Walliser Schwarzhalsziegen: Rasseportrait, Pflege und Haltung

Eigenwillig, stolz und klug: die schwarz-weiße „Gletschergeiß“ ist eine der ältesten Ziegenrassen der Welt und gilt als Schön­heits­kö­ni­gin unter den Ziegen.

Als Gott die Pflanzenfresser erschaffen hatte, wies er jedem von ihnen einen Weideplatz zu. Zufrieden trollten sich die Tiere. Nur die Ziegen konnten nicht genug kriegen. „Nu meh! Nu meh! – Noch mehr, noch mehr!“, meckerten sie, bis es Gott zu viel wurde, und er rief: „So geht doch wohin ihr wollt!“. So kam es, dass die Ziegen Schelmentiere sind und überall stehlen und naschen. Für Schwarzhalsziegen gilt dieses Volksmärchen allemal.

Die Schwarzhalsziege ist eine der ältesten Zie­genrassen der Welt. Nach historischen Be­rich­ten sollen afrikanische Völker die Ziege um 930 über das Rhonetal ins Wallis gebracht ha­ben. Anderen Quellen zufolge soll sie von der ita­lie­nischen Kupferziege abstammen. Sie ist auch die Ziege der vielen Namen: Walliser Schwarz­hals­ziege oder kurz „Walliser“, Glet­scher­geiß, Halsene, Zottelgeiß, Sattelziege, Vis­pen­ta­ler­ziege oder gar „halbierte Ziege“ – die schwarz- wei­ße Schweizer Ziege hat im Lau­fe der Jahr­hun­derte viele Namen bekommen.

Ihre an­spre­chende Fellzeichnung brachte ihr zudem den Bei­namen „Schön­heits­königin der Ziegen“ ein und machte sie bis zur Entwicklung der Farb­fotografie zum beliebtesten Postkarten­motiv des Wallis. Nur wie ihr korrek­ter lateinischer Name lau­tet, weiß offen­bar keiner so genau …

 

Aussehen und Körperbau der Walliser Schwarzhalsziege

Mit 70 bis 85 Zentimetern Widerristhöhe und einem Gewicht von 45 bis 70 Kilogramm ist die Walliser Schwarzhalsziege eine mittelgroße Gebirgsziege mit geradem Rücken und kräftigem Körperbau. Kopf, Vorhand und der halbe Mittelleib sind schwarz, die hin­tere Körperhälfte weiß. Die Trennung der Farben soll eine möglichst klare Linie bil­den. Durch starke Sonneneinstrahlung kann die Färbung im Sommer variieren; dann ist eine Braunfärbung zu beobachten. Ältere Ziegen bekommen oft einen Graustich.

Ziege und Bock: Beide haben beeindruckende Hörner und üppige Bärte.

Das Fell der Ziege kann bis zu fünfzig Zentimeter lang werden und soll einheitlich dicht sein. Kurzhaarige oder gar kahle Hälse sehen Züchter nicht gerne. Gewünscht sind zu­dem lange Bärte und lockige, lange Stirnfransen. Die Klauen an den Vorderbeinen sol­len dunkel, die an den Hinterläufen hell pigmentiert sein.

Beide Geschlechter haben lange, gleichmäßig gewundene Hörner. Beim Bock können diese eine Länge von über 50 cm und eine Spannweite von 1,20 Meter erreichen. Wal­liser Schwarzhalsziegen sind spät geschlechtsreif und erst mit vier bis fünf Jahren aus­ge­wach­sen. Meis­tens lammen sie nur einmal im Jahr, durchschnittlich kommen auf jede Ziege 1,5 Ziegenlämmer. Die Ziegen können etwa vierzehn Jahre alt werden. Mit durch­schnittlich zwei Litern ist die Milchleistung der Walliser eher gering. Da sie diese Leis­tung aber ohne Zufütterung von Kraftfutter erbringt, relativiert sich das.

Ziegenböcke können ganz schön aufdringlich sein. Was empfehlen Schweizer Ziegenzüchter, um sich gegen einen angreifenden Bock zu verteidigen?

Man soll den Bock bei den Hörnern packen und mindestens fünf Minuten festhalten.

Man soll sich auf den Boden legen und den Bock am Bart zu ziehen.

Man soll sich in Sicherheit bringen und den mobilen Schweizer Ziegennotdienst anzurufen.

Kleiner Tipp: Die korrekte Antwort finden Sie im Beitrag auf dieser Seite

Angriffslustige Ziegenböcke: einfach am Bart ziehen

Wird der Bock zu aufdringlich, raten Schweizer Züchter, ihn am Bart zu ziehen. Von unten. Liegend. Ob die Empfehlung so gut ist, lässt sich anzweifeln …

Schwarzhalsziegen sind neugierig, naschhaft und lebhaft. Besitzer beschreiben sie zu­dem als stolz und klug. Sie sind ausgesprochene Herdentiere; beim Ausfechten der Rang­ord­nung geht es mitunter rabiat zu.

Ihr Verhalten Menschen gegenüber ist sehr individuell und reicht von scheu und zu­rück­hal­tend bis verschmust oder sogar aufdringlich.

Einige Böcke sind während der Brunst angriffslustig. Um sich gegen einen angreifenden Bock zu verteidigen, em­pfeh­len die Schweizer Züchter, sich auf den Boden zu legen und den Bock wenn mög­lich am Un­ter­kieferbart zu packen.

Wie man das genau anstellt, verrieten sie nicht.

 

Fütterung und Haltung der Gletschergeiß

Zottel- oder Gletschergeißen sind gute Landschaftspfleger.

Als typische Gebirgsziegen sind Walliser für eine extensive Haltung geeignet; in Not­zei­ten kommen sie tagelang mit wenig Wasser und ohne Futter zurecht (bitte nicht aus­pro­bie­ren!). Bei der Futtersuche sind sie wählerisch. Denn nur, weil eine Glet­scher­geiß na­he­zu alles fressen kann, heißt das nicht, dass sie es auch tut. Walliser lie­ben Blatt­pflan­zen und Kräuter und fressen sie lieber als Gräser. Disteln, Äste, Rinde, Tan­nen­zwei­ge, trockenes Brot und Fallobst sind eine willkommene Abwechslung im Speise­plan.

Schwarzhalsziegen brauchen magere Nahrung mit hohem Raufaseranteil, eine Zu­füt­te­rung von Kraftfutter ist nicht erforderlich. Auf zu gehaltvolles Futter reagieren sie em­pfind­lich. Im schlimmsten Fall können sie sogar daran verenden. Besonders Fut­ter­um­stel­lungen sind kritisch und müssen sehr behutsam vorgenommen werden.

Der getrimmte Rasen hinterm Haus ist für die Haltung ebenso ungeeignet, wie der Obst­garten, zumindest, wenn Sie Bäume und Büsche behalten wollen. Die fressen die Zie­gen nämlich bis auf zwei Meter Höhe kahl und schälen die Rinde ab. Bäume, die er­hal­ten bleiben sollen, müssen auf einer Ziegenweide daher eingezäunt werden.

Die klare Schwarz-Weiß-Trennung ist Zuchtziel.

In ihrer Schweizer Heimat weiden Walliser Schwarzhalsziegen noch in über dreitausend Metern Höhe. An heißen Tagen ziehen die Tiere so hoch es geht ins Gebirge hinauf und erklimmen Grate und Felsvorsprünge, um sich das lange Fell im Aufwind durchlüften zu lassen. Die Geißen sind optimal an schwieriges Gelände angepasst und wandern gern und viel (bis zu sechs Kilometer täglich) und sind erfinderisch, wenn es um das Über­win­den von Zäunen geht. Als ziegensicherer Zaun eignet sich Knotengitter mit ei­ner Hö­he von 1,40 Meter oder mehrfach gespannte Elektrolitze. Der Abstand zwi­schen den Zaunpfosten sollte nicht größer als 3,50 Meter sein. Als Stall genügt ein of­fe­ner Un­ter­stand.

Auch die robusten Walliser brauchen Pflege und regelmäßige Gesundheits-Checks

Neugier, Schlauheit und Eigensinn: schon Schwarzhals­ziegen­kitze zeigen die typischen Eigenschaften.

Besonders im Winter, wenn die Ziegen im Stall sind, müssen sie regelmäßig auf Pa­ra­si­tenbefall untersucht werden. Haarlinge, Milben, Läuse, aber auch Kriebelmücken und Ze­cken sind aus dem langen Fell oft nur schwer zu entfernen. Mindestens einmal im Jahr sollte das Fell durchgekämmt werden, am besten im Frühjahr, wenn sich die Un­ter­wol­le gelöst hat.

Bei Bedarf müssen die Ziegen zudem entwurmt werden. Regelmäßige Blutabnahmen zur CAE-Überprüfung (Caprine Arthritis-Encephalitis) sind für Züchter selbst­ver­ständ­lich. Die ansteckende Viruserkrankung führt zu Gelenks-, Gehirn-, Lun­gen- und Eu­ter­ent­zündungen, gilt als unheilbar und verläuft oft tödlich.

Etwa zweimal im Jahr müssen zudem die Klauen geschnitten werden. Die wachsen bei Gebirgsziegen schneller als bei anderen Rassen, weil sie normalerweise auf dem stei­nigen Untergrund mehr abgerieben werden.

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