Wäsche rein, Klappe zu, Knöpfchen drücken, fertig. Noch für unsere Großmütter war Schmutzwäsche waschen sehr viel anstrengender und dauerte mehrere Tage.
Heidrun Schulz kann Spaghetti mit Tomatensoße nicht leiden. Denn das gab es früher immer am Waschtag, und es war ganz entschieden Schlechte-Laune-Essen. „Waschen war Knochenarbeit“, erinnert sie sich. „Meine Mutter war wegen der Schufterei jedesmal gereizt, und in der Familie herrschte miese Stimmung.“
Einmal im Monat war großer Wasch- und Badetag
Einmal im Monat stand die Plackerei mit der großen Wäsche an. Der Waschtag begann mit der Planung und Vorbereitung. „Zunächst überlegt die Hausfrau, wie sie die Familie am Waschtag versorgt. Sie trifft Vorsorge für die Mahlzeiten. Die tägliche Arbeit in der Wohnung wird auf ein Mindestmaß herabgesetzt“, heißt es in einem Haushaltungs-Lehrbuch von 1958.
Brennmaterial musste in die Waschküche getragen werden, die angesammelten Wäschestücke wurden sortiert, gezählt und der Bestand im Wäschebuch vermerkt. Kochwäsche wurde über Nacht eingeweicht, oft im Badewasser. „In vielen Familien war einmal im Monat auch Badetag“, erinnert sich die 92-jährige Monika Heller. „In die Waschküche wurde eine Wanne gestellt, mit warmem Wasser gefüllt und ein Kind nach dem anderen hineingesteckt. Zum Schluss badeten die Eltern. In diesem letzten Wasser wurde dann die Schmutzwäsche eingeweicht.“
Was arg unappetitlich klingt, hatte einen berechtigten Hintergrund. „Fließendes Warmwasser in der Wohnung war noch kein Standard“, so Heller. „Es musste in Kesseln erhitzt und oft noch mit Eimern vom Brunnen herbeigetragen werden. Das Wasser mehrfach zu verwenden sparte Zeit, Kraft und Energie.“
Waschen 1958: Fünfhundert Gramm Waschpulver für vier Kilo Trockenwäsche
Am nächsten Morgen wurde der Waschkessel angefeuert und erneut Wasser gekocht. Nebenbei bereitete die Hausfrau die Waschlauge zu. Dazu gab sie zuerst Wasserenthärter ins Wasser, denn kalkiges Wasser macht die Wäsche grau und unansehnlich.
Hatte der Enthärter nach etwa zwanzig Minuten seine Wirkung entfaltet, kam Waschpulver in die Lauge, und zwar in heute unvorstellbarer Menge. Für vier Kilo Trockenwäsche empfiehlt das Lehrbuch von 1958 vierzig Liter Wasser und fünfhundert Gramm Waschmittel.
Dann kam die Wäsche in die kalte Lauge, besonders stark verschmutzte Teile wurden mit einem Waschmittelbrei eingerieben. Anschließend wurden Wäsche und Lauge eine gute Viertelstunde im Kessel gekocht. Über den heißen Wasserdampf gebeugt rührte die Hausfrau die Wäsche mit einem langen Holzlöffel durch.
Ein Wäschestampfer erleichterte diese Arbeit. Das ist eine Art Saugglocke mit einem Siebeinsatz. Beim Stampfen wurde Luft und Lauge angesaugt und durch die Wäsche gedrückt. Das erhöhte die Waschkraft.
Mit dem Holzlöffel hob die Hausfrau die heiße Wäsche aus dem Kessel und füllte sie in eine Waschwanne um. Dabei hieß es, vorsichtig zu sein, um sich nicht die Hände an der kochenden Lauge zu verbrennen. War die Wäsche etwas ausgekühlt, begann das eigentliche Waschen.
In begüterten Familien erledigte das eine Waschmaschine (nur wenige Waschmaschinentypen erledigten auch das Kochen). In allen anderen griff die Hausfrau zu Waschbrett und Schmierseife.
Die Arbeit ging in den Rücken und erforderte Kraft und Feingefühl. Die Wäsche musste kräfig aber nicht zu stark übers Waschbrett gerubbelt werden. Zu heftiges Reiben oder Bürsten griff die Fasern an und machte die Wäsche kaputt.
Rasenbleiche: Weiße Wäsche wurde auf Wiesen gebleicht
War die Wäsche sauber, musste sie erst in kochendem Wasser, dann noch zwei- bis dreimal in kaltem oder lauwarmem gespült werden. Vor der Entwicklung von Vollwaschmitteln wurde dem ersten Spülgang Bleichmittel zugesetzt, damit die Wäsche wieder blütenweiß wurde.
Mitunter wurde die Wäsche auch in der Sonne gebleicht. Sie wurde ausgewrungen, was den anstrengendsten Teil der Arbeit ausmachte und Muskelkater in Oberarmen und verspannte Schultern zurückließ. Wäschepressen oder Wringer konnten diesen Arbeitsschritt erheblich erleichtern. Die feuchten Wäschestücke wurden auf einem sauberen, kurz gehaltenen Rasenstück ausgelegt, gelegentlich gewendet und regelmäßig mit Wasser besprengt. In vielen Ortschaften gab es gemeinschaftliche Bleichplätze – Straßennamen wie „Auf der Bleiche“ zeugen noch heute davon.
Die Rasenbleiche funktioniert, weil sich aus Wasser, Sonnenlicht und dem Sauerstoff aus dem Gras Wasserstoffperoxid bildet, ein Stoff, der die meisten Materialien ausbleicht und etwa zum Blondieren der Haare eingesetzt wird. Das Bleichen dauerte.
„Bleicht man nur einen halben Tag, kann man nicht erwarten, dass die Sonne in der kurzen Zeit auch Flecke verschwinden lässt, wozu mehrere Tage gehören“, gibt der „Ratgeber für Familie und Haushalt“ (1903 bis 1905) zu bedenken.
Besser sei es, die Wäsche in taufrischen Nächten liegen zu lassen und sie in dieser Zeit zu bewachen, damit keine Diebe sich daran vergriffen oder herumstreunende Haustiere sie wieder verschmutzten.
„Kommt die Wäsche von der Bleiche, so sieht man sorgfältig nach, denn es gibt nicht selten Flecke, durch Gras, Würmchen, etc. veranlasst, die noch herausgewaschen werden müssen und manchmal recht schlecht weichen“, heißt es weiter.
Dann war ein erneuter Waschgang, neuerliches Spülen und Auswringen erforderlich, bevor die Wäsche endlich auf die Wäscheleine konnte.
Die Waschmaschine revolutionierte den Hausfrauenalltag
Die Arbeit war damit noch lange nicht erledigt. Trockene Wäsche musste kontrolliert und ausgebessert werden. Denn „man bedenkt oft gar nicht, was so ein kleiner fehlender Knopf in gewissen Momenten für große Gewitter heraufbeschwören kann“, warnt der „Ratgeber für Familie und Haushalt“ eindringlich.
Anschließend wurde gebügelt, bevor die saubere Wäsche endlich zusammengelegt, im Schrank verstaut und im Wäschebuch ausgetragen werden konnte. Erst dann konnte die Hausfrau aufatmen, und ihr Ehemann hatte wieder eine weiße Weste.
Erst die Erfindung der Waschmaschine und die allgemeine Verbreitung von Waschvollautomaten setzte der Plackerei ein Ende und ließ Zeit für andere Dinge. „Die Waschmaschine revolutionierte nicht nur den Hausfrauenalltag, sondern förderte auch die Emanzipation der Frauen“, ist Heidrun Schulz überzeugt.
Ob sie recht hat? Immerhin: Wo Wäschewaschen früher reine Frauensache war, lassen sich heute auch Männer dazu überreden, gelegentlich ein Knöpfchen zu drücken. Das bessert auch gleich die allgemeine Laune im gemeinsamen Haushalt.