Deutschland ist reich an Schlössern und Burgen. Um welchen Typ Burg es sich handelt, lässt sich auch anhand der topografischen Lage bestimmen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Burgen zu kategorisieren: Nach Verwendungszweck, Baustil oder topografischer Lage. Die Grenzen sind dabei oft fließend, und ein und dieselbe Burg kann mehreren Kategorien angehören. Die Einteilungen gehen nicht auf mittelalterliche Begriffe zurück, sondern wurden von Burgenforschern des 19. und 20. Jahrhunderts geprägt.
Werden Burgen nach ihrer topografischen Lage klassifiziert, so unterscheidet man Höhen- und Niederungsburgen. Höhenburgen werden auf einer natürlichen Anhöhe errichtet – je nach Lage unterscheidet man Gipfel-, Sporn-, Kamm-, Hang- und Felsenburgen. Niederungsburgen finden sich hingegen im Tal als Wasser-, Fluss-, Ufer-, Sumpf- oder Inselburgen. Auch Brücken- und Hafenburgen zählen zu den Niederungsburgen.
Niederungsburgen: Leben im Tief
Niederungsburgen wurden im Flachland oder in der Talsohle erbaut. In Deutschland trifft das auf etwa vierunddreißig Prozent der Burganlagen zu.
Flachlandburgen fehlt der natürliche Verteidigungsvorteil, den Höhenlagen mitbringen. Sie wurden daher besonders gerne an Stellen errichtet, die eine feindliche Annäherung auf andere Weise erschwerten. Dafür kamen Sümpfe, Flusschleifen oder Inseln in Frage. Fehlten natürliche Hindernisse, wurden diese in Form von Wällen, Gräben, Ringmauern und Palisaden künstlich errichtet.
Beispiele für Niederungsburgen in Deutschland sind Schloss Glücksburg bei Flensburg und Burg Nassenfeld in Bayern.
Gipfelburgen: Leben mit Überblick
Eine Gipfelburg wird auf dem Gipfel eines Berges oder (freistehenden) Hügels errichtet, mit vier steilen Flanken. Die Lage am höchsten Punkt garantiert einen guten Überblick in alle Himmelsrichtungen, und einen guten Schutz vor Beschuss von oben. Außerdem haben Gipfelburgen auch repräsentativen Charakter.
Die Wasserversorgung gestaltete sich allerdings oft schwierig. Sofern keine Quelle in der Nähe war, mussten Brunnen weit durch den Fels getrieben werden, um an Wasser zu kommen. Das war oft der teuerste und aufwendigste Teil des Burgenbaus.
Durch ihre Abgelegenheit waren Gipfelburgen zwar vor Angreifern gut geschützt, weil die (steilen) Bergflanken das Anrücken feindlicher Truppen erschwerte. Umgekehrt war aber ein schnelles Ausrücken der eigenen Truppen ebenso schwierig, um so mehr, da solche Burgen oft realtiv weit weg von Straßen und Handelswegen standen.
Beispiele für Gipfelburgen auf der Schwäbischen Alb sind die Ruine Hohenurach, die Niedergundelfingen im Lautertal, und die weltweit bekannte Burg Hohenzollern.
Welche Burg gilt als die längste Burganlage der Welt?
Spornburgen: Leben am Abgrund
Die Spornburg liegt auf einem Fels- oder Bergsporn, oft sehr exponiert, aber unterhalb von Berggipfeln oder -kuppen. Drei Seiten einer Spornburg sind durch steil abfallende Geländeformen auf natürliche Weise vor Angriffen geschützt. Der Bergfried steht meist als Frontturm an der am wenigsten geschützten Hangseite.
Da Spornburgen oft an Geländekanten stehen, war die Wasserversorgung einfacher, als in Gipfelburgen: Brunnen mussten in (oder bei) Spornburgen für gewöhnlich nicht so tief durch den Berg getrieben werden.
Ein weiterer Vorteil ist die topografische Nähe zu Handelswegen wie Flüssen oder Straßen – das umliegende Gelände konnte von Spornburgen gut kontrolliert werden.
Spornburgen sind der meistverbreitete Burgentyp in Deutschland.
Beispiele auf der Schwäbischen Alb sind Schloss Lichtenstein bei Reutlingen, die Ruine Reußenstein bei Neidlingen und die Ruine Hohengundelfingen im Lautertal.
Kammburgen: Leben in Balance
Kammburgen werden auf einem Bergkamm oder einem Bergrücken gebaut – sie „balancieren“ auf einem mehr oder weniger breiten Geländegrat und sind meist länglich in ihrer Form. Das bot einerseits einen guten natürlichen Schutz, durch die langgestreckte Bauweise aber auch eine größere Angriffsfläche.
Kammburgen sind eine selten gewählte Bauform – in Deutschland gehört die Burg zu Burghausen zu den wenigen Beispielen. Mit einer Länge von 1.051 ist sie nicht nur die größte Kammburg Deutschlands, sondern gilt als die längste Burganlage der Welt.
Hangburgen: Leben unter Beschuss
Hangburgen liegen an einem Hang unterhalb eines Gipfels. Sie waren besonders durch Angriffe von oben gefährdet, weshalb ihre Befestigungsmauern und der Bergfried meist hangaufwärts gebaut wurden.
Vorteile einer Hangburg waren die deutlich geringere Brunnentiefe und die Nähe zu den Verkehrswegen, die sie oft bewachten und Zölle nahman. In Deutschland finden sich Hangburgen vor allem in den Flusstälern und Mittelgebirgen. Weltweit machen sie nur etwa ein Prozent der Burgen aus – durch die Angreifbarkeit „von hinten“ war ihr strategischer Nutzen stark eingeschränkt.
Bekannte Beispiele für Hangburgen in Deutschland sind Burg Ehrenfels in Rüdesheim und die Rietburg bei Rhodt in der Pfalz.
Felsenburgen: Leben mit dem Fels
Felsenburgen sind Höhen- oder auch Spornburgen, bei denen der natürliche Fels in die Wehranlagen mit einbezogen wird und Teile der Gebäudewände aus Naturfels bestehen.
Im Unterschied zu gewöhnlichen Höhenburgen, die nur auf einem Fels gebaut sind, werden Felsenburgen durch natürliche, oft freistehende Felsnadeln oder Klippen geprägt. Diese wurden in den Burgenbau direkt einbezogen.
Bei leicht zu bearbeitendem Gestein wurden Gänge, Räume oder Zisternen direkt aus dem Fels gehauen. Das war vor allem in Regionen mit weichen Sandsteinvorkommen der Fall – etwa im Pfläzerwald und in der Sächsischen Schweiz.
Solche „Aushöhlungen“ gab es überwiegend in den unteren Geschossen, auch als Durchgänge oder Brunnenschächte.
Oft wurden die Felsen aber auch „nur“ durch hölzerne Gebäude ergänzt – von solchen Anlagen ist heute nicht mehr viel übrig.
In Deutschland finden sich Felsenburgen im Pfälzerwald und in der Sächsischen Schweiz, bekanntestes Beispiel ist die Ruine Neurathen.
Höhlen- und Grottenburgen: Leben im Fels
Höhlenburgen integrieren natürliche Felshöhlen als zusätzlichen Wohnraum in die Burganlage. Sie sind den Felsenburgen nah verwandt und unterscheiden sich hauptsächlich darin, dass bei Felsenburgen allenfalls in den Untergeschossen Höhlen in den Stein gehauen wurden, während der Hauptbau aus „aufgesetzten“ Holz- und Steingebäuden bestand. Höhlenburgen werden hingegen vor oder in eine Höhle gebaut.
Von der reinen Wohnhöhle grenzen sie sich dadurch ab, dass sie mit den typischen wehrhaften Elementen einer Burg „umbaut“ wurden.
Der Unterschied zwischen Grotten- und Höhlenburgen spielt hauptsächlich im wissenschaftlichen Kontext eine Rolle; umgangssprachlich werden die Begriffe synonym verwendet.
Beispiele für Höhlenburgen in Deutschland sind Burg Buchfarth in Thüringen und Burg Stein an der Traun in Bayern.
Lust auf noch mehr Burgen? Dann stöbern Sie in unserer Übersicht der vorgestellten Burgen und Schlösser auf der Schwäbischen Alb.