Wandern im Böhmischen Paradies: Schloss Hrubá Skála und das Mauseloch

Bizarre Felsenstädte, enge Schluchten, fantastische Aussicht: Das Gebiet rund um das Schloss Hrubá Skála gehört zu den bekanntesten und beliebtesten Regionen im Böhmischen Paradies. Zu Recht …

Im Böhmischen Paradies ist das Schicksal nur einen Steinwurf weit entfernt. Der muss allerdings auf Anhieb sitzen, denn nur wer es schafft, einen Stein durch das Loch im „Schicksalsturm“ (auch „Glücksturm“ oder „schicksalhafter Felsen“) zu werfen, hat einen Wunsch frei und kann sein Schicksal damit (möglicherweise …) positiv beeinflussen. Wir haben unsere Chance auf Glück verpasst – unser Weg führte uns anderswo entlang. Das war aber nicht weiter schlimm, denn auch ganz ohne Steinwürfe und Freiwünsche macht das Wandern in der Region rund um Schloss Hrubá Skála glücklich.

Hruba Skala, Marienaussicht
Das „Böhmische Paradies“ erhielt seinen Namen 1841 von einem der ersten Touristen, dem tschechischen Dichter Karel Havlíček Borovský. Bekannt ist die Region vor allem für ihre markanten Felsenstädte aus Sandstein, die in drei voneinander getrennten Schutzgebieten liegen: Die Prachauer Felsen nordwestlich von Jicin, die Groß-Skaler Felsenstadt südwestlich von Hrubá Skála, und die Klokotscher Felsen nahe Turnov. Ein 2005 ausgewiesener, mehr als 700 Quadtratkilometer großer Geopark verbindet die drei Gebiete und bezieht auch die umliegenden, nicht geschützten Landschaften und Gemeinden mit ein. Feste Grenzen hat das „Böhmische Paradies“ nicht. Hier der Blick von der Marienaussicht bei Hrubá Skála in Richtung Norden.

 

Böhmisches Paradies, Hruba Skala
Die Felsenstädte im Böhmischen Paradies sind im wahrsten Sinn des Wortes steinalt. Sie entstanden in der Kreidezeit, vor etwa hundert Millionen Jahren, als Teile der Region vom Meer überflutet wurden. Am Meeresgrund lagerte sich eine dicke Schicht aus Quarzsandsteinen, Kalksandsteinen und Kieselsandsteinen ab, die vom Gewicht des Meeres zusammengepresst wurde. Nach dem Rückzug des Meeres am Ende der Kreidezeit endete die Ablagerung und die Erosion begann.

 

Hruba Skala, Felsenstadt
Wind und Wetter schufen die heutigen Felsstädte, die noch immer einem steten Wandel durch die Erosion unterliegen.

 

Hruba Skala, Böhmisches Paradies
Die Erosion arbeitet nicht nur im Großen, sondern auch im Kleinen: Durch sie bilden sich Risse, Höhlen und kleine, bienenwabenartige Löcher in den senkrechten Wänden. Dadurch entstehen Temperaturunterschiede am Fels, und verschiedene Bereiche ein und desselben Felsens haben ein unterschiedliches Mikroklima. Das macht die Felsenstädtezu einem ganz besonderen Lebensraum für Pflanzen und (Klein)Tiere. In den schmalen, schattigen Schluchten, in denen es auch im Sommer immer einen gewissen Feuchtigkeitsgrad hat, wachsen überwiegend Farne und Moose; in den oberen, sonnigen Bereichen der Felsen fühlen sich wärmeliebende Insekten wohl.

 

Böhmisches Paradies, eingeritzte Zeichen im Stein
Nicht nur die Erosion, sondern auch der Mensch hinterlässt bewusst oder unbewusst seine Spuren – nicht nur ein paar eingeritzte Zeichen im Stein. Der Wander- und Klettertourismus in den Felsenstädten verändert die Vegetation und das Ökosystem; die Steine selbst leiden aber auch unter zunehmender Luftverschmutzung und „saurem Regen“, der durch seine veränderte chemische Zusammensetzung die Erosion beschleunigt.

 

Hruba Skala, Katzenkopf (Lebka),Gablonzer Turm/Februarturm (Unorova), Saharanadel (Durango)
Die Sandsteintürme in der Felsenstadt Hruboskalsko sind bis zu 55 Meter hoch und tragen klangvolle Namen: Die „Drachenfelsen“, der „Wächter des malerischen Tals“, „das grüne Unterseeboot“ und „der schöne Jüngling“ klingen nach magischen Welten, Abenteuern und „Game of Thrones“. Andere Namen lassen ahnen, wie sich Kletterer (meist vergibt der Erstbesteiger den Namen) bei der Besteigung fühlten, und dass sie wohl manchmal die Grenze ihrer Möglichkeiten und ihrer Frustrationstoleranz erreichten: Da stehen das „Teufelchen“, die „Hölle“, „der Grausame“ und, wenig charmant, der „Trottel“… Im Bild: Der „Katzenkopf“ (Lebka) mit der umliegenden Felsformationen  „Saharanadel“ („Durango“) und „Gablonzer Turm/Februarturm“ („Únorová“).
Tipp: Schloss Hotel Hrubá Skála
Tipp: Schloss Hotel Hrubá Skála Das Schloss Hotel Hrubá Skála* thront auf einem massiven und steilen Sandsteinfelsen mitten im wunderschönen Wandergebiet des Böhmischen Paradieses. Die weitläufige Schlossanlage mit ihren großzügigen Zimmen lädt zum entdecken ein. Nachdem man sich mit einem reichhaltigem Frühstück am Morgen gestärkt hat, kann man direkt vom Schloss aus durch die spannenden Felsformationen wandern und die herrliche Aussicht genießen. Und am Abend bietet die Schlossküche dann leckere böhmische Mahlzeiten. Wir haben zwei Nächte im Schloss verbracht und uns sehr wohl gefühlt.
Symbolischer Friedhof für Kletterer, Hruba Skala
Nicht immer gibt’s bei einer (Erst)Besteigung ein Happy End: Auf dem symbolischen Friedhof für Kletterer und Bergsteiger wird all jener gedacht, die weltweit bei Kletterexpeditionen ums Leben kamen. Die ursprüngliche Idee des Bildhauers und Bergsteigers V. Karoušek wurde am Fuß des endlosen Felseens verwirklicht, nachdem Karoušek 1970 bei einer Kletterexpedition in Peru tödlich verunglückte.

 

Hruba Skala, Mauseloch
Die Felsspalte „Myší díra“ („Mauseloch“) ist gerade breit genug, um durchgehen zu können. Der Zugang liegt etwas versteckt hinter dem Kiosk am Parkplatz beim Schloss und ist der kürzeste Zugang in die Schlossschlucht. Je nach Lichteinfall schimmert der Fels in der schmalen, kühlen Spalte mal golden, mal grünlich, mal bläulich. Die Stimmung hat was Magisches – zumindest, wenn man das Glück hat, dasa Mauseloch für sich alleine zu haben. Spannend ist auch der Blick nach oben: Was man sonst nur von Bäumen kennt, hat man hier mit Felsnadeln, die einen umringen.

 

Tschechien, Hruba Skala
Die Ansicht von Schloss Hrubá Skála mit Burg Trosky im Hintergrund gehört zu den meist fotografierten Motiven im Böhmischen Paradies. Der Aussichtspunkt Zámecká vyhlídka („Burgaussicht“) ist vom Schloss aus in rund einer Viertelstunde bequem zu Fuß erreichbar.

 

Hruba Skala, Tschechien
Das Renaissanceschloss Hrubá Skála liegt am sogenannten „Goldenen Steig“ des Böhmischen Paradieses. Es wurde im 16. Jahrhundert anstelle der ursprünglichen gotischen Burg auf steil abfallenden Felsen errichtet und beherbergt heute ein Hotel, in dem es sich wunderbar entspannt wohnt. Das Schloss ist ein hervoragender Startpunkt für Wanderungen in die Felsenstadt Hruboskalsko – direkt am Parkplatz starten mehrere Wanderrouten; unter anderem ein Lehrpfad mit vielen Informationen zu Fauna und Flora der Region.

 

Schloss Hruba Skala
Die Burg Hrubá Skála (Groß Skal) wurde wahrscheinlich um 1353 von Heinrich von Wallenstein gegründet und blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück: Sie wurde belagert, geplündert, verkauft, wiederholt stark beschädigt, niedergebrannt und wieder aufgebaut, und wechselte mehrmals die Besitzer (gelangte aber immer wieder zurück in die Hände der Wallenstein). Eine Zeit lang diente sie den schwedischen Besatzern als Stützpunkt – damit sie nicht mehr von Feinden genutzt werden konnte, sollte sie abgerissen werden. Den Protesten der Wallensteins ist es zu verdanken, dass sie diesem Schicksal entging. 1821 verkaufte der letzte Wallenstein die Burg an die Aehrentals, die Hrubá Skála im neugotischen Stil wiederaufbauen ließen. 1945 wurde die Burg beschlagnahmt, kurze Zeit von den kommunistischen Gewerkschaften erworben und als Freizeiteinrichtung umgebaut. Die Schäden am Interieur des Schlosses, die dadurch entstanden, ließen sich nicht mehr vollständig beheben.

 

Schloss Hruba Skala
Der Turm von Schloss Hrubá Skála und Teile des Innenbereichs können auch von Nicht-Hotelgästen besucht werden. Manches mag nicht 100% original und schon ein wenig in die Jahre gekommen sein, aber das macht nichts: Das Schloss hat eine angenehm unaufgeregte Atmosphäre, in der man sich ohne großes Brimborium sofort wohl fühlt.

 

Hrubá Skála, Zimmer
Geräumige Zimmer mit guten Betten und Blick auf den Turm, den Innenhof und die Felsen des Böhmischen Paradieses: Im Schloss Hrubá Skála lässt es sich aushalten. Das Hotel hat zudem einen Wellness- und Spa-Bereich, den wir nicht genutzt haben, der aber nicht nur aus der Badewanne im Hof besteht.

 

Schloss Hrubá Skála
Das hoteleigene Restaurant bietet eine überschaubare aber raffinierte Auswahl an typisch böhmischen Gerichten, die ausgesprochen lecker sind. Ebenso lecker ist das Schlossbier, das sogar notorische Nicht-Trinker wie mich überzeugt hat. Die Preise im Restaurant sind erfreulich moderat. Das offene Fenster ganz rechts im Bild gehörte übrigens zu unserem Zimmer mit Blick.

 

 

 

 

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