine Schwachstelle zur Bergflanke hin. Der Bergfried wurde daher an der „Feldseite“ zur Verteidigung der Hochfläche erbaut. Oft wurde er zusätzlich mit einem Halsgraben geschützt, und die Burg damit vom umliegenden Gelände „abgeschnitten“.

Der Gundelfinger Bergfried war doppelt so hoch wie heute

Burgruine Hohengundelfingen
Der Bergfried von Hohengundelfingen war ursprünglich mehr als doppelt so hoch. Der Eingang lag oberhalb des heute noch sichtbaren, 12 m hohen Stumpfes.

Die Burgruine Hohengundelfingen ist eine typische Spornburg, mit einem wuchtigen Bergfried, der den Zugang zur unterhalb liegenden Kernburg absichert. Der heute noch erhaltene Stumpf ist rund zwölf Meter hoch.

Ursprünglich war der Turm mehr als doppelt so hoch – eine Höhe von rund dreißig Metern lässt sich aus den zahlreichen, in den Burggraben gestürzten Mauersteinen schließen. Über dem Mauerwerk erhob sich noch ein weiteres Stockwerk aus Holz.

Der Eingang zum Bergfried lag oberhalb des heute erhaltenen Stumpfes. Solche Hocheingänge an der Hofseite waren nur durch eine einziehbare Leiter oder eine leicht abschlagbare Treppe erreichbar. So bot der Turm eine schwer einnehmbare letzte Zuflucht, wenn Feinde in den inneren Bereich der Burg gelangten.

Burgruine Hohengundelfingen, Frauenhaus
Vom Bergfried hat man einen schönen Blick auf das Frauenhaus und das Lautertal mit der Ruine Niedergundelfingen.

Daraus leitet sich auch der Begriff „türmen“ ab – wer „türmt“, läuft an einen sicheren Ort, um sich einer unangenehmen Situation zu entziehen.

Mit einer Grundfläche von 8,6 auf 8,1 Meter gehört der Bergfried von Hohengundelfingen zu den größten in der Region. Auffallend ist er aber weniger wegen seiner Abmessungen, als vielmehr wegen seiner Maurertechnik. Während der Rest der Burg aus unbehauenen, groben Bruchsteinen gebaut wurde, wurden im Bergfried riesige Buckelquader aus härtestem Jurakalk verwendet.

Tonnenschwere Buckelquader: Woher kamen sie?

Burgruine Hohengundelfingen Buckelquader
Buckelquader werden nur an den sichtbaren Kanten bearbeitet. Zwischen diesen „Randschlägen“ bleibt der namensgebende Bucke stehen.

Buckelquader sind große Mauersteine, mit deutlichen, sauber ausgeführten Randschlägen an den Sichtseiten. Der „Steinrest“ zwischen den behauenen Seiten bildet einen Buckel, der roh belassen oder nur wenig bearbeitet wurde. Die Steine für den Gundelfinger Bergfried stammen vermutlich aus dem 12 m breiten Halsgraben, der zugleich als Steinbruch diente. Mit einer Kantenlänge von eineinhalb Metern haben die Quader teilweise ein Gewicht von eineinhalb bis zwei Tonnen.

Der genaue Zweck der Buckelquader ist nicht bekannt. Die Theorie, dass die Buckel das Hochschieben von Sturmleitern verhindern sollten, konnte nicht überzeugen, da Sturmleitern auch anders angelehnt werden können. Einer weiteren Theorie zufolge sollten die Buckel Kugeln von ihrer Bahn ablenken. Auch dafür gibt es keine schlüssigen Beweise.

Angenommen wird heute, dass es sich um ein reines Gestaltungselement handelte – durch die Buckel wirkten die Burgmauern besonders abweisend und wuchtig. Vielleicht waren die Gründe auch ganz profan in der Arbeitsersparnis zu finden, weil nur die Ränder der Steine behauen werden mussten.

Burgruine Hohengundelfingen
Die unterschiedliche Maurertechnik ist hier gut erkennbar: Während die meisten Gebäude und Mauern der Hohengundelfingen aus rohen Feldsteinen bestehen, wurden am Bergfried behauene Buckelquader aus Jurakalk verwendet.

An den mittelalterlichen Burgen der Schwäbischen Alb werden Buckelquader vorwiegend der Regierungszeit der Staufer (1138 bis 1268) zugeordnet. Unterschiedliche Buckelformen erleichtern Historikern die zeitliche Einordnung. Wer Burg Hohengundelfingen wann bauen ließ, ist dennoch nicht abschließend geklärt. Swigger IV. von Gundelfingen (ca. 1160-1228) gilt als möglicher Erbauer der Burg.

Im Gespräch ist auch, dass insbesondere der Bergfried um etwa 1100 von lombardischen Baumeistern und Steinmetzen errichtet wurde, welche beim Bau des Klosters Zwiefalten beteiligt waren. Die Herren von Gundelfingen waren, ebenso wie die benachbarten Hundersinger (auch dort gibt es einen Buckelquader-Bergfried), Parteigänger der päpstlichen Politik, der auch das Kloster Zwiefalten angehörte.

Zu späterer Zeit, während der Bauernkriegsunruhen 1525, soll die Burg den Mönchen von Zwiefalten als Unterschlupf gedient haben. Verbindungen zwischen Gundelfingen und Zwiefalten gelten als belegt, und es ist gut möglich, dass schon Swigger sich Handwerker aus Zwiefalten „ausborgte“ – die hohe Qualität der Steinbearbeitung legt auf alle Fälle nahe, dass hier echte Profis am Werk waren.

Kurze Geschichte der Hohengundelfingen

Burgruine Hohengundelfingen
1389 wurde die Hohengundelfingen zerstört. Heute ist von der imposanten Burg eine durchaus imposante Ruine geblieben.

1236 wird Burg Hohengundelfingen das erste Mal urkundlich erwähnt. Bereits kurz darauf beginnt der Niedergang der Adelsfamilie, die die Burg 1293 an die Habsburger verkauft. Sie wechselt vielfach den Besitzer und wird regelmäßig verpfändet. Zwischen 1377 und 1389 wird die Burg durch die Reichsstädte zerstört und ab 1389 als Burgstall bezeichnet – ein anderes Wort für Ruine. Auch nach ihrem schrittweisen Verfall soll die Burg immer wieder bewohnt gewesen sein – unter anderem von den oben genannten Mönchen von Zwiefalten.

Nach etlichen weiteren Verkäufen findet die Burg 1939 ihren vorerst letzten Besitzer. Der Neu-Ulmer Fabrikant Hans Römer kauft die Anlage und lässt in einem Zeitraum von siebzehn Jahren umfassende Instandsetzungs- und Ergänzungsarbeiten durchführen. Seine Tochter Dorothea Römer vermachte ihr Vermögen und die Burg nach ihrem Tod 2003 der Dorothea-Römer-Stiftung, welche sich um den Erhalt der Burgruine kümmert.

Hohengundelfingen heute

Burgruine Hohengundelfingen Frauenhaus
Lieblingsplatz: Die Bank unter der Eiche im ehemaligen Frauenhaus ist ein besonders schönes Plätzchen auf der Hohengundelfingen.

Heute sind neben dem Stumpf des Bergfrieds nur wenige intakte Gebäude aber viele Mauern erhalten. Der Rundgang durch die Kernburg beginnt im nördlich gelegenen Vorhof, wo eine Info-Tafel Übersicht über die Burganlage gibt.

Die überbaute Fläche der Kernburg betrug rund 3.200 Quadratmeter und umfasste Zwinger, Wehrgänge, Schildmauer, Palas, Burghof und Zisterne. Ein besonders schönes Plätzchen ist das rund angelegte Frauenhaus. Auf einer Bank unter einer Eiche lässt sich hier die wunderbare Aussicht genießen.

Von der Vor- oder Unterburg ist außer der Umfassungsmauer nicht mehr viel übrig. Die Grundmauern legen nahe, dass sich die Unterburg auf mehrere Terrassen erstreckte. Hier befanden sich Pferde- und Viehställe, Werkstätten, Scheunen und Wirtschaftsgebäude. Diese waren größtenteils leicht gebaute Holz- und Fachwerkbauten ohne größere Fundamente, weswegen heute nicht mehr viel davon zu finden ist. Die Grundfläche der Vorburg betrug rund 1.800 m².

Burgruine Hohengundelfingen
Von der Vorburg sind nur noch einige Mauern und ein Zugangstor vorhanden. Durch dieses führt ein (sehr steiler) Wanderweg ins Lautertal.

Vom Bergfried der Hohengundelfingen hat man nicht nur einen guten Blick auf die darunter liegende Burganlage sondern auch auf die Hochflächen der Alb, auf die Burgruine Niedergundelfingen und über das Lautertal, das früher eine wichtige Handelsroute darstellte.

Burg Hohengundelfingen ist frei begehbar – ein Besuch lohnt zu jeder Jahreszeit. Besonders schön ist die Stimmung in der Abendsonne.

Lust auf noch mehr Burgen? Dann stöbern Sie in unserer Übersicht der vorgestellten Burgen und Schlösser auf der Schwäbischen Alb.

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