Ungewöhnliche Leidenschaft: Mehr als vierhundert Besen aus aller Welt und viele Anekdoten erwarten Besucher in Christl Hirners Besenmuseum „Besenwelten“ in Günzburg.
Wer Christl Hirners „Besenwelten“ besucht, bekommt einen neuen Blick auf einen altbekannten und meist nicht sonderlich geliebten Alltagsgegenstand und sollte sich Zeit nehmen. Mehr als vierhundert, überwiegend handgemachte Besen aus allen Kontinenten hat die 65-Jährige in den letzten Jahren zusammengetragen und im ehemaligen Swimmingpool ihres Einfamilienhauses die wohl eleganteste Besenkammer der Welt geschaffen.
Besen des Dalai Lama: Besondere Ausstellungsstücke im Besenmuseum
Vom gewöhnlichen Stallbesen bis zum „Hexen-Doppelsitzer“ findet sich unter den Exponaten alles, was Borsten, Tierhaare oder Federn hat. Ein Handbesen aus dem Haushalt des Dalai Lama etwa, von dem sein Überbringer überzeugt ist, dass das eher unscheinbare Stück ihm das Leben rettete.
Ein ganzes Sortiment von winzigen Tischbesen und Schäufelchen ist ebenso Bestandteil der Sammlung wie ein japanischer Teebesen samt Teeset, ein Mararaja-Zeremonienbesen mit schwerem Silbergriff, ein Schrankbesen zum Fegen hinter Schränken und ein Gänseflügel, der zum Auskehren des Kamins diente.
Christl Hirner weiß, dass mit Besen nicht nur Böden, Schränke oder Feuerstellen gereinigt wurden. „Mit dem Voodo-Besen werden böse Geister vertrieben“, erzählt sie. Nach altem Volksglauben wurde dem Kehren immer auch eine reinigende, katharische, ja magische Wirkung zugeschrieben – kein Wunder, dass sich im Handbuch des deutschen Aberglaubens eine ganze Menge Kehrvorschriften und Kehrverbote finden.
Besen an der Kapellentür als Gabe für den „Besenheiligen“
Christl Hirner kennt noch eine Menge anderer Besengeschichten. Etwa die vom Besenheiligen St. Rochus, der Hautkrankheiten zu heilen vermag, wenn ihm in aller Heimlichkeit ein Besen als Opfergabe gebracht wird.
„Im Allgäu hat sich dieser Brauch bis heute gehalten“, erzählt die Besensammlerin. „Die Besen, die sich übers Jahr in oder vor den Kapellen angesammelt haben, werden jeden Winter versteigert und der Erlös zur Renovierung der Kapellen verwendet.“
Der ein oder andere Besen in ihrem Museum ist ein reines Statussymbol. Der prunkvolle Gnuschwanz-Wedel etwa, den sie einem Massai-Häuptling abgekauft hat, oder die Besen, mit denen gebückt laufende Eunuchen bei Zeremonien den Weg des Herrschers reinfegten.
Christl Hirner ist weltweit unterwegs und kauft Besen
Wann immer es möglich ist, geht die resolute Dame auf Besenjagd. Weltweit. Den Satz „Ich möchte einen handgemachten Besen kaufen“, beherrscht sie in mindestens zwanzig Sprachen, und wenn sie ihn nicht kennt, dann greift sie auf Pantomime zurück. „Oft amüsiert sich das ganze Dorf, wenn ich gebückt über einen Hof laufe und mit einem nicht vorhandenen Besen gestikuliere“, erzählt sie schmunzelnd.
Viele Besen bekommt sie von den Besitzern geschenkt, sobald das Wort „Museum“ fällt. Dass sein selbstgemachter Besen in ein Museum im weit entfernten Deutschland darf, ist für manchen asiatischen Dorfbewohner Lohn genug.
„Viele sind sehr stolz, dass ihr Besen zum Ausstellungsstück wird“, sagt Christl Hirner. Wenn nicht, wird eben mit Händen und Füßen gefeilscht, gekauft oder getauscht. Denn so leicht lässt sich die „Besologin“ nicht abwimmeln.
Sechzehn Jahre lang hat sie verhandelt, um die Siegertrophäe eines Curling-Turniers zu bekommen und ihrer Sammlung ein weiteres, einzigartiges Stück hinzuzufügen.
Vorallem aber sammelt Christl Hirner Besen- und Kehrgeschichten, und sie erzählt sie lebhaft und gerne. Das macht einen Besuch der „Besenwelten“ zu einem lohnenden Erlebnis, übrigens auch für Kinder, die nicht nur an Chrisl Hirner im Hexenkostüm ihre Freude haben, sondern auch an dem wohl scheußlichsten Stück der Ausstellung: Harry Potters legendärem Nimbus 2000, komplett aus Vollplastik, mit integriertem Sound und Computerspiel im Stiel.
Und wer dem Fegen trotz all der magischen, lustigen oder spannenden Geschichten, die Christl Hirner dazu erzählen kann, noch immer nichts abgewinnen kann, der weiß nach einem Besuch des Museums wenigstens, wie er seinen Besen nutzbringend los wird: einfach vor die Tür stellen, mit den Borsten nach oben, dann verfangen sich böse Geister darin und können nicht ins Haus.
Besenmuseen in Deutschland
Deutschlandweit gibt es nur zwei Besenmuseen; dass sich beide in Schwaben, im „Land der Kehrwoche“ befinden, ist möglicherweise kein völliger Zufall. Immerhin hat das samstägliche Straßenfegen in Württemberg eine lange Tradition – die Geschichte der Kehrwoche reicht bis ins 15. Jahrhundert zurück.
Besenwelten, Privatmuseum von Christl Hirner, Besen aus aller Welt, altes Blechspielzeug. Wunderschön präsentierte und liebevoll gestaltete Ausstellung.
Besenmuseum Schloss Mochental, kleines Museum im Dachboden des Barockschlosses Mochental bei Ehingen. Schwerpunkt „Aberglaube rund ums Fegen“; Museum ist etwas dunkel, Besucher bleiben sich selbst überlassen. Dennoch viele interessante Informationen und Ausstellungsstücke. Lohnend sind auch der Besuch der Kunstgalerie und die Besichtigung des Barockschlosses.