Marrakesch: Souks und Schlangenbeschwörer am Platz der Geköpften

Marrakesch, die „Rote Stadt“, lockt mit Kultur, Architektur und orientalischem Flair. Im Trubel der Souks kann man schlichtweg alles kaufen, vom handgewebten Teppich bis zum frisch geschlachteten Schafskopf.

Marrakesch am nördlichen Rand des Atlasgebirges ist die modernste und weltoffenste der vier Königsstädte Marokkos. Dennoch (oder vielleicht auch genau deswegen) erlebt man den typisch orientalischen Flair nirgends so intensiv wie hier in den Souks (auch Suqs und diverse andere Schreibweisen), den traditionellen Märkten der Stadt.

Von oben wirkt die Medina (Altstadt) von Marrakesch mit ihren verwinkelten Gassen deutlich übersichtlicher und ruhiger, als sie ist. Im Dunst der Mittagssonne ist das Atlasgebirge im Hintergrund nur zu erahnen – bei klarem Wetter bilden die oft schneebedeckten Berge einen spektakuären Kontrast zur Stadt.

 

Marrakesch kommt aus Mazirischen (eine der Berbersprachen) und bedeutet (vermutlich …) das „Land Gottes“. Die zahlreichen Moscheen der Stadt sind Zeuge eines lebendigen Glaubens. Nicht-Muslimen ist der Zutritt in den meisten Fällen verboten. Oft findet man sie auch nicht, wenn man nicht weiß, wo sie sind, denn lange nicht jede Moschee ist so auffallend wie die Grabmoschee von Sidi Bel Abbas im Norden der Stadt – viele Gebetsräume verstecken sich hinter unscheinbaren Türen, und man erkennt sie manchmal nur an den Schuhen, die vor der Türe auf der Straße abgestellt sind.

 

Eine weitere unscheinbare Tür: Das Riad Mina* in der Nähe der Grabmoschee. Ob wir es ohne Google Maps gefunden hätten? Vermutlich schon, denn gefühlt jeder männliche Bewohner Marokkos ist ein hilfsbereiter Ortskundiger, der zufällig sowieso in diese Richtung muss und uns gerne den Weg zeigt. Ob und wie viel Bargeld er danach für die aufgedrängte Hilfe haben möchte, steht in den Sternen, denn auch wenn die meisten selbsternannten Guides eine Bezahlung erwarten, gibt es daneben eben auch welche, die tatsächlich nur freundlich und hilfsbereit sind.

 

Hinter der unscheinbaren Türe erwartet uns etwas, das in Marrakesch selten ist: Stille. Die Bauweise der Riads mit dem zentralen Innenhof sorgt für Ruhe und Kühle.

 

Von Ruhe und Kühle ist auf dem Souk nichts zu spüren. Trotz Vorsaison (Anfang März 2020) und bereits deutlich eingebrochener Besucherzahlen durch die beginnende Coronakrise, ist es laut, bunt und voll.

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Was in der Türkei der Basar ist, ist in Marokko der Souk (und beides ist, trotz der Worbedeutung „Markt“ nur rudmentär mit deutschen Märkten verlgeichbar …). Meist ist der Souk das Wirtschaftszentrum der Stadt. Die überwiegend eingeschossigen Gebäude sind im Allgemeinen unbewoht und werden nur zum  Herstellen und Verkaufen der Waren genutzt.

Die schmalen, verwinkelten Gassen sind voll – aber es wäre nicht Marrakesch, wenn zwischen Kinderwagen, Rollator und Reisegruppe nicht auch noch mindestens zwei Fahrräder und ein Moped durchpassen würden. Um Besucher und Waren vor Sonne und Hitze zu schützen, sind weite Teile des Souks überdacht – mit Holzlatten, Tüchern, Plastikplanen oder einfach nur Sonnenschirmen.

 

Die Souks sind von jeher die Domäne der Handwerker und Einzelhändler. Geschäfte mit ähnlichen oder gleichen Waren liegen traditionell dicht beisammen (so wie es in Deutschland im Mittelalter die diversen Zunftgassen gab). Die „edleren“ Gewerke wie Seidenhändler oder Gold- und Silberschmiede sind oft in der Mitte des Souks angesiedelt – ursprünglich war das aus Sicherheitsgründen so organisiert. Seit die Souks sich zunehmend zur Touristenattraktion gewandelt haben, hängt das wohl eher mit den teureren Mietpreisen an den attraktiveren Standorten zusammen.

 

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Tipp: Unterkünfte in Marrakesch In Marrakesch gibt es eine große Auswahl von Unterkünften*. Wir haben auf unserer Marokko-Reise gerne in den traditionellen Stadthäusern (Riad) übernachtet, die oft einen hübschen Innenhof hatten.

Auf einem orientalischen Souk bekommt man praktisch alles – neben den Dingen des täglichen Bedarfs finden sich vor allem in den Randbezirken auch Apotheken, Geldverleiher, Fahrradwerkstätten, Friseure und Reiseanbieter – nichts davon sieht auf den ersten Blick nach dem aus, was es ist, zumindest nicht nach eurpäischen Vorstellungen.

Hier, im Norden Marrakeschs und etwas abseits der Touristenströme, kaufen überwiegend Einheimische ein – neben frischem Obst und Gemüse erhält man hier auch ziemlich gewöhnungsbedürftige Artikel wie frisch geschlachtete Schafsköpfe (einzeln, wahlweise mit oder ohne Augen) und Ziegenbeine (im Dutzend gebündelt). Auch die Arbeitsbedingungen in den winzigen Werkstätten sind für europäische Verhältnisse indiskutabel: Auf sechs Quadratmetern Platz bringen Marokaner locker vier Menschen mit Nähmaschinen und gefühlt eine Tonne Stoffballen unter. Dass da kein Platz mehr für eine angemessene Beleuchtung bleibt, ist fast logisch …

 

Im Zentrum des Souks ist das Warenangebot einheitlicher und an die touristischen Wünsche angepasster. Hier überwiegen Kleidung und Lederwaren, Süßigkeiten und Gewürze, Töpferwaren und Schmuck. Die Waren werden hier ansprechender präsentiert und sind deutlich teurer.

 

Höhere Preise sollten Kaufwillige jedoch nicht schrecken: Jeder Preis ist grundsätzlich verhandelbar, selbst der für Milch oder Kekse.

 

Gefeilscht wird oft schon, bevor man überhaupt ein Kaufinteresse gezeigt hat – ein europäisches Aussehen genügt, um als potenzieller Käufer für „egal was“ in Frage zu kommen. Wer es nicht schätzt, alle zwei Meter angesprochen zu werden, wird hier an seiner Toleranz feilen und zwei Worte lernen müssen: Ein höflich aber bestimmt ausgesprochenes „Nein, danke.“

Ob man das in Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch oder Japanisch macht, ist dabei ziemlich egal – vor allem die Straßenhändler (die in der Psychologie des Verkaufens beeindruckend gut sind) sprechen oft mehrere Sprachen. Haben sie einen erst in ein Gespräch verwickelt, sind sie nicht mehr so leicht abzuwimmeln. Ein spontaner Abbruch von Preisverhandlungen gilt als unhöflich (selbst dann, wenn man da mehr so versehentlich reingeraten ist) und wird mitunter mit genau dem quittiert: Unhöflichkeit.

Schon fast sprichwörtlich für das Feilschen gelten die Teppichhändler. Wir machen einen großen Bogen um sie. Warum? Na ja … wir haben bereits in Tineghir erlebt, was passiert, wenn ein Gespräch mit „Where do you come from?“ beginnt und eh man sichs versieht auf dem Boden einer privaten Teppichkooperative endet.

 

Der typische marokkanische Kundenfänger hat mindestens einen Freund oder Verwandten in Deutschland, muss zufällig in die selbe Richtung wie man selbst (auch wenn man diese noch gar nicht weiß), weil er Gewürze für die kranke Mutter besorgen muss (manchmal sind es auch Medikamente für das Kind), die ganz zufällig neben dem Haus des Onkels dritten Grades des Schwippschwagers einer Frau wohnt, die wunderbare Teppiche webt und stolz ist, einem die zu zeigen. Und schwupp, wird man durch eine Türe geschoben und von einem weiteren Onkel in Empfang genommen.

Es gibt Tee, es gibt Small-Talk, es gibt einen traditionellen Webstuhl, der so aussieht, als wäre er seit Monaten nicht bedient worden, und ganz nebenbei füllt sich der eben noch leere Raum wie von Zauberhand (die Zauberhand gehört einer stetig lächelnden Frau namens Fatima) mit Teppichen, zu denen man doch bitte ein ehrliches Urteil abgeben soll, wie schön man sie findet. Alles völlig unverbindlich und nur für das Selbstbewusstsein der hart arbeitenden Frau, die stolz auf ihre Arbeit ist.

 

Wir wollen nicht unhöflich sein, trinken Tee, striegeln Wolle (das heißt: ganz traditionell striegle nur ich Wolle – Männer tun so was nicht, sie besprechen die Geschäfte) und betrachten mit Sorge den rasch wachsenden Stapel der schönen Teppiche, die am Ende übrigens alle sechzig Euro kosten.

Wir schütteln den Kopf. Zu viel? Aber da wurde sechs Wochen lang dran gewoben! Aber gut, weil wir es sind – siebzig Euro! (Hä?) Zu groß, passt nicht ins Gepäck? Lässt sich auf die Größe einer Wasserflasche zusammenrollen (was beachtlicherweise tatsächlich stimmt). Außerdem gibt es auch kleinere Teppiche, die sind noch praktischer und auch nicht teurer. (Billiger allerdings auch nicht.)

Man braucht keinen Teppich? Man kann immer einen Teppich gebrauchen! Man will keinen Teppich? Waidwund aufgerissene Augen, verkniffene Mundwinkel. Er gefällt einem wohl nicht? Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Nein, er gefällt mir nicht, und zunehmend weniger, aber das traue ich mich so deutlich nicht sagen, denn allmählich fühle ich mich wie der Römer, der in „Asterix auf Korsika“ ein Urteil über die schöne korsiche Schwester abgeben soll (egal wie – es kann nur falsch sein).

Um es abzukürzen: Am Ende sind wir höchst unhöflich einfach aufgestanden, mit vielen „Nein Dankes!“ gegangen, und ohne Teppich nach Hause geflogen. (Fliegende Teppiche waren nicht im Angebot, darüber hätte ich mit mir reden lassen, um so mehr, da unser Rückflug mit der coronabedingten Einstellung des Flugverkehrs einherging …)

Zurück blieb ein empörter Teppichhändler und eine Erfahrung, die irgendwo zwischen witzig und unangenehm rangiert und eine gute Vorbereitung für den Souk von Marrakesch war – wo wir die Teppichhändler nur von weitem betrachteten und daher nicht in Erfahrung bringen konnten, ob die „völlig überteuerten Preise“ in Marrakesch auch bei siebzig Euro liegen.

Wir haben auch keine Gewürze gekauft, was eigentlich eine Schande ist, denn gerade die Gewürzstände sind ein echter Blickfang.

Gewürze sind von jeher ein wichtiges Handelsgut Marokkos: Egal ob Safran aus den eigenen Anbaugebieten im Süden des Landes, oder Salz aus dem Himalaya – die Gewürzstände sind nicht nur optisch ein Genuss, sondern sorgen für eine betörende Geruchsmischung, in die sich neben Zimt und Weihrauch allerdings auch Abgase, Kanal und Eselschweiß mischen.

 

Esel sind auch hier in der Großstadt allgegenwärtig – mit ihnen werden die Waren auf den Markt transportiert, die Familie in die Moschee, und der Bauschutt vom einen Ende der Baustelle zum anderen.

 

Das Ansinnen, den „süßen Esel“ (oder auch den „armen Esel“) streicheln oder gar füttern zu wollen, wird nicht gern gesehen und meist auch nicht verstanden. Für die meisten Marrokaner ist der Esel ein reines Nutztiert, zu dem keine besonders emotionale Bindung besteht. Da Esel entgegen ihres Rufs nicht nur stur, sondern ausgesprochen zäh und duldsam sind, werden die meisten auch bis an die Grenze ihrer Belastbarkeit genutzt.

 

Streicheln ebenfalls unerwünscht: Das Chamäleon dient als Blickfang im bunten Warensortiment (das funktioniert) und als Einstieg in umfassende Verkaufsgespräche (das hat nicht funktioniert).

 

Grüne Oase: Nach dem Trubel des Souks gönnen wir uns eine Auszeit im Cyber Parc Arsat Moulay Abdeslam, der etwa zehn Minuten Fußweg vom zentralen Marktplatz entfernt ist. Seinen Namen hat der Park, weil die nahe gelegene Telekom im gesamten Park kostenloses Wlan zur Verfügung stellt. Überall sieht man (überwiegend junge) Menschen über ihre Laptops und Handys gebeugt. Der Park ist zudem ein beliebter Treffpunkt für junge Liebespaare, die auf ein paar ungestörte Momente hoffen.
Tipp: Mietwagen
Mietwagen Allgemein Im wahrsten Sinn des Wortes gut gefahren sind wir bisher mit den Mietwagen von billiger-mietwagen.de*. Die Angebote sind recht günstig, die Buchungen sind einfach und Stornierungen bis 24 Stunden vor Mietbeginn problemlos möglich. Wir achten dabei immer auf eine gute Vermieterbewertung und nehmen nur Angebote mit "Vollkasko- und Diebstahlschutz ohne Selbstbeteiligung (durch Erstattung)". Der Vorteil daran ist, dass im Schadenfall die Selbstbeteiligung zunächst beim Vermieter vor Ort bezahlt wird, diese aber vom Veranstalter erstattet wird. Das funktioniert nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch, wie wir bei einem Schadensfall in Italien festgestellt haben.

 

Auf dem Weg dort hin gibt es auch ruhige Gassen …

 

… und wunderschöne Geschäfte.

 

Gut erholt stürzen wir uns nach dem Parkaufenthalt ins abendliche Marrakesch – jetzt füllt sich der tagsüber fast leere Marktplatz Djemaa el Fna zunehmend mit fahrenden Händlern, Feuerschluckern, Geschichtenerzählern, Henna-Malerinnen und Schlangenbeschwörern.

Der Name des Platzes ist umstritten – wahlweise bedeutet er „Versammlung der Toten“ oder „Platz der Geköpften“. Das geht auf die blutige Geschichte des Platzes als Hinrichtungsstätte zurück. Gerne ließen die Sultane hier auch aufgespießte Köpfe zur Schau stellen.

Ob die Trommeln und Flöten der Schlangenbeschwörer bei den Schlangen wirklich etwas bewirken, mag fraglich sein. Sie sind jedenfalls nicht zu überhören und locken neugierige Touristen wie uns an. Wer Fotos macht, sollte damit rechnen, zur Kasse gebeten zu werden , oder …

 

… ungefragt eine Schlange um den Hals gehängtzu bekommen. (Schlangenphobiker halten besser ausreichend Abstand – das geht ganz schnell, dass man einen lebenden Schal hat …)

 

Auch das will bezahlt werden, was wir okay finden. Nicht einverstanden sind wir allerdings mit der Preisvorstellung von vierzig Euro (plus nochmal zwanzig Euro für den Zuschauer), auch wenn es Glück bringen soll, den Schlangenbeschwörern Geld zu geben. Nach der Formel „Je mehr Geld, desto mehr Glück“, riskieren wir kleines Glück.

 

Auch wenn ich kein großer Freund von Menschenansammlungen bin und noch weniger davon, permanent bequatscht zu werden: Mit ein bisschen Dosierung ist ein Besuch in Marrakesch auch für weniger trubelfreudige Menschen wie mich ein faszinierendes und eindrückliches Erlebnis. Die Stadt gehört eindeutig auf die Liste der Orte, die man mal gesehen haben sollte.

Unsere Reisetipps für Marokko

Erg Chebbi Camp

Safaricamp/Tentalow in der Sandwüste. Essen unterm Sternenhimmel, schlafen in der Ruhe der Sanddünen, aufwachen mit Blick auf die Wüste. Marokkanisches Frühstück inbegriffen; Anreise mit dem Kamel möglich.

Sahara Luxury Camp & Camel Trek

Das Camp liegt in den Dünen der Erg Chebbi. Verschiedene Zelte stehen zur Auswahl, das landestypische Frühstück ist inbegriffen. Kameltouren in die Wüste werden angeboten.

Sahara Magic Luxury Camp - 4**** am Rande der Erg Chebbi

Das Luxuriöse Glamping in der Erg Chebbi bietet Ihnen einen unvergesslichen und komfortablen Aufenthalt in der Wüste, mit Ausflügen und ausgezeichneter Verköstigung.

Merzouga Activities Camp

Das Camp befindet sich mitten in den Dünen der Erg Chebbi. Die Zelte verfügen über Dusche und Toilette. Kamelritte in die Wüste werden angeboten.

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