Hummeln, Spinnen, Kormorane: Ungewöhnliche Nutz­tie­re in aller Welt

Andere Länder, andere Sitten, andere Nutztiere: Yaks tragen Lasten durch den Himalaya, Elche ziehen sibirische Schlitten und Spinnen knüpfen Fischernetze.

Nicht nur die Schafe, auch der Hütehund ist ein Nutztier.

Wer „Nutztier“ hört, denkt meist an Kuh, Huhn oder Schwein. Doch der Begriff umfasst al­le Tiere, die vom Menschen mehr oder weni­ger do­mestiziert wurden und zur wirt­schaft­li­chen Nutzung gehalten werden: Als Milch-, Woll- und Eierproduzenten, als Fleisch- und Dau­nen­lie­fe­ran­ten, als Zug-, Arbeits-, Reit- und Trag­tier.

Auch Hund und Katz wurden ur­sprüng­lich wegen ihres wirtschaftlichen Nutzens gehalten; heu­te sind die Übergänge zum Heim- und Luxus­tier oft fließend. Von den 7.616 Nutz­tier­ras­sen, die die UN-Organisation für Er­näh­rung und Land­wirt­schaft (FAO) in einer zehn­jähri­gen Erhe­bung weltweit erfasste, sind eini­ge recht un­ge­wöhnlich.

Yaks: Der Grunzochse aus dem Hochland

Tibetische Yak-Hirten lenken ihre Herde aus größerem Abstand mit gezielten Schüssen aus der Steinschleuder.

Das Yak, wegen seiner Lautäußerungen auch „Grunzochse“ genannt, wurde bereits recht früh vom Menschen domstiziert – die Angaben schwanken zwischen 5000 v. Chr. und 1000 v. Chr.; aufgrund archäologischer Funde wird für Tibet ein „Mittelwert“ um 2500 v. Chr. angenommen. Yaks wurden in großen Herden gehalten und lieferten neben Fleisch auch Wolle und Milch. Über ihren Charakter heißt es, dass sie „gleichzeitig aggressiv, wild, scheu und furchtsam“ seien. Gerät eine Yakherde in Panik, lässt sie sich kaum aufhalten, auch nicht durch einen Felsabsturz. Immer wieder kommen so Tiere um – geübte Hirten halten daher Abstand zu den Herden, um die Yaks nicht zu beunruhigen. Zum Lenken der Herde werden gezielte Schüsse aus Steinschleudern abgegeben. Ironischerweise sind diese Schleudern meist aus Yakhaar.

Yakkühe werden schon von klein an darauf trainiert, sich ein Halsband anlegen zu las­sen. Das ist notwendig, damit sie später zum Melken angebunden werden können. Ne­ben ei­ner Nutzung als Fleisch-, Milch-, Woll- und Lederlieferant werden Yaks auch als Pack- und Reittiere eingesetzt. Weil sie auch mit dem geringen Sauerstoffangebot in großen Höhen zurechtkommen, sind sie häufige Begleiter bei Himalayaexpeditionen. Über kurze Zeit können Yaks rund zwei Drittel ihres eigenen Körpergewichts tragen. Ge­rit­ten sollen Yaks trotz ihres recht schwierigen und ursprünglichen, beinahe wilden We­sens auch in schwierigem Gelände sicherere Reittiere sein als Pferde.

Hummeln: Spitzenbestäuber für komplizierte Blüten

Hummel
Hummeln spielen eine wichtige Rolle beim Bestäuben von Blüten.

Die Rolle, die Hummeln als Bestäuber von Blüten haben, wird meistens unterschätzt. Dabei kommen sie vor allem mit „schwierigen“ Blüten besser zurecht als Hongibienen. Durch den runderen Körperbau und das „Fell“ verteilen Hummeln den Blütenstaub gleichmäßiger in der Blüte – was dann zu gleichmäßigen und symmetrischen Früchten führt. Vor allem für Erdbeeren und Tomaten sind Hummeln als Bestäuber unersetzlich.

Sie werden daher in großem Stil in Gewächshäusern eingesetzt. Als problematisch gilt es, wenn Zuchthummeln keine einheimischen Arten sind. Wenn sie entfliegen, was sich nie ganz vermeiden lässt, kann das den einheimischen Bestand empfindlich stören.

Gerät eine Yak-Herde in Panik, lässt sie sich kaum mehr aufhalten. Geübte Yak-Hirten halten daher Abstand, um die Tiere nicht zu beunruhigen. Was tun sie, um die Herde dennoch zu lenken?

Sie rufen Kommandos und schwenken farbige Fahnen.

Sie setzen speziell abgerichtete Hunde ein.

Sie geben gezielte Schüsse aus Steinschleudern ab.

Kleiner Tipp: Die korrekte Antwort finden Sie im Beitrag auf dieser Seite

Die goldene Seidenspinne webt Fischernetze und liefert Zahnstocher

Gewöhnungsbedürftig: Das Netz der Riesenradnetzspinne hat oft ein goldenes Zentrum. Aus dieser goldenen Spinnenseide werden edle und aufwändige Teppiche gewebt. (Foto: Nicole Ernst, Seychellen)

Polynesische Fischer haben es gut. Sie müssen sich nicht mit der lästigen Arbeit des Fischernetzeknüpfens und -flickens abgeben. Diese Arbeit überlassen sie seit Jahr­hun­der­ten den heimischen Seidenspinnen, die in freier Wildbahn bis zu sechs Qua­drat­me­ter große Netze wegen, die so stabil sind, dass sie selbst Vögel im Flug auf­hal­ten. In Bambusrahmen gesetzt, weben die handtellergroßen Achtbeiner prakti­sche Ke­scher, die von den Einheimischen zum Fischfang verwendet werden. Die Spin­ne selbst landet im Kochtopf und bereichert den Speiseplan. Unbestätigten Gerüch­ten zu­fol­ge sollen die Spin­nen­bei­ne als Zahnstocher genutzt werden. Ob das stimmt, müsste man erst nachprüfen – oder vielleicht auch lieber nicht…

Nicht nur Fischer haben die Spinne als Nutztier entdeckt: Im Labor der Medizinischen Hochschule Hannover wird die Goldene Radnetzspinne (Nephila clavipes) zur Ge­win­nung von Spinnenseide „gemolken“. Die Spinnenseide soll beschädigte Nerven­zel­len er­setzen; das dehnbare, zugleich reißfeste Biomaterial könnte aber auch in ande­ren Berei­chen – vom Brückenbau bis zur Raumfahrttechnik – vielfach ein­ge­setzt werden.

Kormorane und noch mehr faule Fischer

In einigen Regionen Asiens werden dressierte Kormorane zum Fischfang eingesetzt.

Nicht nur polynesische Fischer geben ihre Arbeit lieber ab. Bereits um 600 wird in den Aufzeichnungen der chinesischen Sui-Dynastie der Fischfang mit abgerichteten Kor­mo­ra­nen beschrieben. Die Vögel werden von Hand aufgezogen und so schon früh an den Menschen gewöhnt. Solche handaufgezogenen Kormorane sind stark auf ihre Be­zugs­per­son fi­xiert und dürfen sich frei bewegen. Den Vögeln wird beigebracht, auf dem Rand des Fischerboots sitzend mitzufahren, auf Kommando zu fischen und den Fang ab­zu­lie­fern. Damit die Fische nicht verschluckt werden können, bekommt der Vogel einen Ring oder eine Schnur um den Hals. Gelegentlich erhält der Kormoran eine Be­loh­nung; rich­tig satt fressen darf er sich aber erst am Ende der Tour.

Obwohl ein ausgewachsener Kormoran nur fünfhundert bis achthundert Gramm Fisch am Tag benötigt, fängt er auf diese Weise bis zu einhundertfünfzig Fische in der Stunde – und das bis zu zehn Jahre lang. Die Ausbildung eines solchen Meisterfischers dauert etwa sieben bis acht Monate, mit einer täglichen Beschäftigungszeit von zwei bis drei Stunden. Weil die Kormoranfischerei mühsamer, umständlicher und weniger ertrag­reich ist als der Fischfang mit modernen Methoden, wird nur noch in einigen wenigen Re­gio­nen in China, Japan, Korea und Indien mit den Vögeln gefischt. Vieler­orts ist die Kor­mo­ran­fischerei eine Touristenattraktion. Hierzulande wurde der Kormoran nicht genutzt, sondern als angeblicher Futterkonkurrent gejagt und beinahe aus­gerottet.

Wittert der Mensch Gewinn, leidet das Tier

Zahlreiche andere Tiere werden auf eine Weise genutzt, an die man beim Begriff „Nutz­tier“ nicht sofort denkt: In deutschen Gewächshäusern werden Hummeln als Bestäuber eingesetzt, an südamerikanischen Küstenstreifen wird der Mist von Gua­no­vö­geln ge­sam­melt, in Indien helfen Elefanten bei der Waldarbeit.

Oft genug wurden und werden Tiere aber auch auf eine fragwürdige Weise „genutzt“: Zusammengepfercht in engen Ställen fristen Millionen Nutztiere ein tristes und kurzes Leben, als Versuchstiere erleiden sie unmenschliche Qualen, und mehr als eine Tierart steht auf der Roten Liste, weil Körperteile und/oder Organe auch heute noch als po­tenz­steigerndes Mittel gelten und teuer verkauft werden. Mensch und Tier haben eine lange ge­meinsame Geschichte, in der fast immer der Mensch der Gewinner ist. Ein wenig Respekt und Dankbarkeit von unserer Seite wären kein Fehler.

 

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