Hoher Atlas: Luxus und Leibeigene zwischen Marrakesch und Ouarzazate

Der Hohe Atlas teilt Marokko in zwei Wetterzonen – den regenreicheren Norden und den subsaharischen Süden. Die N9 von Marrakesch nach Ouarzazate ist eine wichtige Nord-Süd-Verbindung.

Die Nationalstraße führt über den 2.260 m hohen Tizi-n-Thichka („Tizi-n-“ ist die marrokanische Bezeichnung für „Pass“), auf dem in manchen Jahren noch bis in den April hinein Schnee liegt.

Die oft  stark befahrene Straße ist, sofern nicht gerade gebaut wird, gut und flüssig zu fahren und bietet schöne Ausblicke auf den zentralen Atlas.

 

Die Hauptverbindung (gelb markiert) zwischen Marrakesch und Ouarzazate  führt über den Tizi-n-Thichka Pass. Lohnenswert ist der Schlenker (rot markiert) über Telouet und Ait Benhaddou. (KARTE: Copyright OpenStreetMap)

 

Kurz hinter der Passhöhe zweigt eine – mittlerweile durchgehend asphaltierte – Straße nach Osten und weiter nach Quarzazate ab. Sie stellt eine schöne (und weitgehend verkehrsfreie) Alternative zur Hauptroute dar, auf der sich in der Hauptsaison die Busse drängen.

 

Luxus und Leibeigene:Die Kasbah von Telouet

Die Straße führt durch Telouet, einen kleinen, unscheinbaren Ort in den Bergen. Absolut sehenswert ist die Kasbah außerhalb des Ortes – auch wenn sie nich so wirken mag.

Das verfallende Lehmgebäude mit den Storchennestern macht von außen nicht besonders viel her und wer nicht aussteigt und sich ein bisschen Zeit nimmt, verpasst eine der bemerkenswertesten Kasbahs des Landes.

 

Die rustikale Holztüre lässt nicht vermuten …

 

… dass die Türen im Inneren sehr viel filigraner gestaltet sind.

 

Einst lag das abgelegene Bergdorf Telouet auf der Handelsroute der Karawanen, die zwischen Marrakesch und Timbuktu unterwegs waren. Der Stammesfürst El Glaoui ließ sich hier die damals größte Kasbah des Landes bauen. Von diesem Bogenfenster aus konnte er die Karawanen sehen, die Seide, rosarotes Salz (mit Gold aufgewogen), Safran, Gold, Silber, Gewürze und Sklaven transportierten. An all diesen Reichtümern verdiente der Fürst mit.

 

Die Wegezölle, die El Glaoui von den Karawanen verlangte, machten den Fürsten steinreich. Seine Kashba war eines der ersten Gebäude mit elektrischem Strom in ganz Marokko. Die Halle wurde mit italienischem Carrara-Marmor ausgelegt, die Wände mit Fliesen-Ornamenten und Teppichen dekoriert. 300 Menschen arbeiteten drei Jahre lang an der Dekoration.
Der Fürst fuhr einen englischen Wagen, hatte fünf offizielle Frauen und einen 80-köpfigen Harem. Zudem besaß er zeitweise bis zu 1300 Leibeigene – und das bis 1956. „A crazy life“, wie unser Führer (selbst Nachfahre einer nigerischen Sklavenfamilie) es nannte.

 

Glaouis Herrschaft war gefürchtet, seine Brutalität bekannt. Während seine Landsleute erbittert gegen die französische Vorherrschaft kämpften, schloss sich der Fürst den Franzosen an, die das Land 1912 zu ihrem Protektorat erklärten. Seite an Seite mit ihnen erkämpfte sich Ibn Muhammad El Glaoui die Vorherrschaft in Südmarokko.

 

Die Franzosen hätten El Glaoui gerne als König eingesetzt, doch 1965 musste er sich Sultan Mohammed V. unterwerfen. Sein Besitz wurde verstaatlicht, sein Name stand für Verrat und Schande, seine ehemals großartigen Besitztümer wurden dem Verfall überlassen.
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Heute ist die prachtvolle Kashba eine prachtvolle Ruine – seit einigen Jahren ist sie wieder im Besitz von El Glaouis Erben, aber bisher zeigen diese wohl wenig Interesse an einer aufwendigen und teuren Restauration. Allzu viel Zeit bleibt dafür nicht. Lehmbauten sind pflegeintensiv und verfallen rasch. Wer die Kasbah in ihrer momentanen Pracht sehen will, muss sich möglicherweise beeilen.

 

Namenlose Schönheit: Uns hat die Landschaftsformation auf dem Weg von Telouet nach Ouarzazate an „Artist’s Palette“ im Death Valley Nationalpark/Nevada erinnert.

 

Pappmaché und Weltkulturerbe: Von Ait Benhaddou nach Ouarzazate

Folgt man der Straße weiter nach Süden, erreicht man bald ein weit bekannteres Ausflugsziel: Ait-Benhaddou, eins der beliebtesten Postkartenmotive für das „typische Südmarokko“. Der Wandel vom unbekannten Bergdorf zur Attraktion begann in den Siebzigern – die malerische Lage und die Nähe zu den Filmstudios von Quarzazate machten Ait Benhaddou für Filmemacher attraktiv.

 

Die befestigte Stadt („ksar“) Ait Benhaddou (auch Aït-Ben-Haddou ) ist eine der am besten erhaltenen Ksars in Südmarokko. Das alte Zentrum wurde 1987 als Weltkulturerbe anerkannt. Nicht ohne Folgen. Weil Modernisierungen an Häusern und Wasserleitungen seither nur noch in Abstimmung mit den UNESCO-Richtlinien möglich sind, zogen die meisten der wenigen verbliebenen Einheimischen in den neueren Teil der Stadt.

 

Der Ort wird dadurch mehr und mehr zum Freilichtmuseum – die sehr pflegeintensiven Lehmbauten verfallen trotz der Restarurierungsbemühungen. Die wenigen verbliebenen Einwohner leben nicht mehr von der Landwirtschaft, sondern vom Tourismus und der Filmindustrie.

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Ait Benhaddou diente als Kulisse für eine ganze Reihe von großen Filmen wie „Lawrence of Arabia“, „Der Himmel über der Wüste“, „Die Mumie“, „Asterix und Obelix: Mission Kleopatra“, „Königreich der Himmel“, „Game of Thrones“, „Gladiator“ und „Der Medicus“.

 

Für den Film „Jesus von Nazareth“ wurde Ait Benhaddou Ende der 70er-Jahre umfangreich restauriert. Zwischen 2000 und 2015 wurde die ehemals vermutlich vorhandene Stadtmauer aus Stampflehm in Teilen erneuert. Manche Bauten, die eigens als Filmkulisse angelegt wurden, sind aus Pappmaché.

Wir haben von einer nähern Besichtigung Ait Benhaddous abgesehen – schon Anfang März stauten sich hier die Reisebusse der Tagestouristen. Am besten kommt man möglichst früh morgens.

 

Weniger berühmt – auch schön: Die Straße zwischen Telouet und Ouarzazate führt an mehreren alten Lehmsiedlungen vorbei.

 

Hin und wieder sieht man hier noch die alten Felswohnungen, die in den Stein gehauen wurden (oder natürliche Höhlen nutzen). Viele davon werden heute noch als Lagerräume genutzt.
Tipp: Unterkünfte in Ouarzazate
Tipp: Unterkünfte in Ouarzazate Ouarzazate ist ein guter Ausgangsort für Ausflüge in das Umland und bietet eine umfangreiche Auswahl von Unterkünften*. Gut und günstig übernachtet man im ruhig gelegenen Hotel Ouarzazate Le Riad* am Stadtrand.

 

In Ouarzazate haben wir in der Kasbah Zitoune* gewohnt. Das Hotel liegt angenehm ruhig etwas außerhalb von Ouarzazate. Die Zimmer sind schön großzügig und im Innenhof …

 

… tummeln sich höchst dekorativ die Pfauen.

 

Unsere Reisetipps für Marokko

Erg Chebbi Camp

Safaricamp/Tentalow in der Sandwüste. Essen unterm Sternenhimmel, schlafen in der Ruhe der Sanddünen, aufwachen mit Blick auf die Wüste. Marokkanisches Frühstück inbegriffen; Anreise mit dem Kamel möglich.

Sahara Luxury Camp & Camel Trek

Das Camp liegt in den Dünen der Erg Chebbi. Verschiedene Zelte stehen zur Auswahl, das landestypische Frühstück ist inbegriffen. Kameltouren in die Wüste werden angeboten.

Sahara Magic Luxury Camp - 4**** am Rande der Erg Chebbi

Das Luxuriöse Glamping in der Erg Chebbi bietet Ihnen einen unvergesslichen und komfortablen Aufenthalt in der Wüste, mit Ausflügen und ausgezeichneter Verköstigung.

Merzouga Activities Camp

Das Camp befindet sich mitten in den Dünen der Erg Chebbi. Die Zelte verfügen über Dusche und Toilette. Kamelritte in die Wüste werden angeboten.

 

Weitere Touren über den Hohen Atlas

 

Von Fès nach Er-Rachidia: Bleiminen, Flussoasen, Kiefernwälder

Die landschaftlich schöne und gut zu fahrende Strecke führt über den 2178 Meter hohen Col du Zad im Nationalpark Khenifra durch das Atlas-Gebirge bis in die Wüstengebiete im Süden. Hier lohnt sich der Abstecher über die weniger touristisch befahrene Strecke über Sefrou und Boulemane. [zur Tourbeschreibung]

 

Von Taroundannt nach Marrakesch: 1000 Kurven

Die kurvenreich Strecke über den Tizi-n-Test von Taroundannt nach Marrakesch gilt als eine der schönsten Touren durch das Atlas-Gebirge. Für Wohnmobile und Busse ist die Strecke mit ihren engen Kurven und ihren niedrigen Felsüberhängen eher nicht geeignet. [zur Tourbeschreibung]

 

Von Ouarzazate nach Demnate: Irgendwo im Nirgendwo

Für diese Tour braucht man starke Nerven (wenn man einen normalen Kleinwagen gemietet hat) oder besser einen geländetauglichen Wagen.  Dafür wird man mit atemberaubenden Ausblicken und einer wirklich spannenden Wegstrecke belohnt. [zur Tourbeschreibung]

 

Auf dem Rücken des Titanen: Tourenübersicht

Der Atlas hält Himmel und Erde getrennt und stützt das Himmelsgewölbe am westlichen Ende der Welt. Übersicht über die vier Touren, auf denen wir den Rücken des Titanen überquert haben (und ein bisschen was zu seiner recht eigenwilligen Familiengeschichte). [zur Tourenübersicht]

 

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