Safran – das klingt nach Orient und exotischem Luxus. Für das „rote Gold“ wurde gemordet; Safranfälscher wurden lebendig begraben.
„Backe, backe Kuchen …“ Der unbekannte Lyriker, der Mitte des 19. Jahrhunderts den beliebten Kinderreim vom Safran, der den Kuchen „gehl“ (gelb) macht, verfasste, war wohl kaum ein begnadeter Hobbykoch. Seine Zutatenliste kommt doch ein wenig eigenwillig daher: mit „Butter und Schmalz“ nennt er gleich zwei Fette, dafür lässt er den Zucker weg. Und der Safran stand wohl kaum im Gewürzregal des Durchschnittsbäckers.
Es stimmt schon, dass Safran Speisen appetitlich goldgelb einfärbt. Doch bei einem Gewürz, das bis in die Neuzeit hinein mit Gold aufgewogen wurde, überlegte es sich wohl jeder Bäcker, ob er nicht lieber ein zusätzliches Ei verwendete.
Fünfhundert Gramm Safran entsprachen dem Wert eines edlen Pferdes
Lange war Safran den Wohlhabenden und Mächtigen vorbehalten. Ein Pfund des „roten Goldes“ entsprach im Mittelalter dem Wert eines edlen Pferdes. Wer protzen wollte und es sich leisten konnte, traktierte seine Gäste bis zum Überdruss mit goldenen Safrangerichten und demonstrierte damit seinen Reichtum und seinen Gesellschaftsstand.
Das „Gewürz der Könige“ war auch das Gewürz der Götter. Denn nur dort, wo Jupiter und Juno (wahlweise auch Zeus und Hera) sich liebten und Samen und Schweiß die Erde benetzten, gedieh der Safrankrokus. Das zumindest glaubten die Römer (bzw. Griechen). Die Römer feierten wahre Safranorgien und verschwendeten das kostbare Gut in nie gekannter Menge.
Zur Erfrischung und Parfümierung ließen sie die Zuschauerreihen in den Theatern mit Safranwein besprengen. Von Marc Aurel ist überliefert, dass er in Safranwasser badete, weil es die Haut schön färbte und die Manneskraft steigern sollte. Und Kaiser Nero ließ bei seiner Rückkehr aus Griechenland zum Zeichen seines Triumphes enorme Mengen Safranblüten auf seinen Weg streuen. Er ließ ein Vermögen auf die Straßen werfen, denn Safran war schon damals das teuerste Gewürz der Welt.
Weil doppelt besser hält, schrieben die Römer die Entstehung des Safrans schrieben die Römer zudem der Blumengöttin Flora zu – die Weideelfen sollen zu ihr gebetet und sie gebeten haben, im Spätherbst noch einige Blumen für die Lämmer auf den einsamen Wiesen wachsen zu lassen: Der herbstblühende Safran-Krokus war geboren und man konnte nur hoffen, dass die Lämmer ihn nicht mit der giftigen Herbstzeitlose verwechselten.
Jahrhundertelang ließen sich mit dem roten Gold astronomische Gewinne erzielen. Kaufleute und Schmuggler brachten das edle Gewürz aus dem Mittelmeerraum und dem Orient nach Deutschland. Mancher Händler wurde wegen seiner Ware überfallen und gemeuchelt.
Warum ist Safran so teuer?
Auch heute noch ist Safran das teuerste Gewürz der Welt; bis zu vierzehn Euro für ein Gramm sind im Einzelhandel durchaus üblich. Verantwortlich für den hohen Preis ist die mühselige Gewinnung der Safranfäden. Safran ist ein Krokus, der im Spätherbst blüht. Jede Blüte enthält eine Narbe, die sich in drei Griffel teilt. Nur diese etwa vier Zentimeter langen, bordeauxroten Griffelfäden taugen als Gewürz und Färbemittel, nur deren oberer Teil gilt als Spitzenqualität (coupé).
„Für ein Kilogramm Safran werden bis zu einer halben Million solcher Griffelfäden benötigt“, weiß Safran- und Vanillehändler Christoph Hantke aus Hamburg. Die Ernte erfolgt in reiner Handarbeit. Bei einer maschinellen Ernte würden die empfindlichen Blüten verletzt, das ätherische Öl in den Griffelfäden würde austrocknen.
„Die Blüten werden in den Morgenstunden geerntet, noch bevor sie der prallen Sonne ausgesetzt sind, was die Qualität mindern würde“, erklärt Handtke. „Innerhalb desselben Tages müssen dann die Griffelfäden von Hand aus der Blüte gezupft und anschließend schonend getrocknet werden.“ Ein guter Pflücker schafft auf diese Weise etwa sechzig bis achtzig Gramm am Tag.
Auf Safranfälschung stand die Todesstrafe
Was so viel Arbeit macht und so teuer ist, verlockt zum Betrug. Die Aussicht auf schnellen Profit rief schon in der Antike Fälscher auf den Plan. „Nichts wird so sehr verfälscht wie Safran“, klagte bereits der römische Geschichtsschreiber Plinius der Ältere. Um das Gewicht zu erhöhen, fügten unehrliche Händler dem Safran Öl oder Honig zu und verschnitten das Safranpulver mit Kreide, Kalk oder Curcuma. Besonders dreiste Betrüger boten statt Safranfäden gefärbte Grasspelzen, Färberdistel oder feingeschnittene Ringelblumenblüten an.
Zur Blütezeit des Safranhandels im 15. und 16. Jahrhundert nahm das Fälschen des edlen Gewürzes solche Ausmaße an, dass schwerbewaffnete Safranschauer bestellt wurden, um die Ware zu überprüfen. Gewürzschmierer wurden hart bestraft.
1499 wurden einem Safranfälscher beide Augen ausgestochen, 1456 eine Helferin lebendig begraben. In Nürnberg, dem wichtigsten Umschlagplatz für Safran nördlich der Alpen, wurden Fälscher mitsamt ihrer Ware öffentlich verbrannt. Bis 1591 stand auf Safranfälschung europaweit die Todesstrafe.
Heute sind die Strafen weit weniger drakonisch, gefälscht wird immer noch eifrig. „Was gutgläubigen Touristen auf orientalischen Basaren zum ‚Super-Sonderpreis’ als echter Safran angeboten wird, hat meist wenig oder gar nichts mit dem teuren Gewürz zu tun“, warnt Christoph Hantke, dem schon gefärbte Bindfäden und Rindfleischfasern angeboten wurden.
„Besonders Safranpulver wird häufig mit Kurkuma gestreckt oder gleich ganz dadurch ersetzt. Für Laien ist es schwierig, Safran von Kurkuma zu unterscheiden.“ Er empfiehlt, Safran nur in ganzen Fäden und beim anerkannten Fachhändler zu kaufen und gibt Tipps, um echten Safran zu erkennen.