Pamplona: Wilde Stiere und sanfte Pilger

Pamplona, heimliche Hauptstadt Nordspaniens, ist Heimat des weltberühmten (und umstrittenen) Stiertreibens, und Station auf dem Jakobsweg. Wer die Stadt entdecken möchte, meidet die Zeit der Fiestas.

Wir beginnen unsere Nordspanien-Rundreise in Pamplona, im Westen der Pyrenäenausläufer. Pamplona ist vor allem für eine Sache bekannt: Für die umstrittene Fiesta Sanfermines im Juli. Dann werden die Stiere durch die engen Gassen der Altstadt in die große Stierkampfarena getrieben, wo sie später am Tag beim Stierkampf getötet werden. 850 m geht es über rutschiges Kopfsteinpflaster – die Stiere brauchen für die Strecke etwa drei Minuten. Bis zu 3.500 Einheimische und Touristen, überwiegend männlich, jung, und mit einem Mindestmaß an Selbstüberschätzung und Lebensverachtung ausgestattet, laufen mit den Stieren um die Wette.

 

Encierrodenkmal Pamplona
Das Encierrodenkmal in Pamplona verdeutlicht die Gefährlichkeit des Stiertreibens: Regelmäßig kommen Teilnehmer (oder auch mal unbeteiligte Zuschauer) unter die Hufe oder auf die Hörner. Notärzte und Krankenwagen stehen reichlich bereit, denn Prellungen, Stichwunden und Knochenbrüche sind an der Tagesordung. Sechzehn Todesfälle gab es seit 1911 im Zusammenhang mit den Stierläufen und Stierkämpfen in Pamplona. Aus gutem Grund ist die Stierhatz daher nicht nur bei Tierschützern umstritten.

Das Stiertreiben von Pamplona wird seit 1591 durchgeführt – damals wurden die Stiere von den Hirten und Metzgerburschen zur Plaza da Tores und zum Viehmarkt getrieben. Mittlerweile ist es für die einen feste Tradition und eine Gelegenheit zum Beweisen der eigenen Männlichkeit ist, ist für die anderen eine antiquierte und überflüssige Tierquälerei. Im Umfeld der Fiesta kommt es regelmäßig zu Protesten.

Stiertreiben Pamlona, Hemingway
In seinem Roman „Fiesta“ (Originaltitel „The Sun Also Rises“) beschrieb Ernest Hemingway 1926 die Fiesta ausführlich und einigermaßen verklärt. Der Roman trug erheblich zur internationalen Bekanntheit der Fiesta bei. Heute quillt Pamponla während der Festtage aus allen Nähten: Mehr als eine Million Besucher nehmen an dem einwöchigen Spektakel teil; ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für die Stadt. Die coronabedingten Ausfälle 2020 und 2021 waren die ersten seit dem Spanischen Bürgerkrieg in den 1930er Jahren.

Wer den Charme Pamplonas kennenlernen möchte, meidet die Zeit der Fiestas. Bei der Anfahrt ist von Charme noch nicht viel zu erkennen, Pamplona ist die Hauptstadt der autonomen Region Navarra. Knapp zweihunderttausend Menschen leben hier, mehr als die Hälfte der Bevölkerung Navarras. Entsprechend sind die Außenbezirke der Stadt von Industrie- und Gewerbebetrieben und ziemlich hässlichen Wohnblöcken geprägt. Lassen Sie sich davon nicht abschrecken, denn die Altstadt mit ihren engen Gassen, weiten Plätzen und historischen Bauten präsentiert sich ganz anders.

 

Pamplona Festung
Pamplonas Altstadt ist von einer fast fünf Kilometer langen Festungsmauer geschützt. Die Anlage gehört zu den besterhaltenen Renaissance-Festungen Europas. Im Süden der Stadt wurde die Festungsanlage mit der Zitatelle zum Park umfunktioniert. Die Mauern und Wälle geben einen guten Eindruck davon, wie mächtig die Befestigungsanlagen einst waren. Der ganze Umfang und die Form der fünfeckigen Anlage mit den sternförmigen Ausläufern sind allerdings nur aus der Luft erkennbar.

 

Pamplona, Stadtbefestigung mit Blick auf die Pyrenäen
Beim Spaziergang entlang der Stadtmauer öffnet sich der Blick Richtung Norden über die Befestigungsanlagen und auf die Pyrenäenausläufer. Von hier kamen die Pilger auf dem Weg nach Santiago de Compostela in Stadt. Die Lage am Jakobsweg begünstigte vor allem im Mittelalter den wirtschaftlichen Aufschwung Pamplonas.

 

Pamplona, Pilger
Durch Pamplona führt der navarrische Zweig des Jakobswegs. Pilgerzeichen wie die Jakobsmuschel sind überall in der Stadt zu finden, an Fassaden, Stelen oder ins Straßenpflaster eingelassen. Bis heute ist der Pilgertourismus ein nennenswerter Wirtschaftsfaktor der Stadt.

 

Aufblasbare Heilige
Die Souvenirläden der Stadt sind auf Pilger eingestellt: Neben dem üblichen Krimskram von Geschirrtüchern mit Stiertreiben und Kühlschrankmagneten mit Flamencotänzerinnen gibt es in auffallend vielen Läden auch Heiligenstatuen, Rosenkränze, religiöse Symbole und sogar aufblasbare Heilige …

 

Pilger, Pamplona
Geschafft: Manche Pilger versehen ihren Pilgerstab für jeden gelaufenen Tag mit einer Kerbe. Dafür kann man auch mal eine Laubsäge mit im Gepäck haben.

 

Tipp: Hotel Landaben in Pamplona
Tipp: Hotel Landaben in Pamplona Das Hotel Landaben* liegt im wenig attraktiven Industrie- und Gewerbegebiet von Pampona und punktet nicht unbedingt mit toller Aussicht, dafür aber mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Zimmer sind modern, mit guten Betten und Klimaanlage. Es gibt ein ordentliches Frühstück zu einem fairen Preis. In die Innenstadt muss man ein paar Minuten fahren.
Kathedrale Pamplona
Zwischenziel der Pilger ist die Kathedrale von Pamplona. Bereits im 6. Jh. war Pamplona Bischofssitz und Zentrum der baskischen Christianisierung. Die Kathedrale aus dem 14. Jh. ist das geistliche Zentrum des spanischen Erzbistums und beherbergt unter anderem die größte Glocke Spaniens. Allein der Klöppel wiegt rund dreihundert Kilo, die ganze Glocke etwas mehr als zehn Tonnen.

 

Kirchen Pamplona, Iglesia de San Agustín, Kathedrale von Pamplona, Iglesia de San Saturnino
Pamplona ist reich an Kirchen. Links die Iglesia de San Agustín die im 16. Jh. an der Stelle eines früheren Augustinerklosters erbaut wurde. Obwohl der Turm weit kleinere Glocken beherbergt, als die Kathedrale auf dem mittleren Bild, klagten Anwohner gegen deren Lärm. Richter entschieden, dass das Glockengeläut den kommunalen Vorschriften entspräche. Rechts im Bild der Glockenturm der Iglesia de San Saturnino (13. Jh.), der von einem Wetterhahn gekrönt ist. Der Hahn sollte Christen an Petrus‘ Verrat erinnern („ehe der Hahn dreimal kräht, wirst du mich dreimal verraten haben“) und zur Glaubenstreue ermahnen.

 

Iglesia de San Nicolás de Bari, Pamplona
Die Pfarrkirche San Nicolás de Bari mit ihrem Wachturm aus dem 12. Jh. wirkt eher wie eine Burg. Das mag daran liegen, dass die Einwohner der damaligen Städte Navarrería und San Nicolás eine Militär- und Verteidigungsbasis wollten, aber nach königlichem Dekret keine bauen durften. 1222, bei einem der Nachbarschaftsangriffe, fanden viele Bewohner in der Kirche Schutz. Die ursprüngliche romanische Kirchenfestung wurde von den Angreifern niedergebrannt und dem Erdboden gleichgemacht. Der trutzige Neubau wurde 1232 geweiht.

 

Pamplona, Placa del Castillo
Die Placa del Castillo ist der Hauptplatz Pamplonas: Umgeben von Restaurants, Cafés und Bars ist er das „Wohnzimmer“ der Stadt. Während es zur Mittagszeit noch ruhig und verschlafen zugeht, wird es um so bunter und lebendiger, je später es wird. Im Traditionscafé „Iruña“ an der Nordseite des Platzes war Ernest Hemingway seinerzeit Stammgast – bis heute ist es ein beliebter Treffpunkt bei Einheimischen und Touristen.

 

Rathaus von Pamplona
Die „Casa Consistorial“, an deren Standort sich heute das Rathaus Pamplonas befindet, wurde 1423 als Symbol der Vereinigung der verfeindeten Stadtteile erbaut. Die Fassade mit den Barock- und Rokoko-Elementen stammt aus dem 18. Jh., der Rest des Gebäudes ist neueren Datums und wurde ab 1951 hinter und mit der alten Fassade errichtet. Hier fällt zur Fiesta-Zeit der Startschuss für die Stierläufe.

 

Rathausplatz Pamplona
Der Rathausplatz ist nicht ganz so großzügig wie der Hauptplatz der Stadt: Hier ist es schattiger, kuschliger und ein bisschen weniger gediegen, aber auf unaufgeregte Weise zugleich entspannt und belebt.

 

Pamplona, Garagentore
Pamplona ist eine bunte Stadt: Bunte Fassaden, bunte Geschäfte, buntgekleidete Menschen und bunt bemalte Garagentore prägen das Stadtbild.

 

Pamplona, Karussells auf der Placa de San Francisco
Nostalgischer Markt auf der Placa de San Francisco: Das Kinderkarussel wird mit einem Fahrrad angetrieben, das Riesenrad mit einer Handkurbel.

Nach einem inspirierenden Aufenthalt in Pamplona möchten wir am zweiten Tag unserer Nordspanien-Rundreise einen Ausflug in die Bardenas Reales machen, jene Wüstenlandschaft, über die schon die Drachen aus „Game of Thrones“ flogen, und uns die Königsstadt Olite ansehen.

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